Die Götter - Ruf der Krieger - Grimbert, P: Götter - Ruf der Krieger - Les Gardiens de Ji, Tome 1: La volonté du démon
Fuß würde der Heimweg eine ganze Weile dauern. Andererseits waren sein Lebenswandel und seine Unbekümmertheit nicht mit der Pflege eines Pferdes vereinbar. Zwangsläufig hätte er das Tier vernachlässigt, und das wollte er nicht. Er blies sich in die Hände, überquerte zügig den Hof, schob das Holztor auf und trat hinaus auf die Gasse.
Zu spät bemerkte er, dass er erwartet wurde. Vier breitschultrige Kerle mit finsteren Mienen lungerten vor dem Tor herum. Guederic kannte nur einen von ihnen: Es handelte sich um den Legionär, mit dem er sich am Abend zuvor geprügelt hatte. Die anderen trugen unauffällige Kleidung, konnten aber trotzdem zur gleichen Bande gehören. Schon an der Art, wie sie sich ihm näherten, erkannte Guederic ihre Absicht. Instinktiv ballte er die Fäuste, während die Kerle ihn langsam umringten.
»So sieht man sich wieder!«, rief der Legionär. »Du hast uns ganz schön warten lassen!«
Der Mann versuchte sich an einem spöttischen Grinsen, konnte aber kaum die Mundwinkel bewegen. Für einen Moment betrachtete Guederic den Schaden, den seine Fäuste angerichtet hatten, und der Anblick erfüllte ihn mit Genugtuung. Ein Auge des Legionärs schillerte blau, Wangen und Stirn waren von Blutergüssen übersät, und eine Lippe war aufgeplatzt und geschwollen. Der Mann sah aus, als hätte ihn eine Herde Rinder über den Haufen gerannt, was ihn jedoch nicht davon abhielt, erneut Streit zu suchen.
»Wer hat dir verraten, wo ich bin?«, knurrte Guederic. »Den Mistkerl knöpf ich mir vor, wenn ich mit dir fertig bin.«
Die Vorstellung schien den Legionär zu amüsieren.
»Ich bin sicher, dass ihn das freuen würde, aber leider wirst du dazu keine Gelegen … «
Er kam nicht dazu, den Satz zu beenden: Guederics Faust krachte ihm gegen den Kiefer, und der Legionär taumelte zurück. Seine Komplizen reagierten schneller als erwartet. Zwei Männer packten ihn an den Armen, während ein dritter ihm in den Magen boxte und dann einen Kinnhaken versetzte. Guederic wehrte sich mit aller Kraft, und es gelang ihm, sich loszureißen. Blitzschnell verteilte er Faustschläge. Im Notfall konnte er erstaunliche Kräfte mobilisieren. Nur wenige Dezillen, nachdem er das Waisenhaus verlassen hatte, erinnerte die Straße an einen Boxring: Zwei Angreifer bluteten aus der Nase, und einer hielt sich fluchend den Arm, während Guederics linkes Auge anzuschwellen begann.
Der Kampf gehorchte keinerlei Regeln: Guederic und seine Gegner umklammerten einander, schubsten sich zu
Boden und traten wahllos um sich. Nur weil der Legionär und seine Kumpane völlig unkoordiniert vorgingen, konnte Guederic ihre Attacken immer wieder abwehren. Als ihnen klarwurde, dass sie so nichts erreichten, zogen sich die vier Kerle zurück, um Atem zu schöpfen. Sie warfen Guederic hasserfüllte Blicke zu, und zum ersten Mal seit Beginn der Prügelei kamen Guederic leise Zweifel. Er hatte einige Male gegen drei Gegner gleichzeitig gekämpft und gewonnen, aber gegen vier kampferprobte Muskelprotze kam selbst er nicht an, vor allem nicht, wenn sie sich abstimmten. Und nichts anderes schienen sie jetzt vorzuhaben, denn sie wechselten vielsagende Blicke.
Guederic überlegte ernsthaft, die Flucht zu ergreifen. Sie standen immer noch direkt vor dem Waisenhaus: Er müsste nur durch das Tor schlüpfen und es von innen verriegeln. Jeder vernünftige Mensch hätte sich in dieser Lage für den Rückzug entschieden, nicht aber Guederic. Wenn er sich jetzt davonmachte, käme er sich feige vor, auch wenn der Kampf aussichtslos war. Er hätte das Gefühl, die Ehre seiner Familie und das Erbe seiner Ahnen zu beschmutzen. Also blieb er, wo er war, und spannte jeden Muskel an, während die Kerle ihn von neuem umringten.
Erst als die Männer Dolche zogen, erkannte er seinen Fehler.
»Ich bin unbewaffnet«, stieß er mit gepresster Stimme hervor.
»Pech für dich«, gab der Legionär höhnisch zurück.
»Habt ihr solche Angst vor mir? Fürchtet ihr, windelweich geprügelt zu werden, obwohl ihr vier gegen einen kämpft? Und das alles wegen einer lächerlichen Wirtshausschlägerei? «
»Hier geht es um etwas ganz anderes. Dass ich so auch gleich Rache für gestern Nacht nehmen kann, ist nur ein glücklicher Zufall.«
Sein Blick ließ keine Zweifel an seinen mörderischen Absichten. Guederic überlief es eiskalt, doch dann wallte Zorn in ihm auf. Auf keinen Fall würde er in dieser düsteren Gasse sterben, direkt vor den Toren jenes Hauses, in dem er
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