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Die Göttin im Stein

Titel: Die Göttin im Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Beyerlein
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Mädchen rannte ihnen entgegen, sprang Irrkru in die Arme, betrachtete Haibe neugierig.
    Haibe lächelte ihr zu.
    Naki, als du so alt warst wie diese Kleine hier, da bist du Taku und meinen Brüdern in die Arme gesprungen ...
    Irrkru stieß die Haustür auf. »Daire, Lele, ich bringe einen Gast mit, eine Fremde namens Haibe!«
    Die beiden Schwestern kamen auf sie zu und betrachteten sie ähnlich prüfend wie zuvor schon der Mann.
    Haibe begrüßte zunächst die ältere, bedankte sich für die Aufnahme, wechselte höflich belanglose Worte, hörte dabei mit einem Ohr Bruchstücke des Flüsterns zwischen der jüngeren und dem Mann: Ist sie eine von – nein, sie kannte nicht die – hüte dich vor ...
    Das Kind zupfte an Haibes Rock. »Hier, für dich!« sagte es ernst und hielt Haibe einen Brocken Brot hin.
    Rührung stieg in ihr auf, machte ihr die Augen feucht. Sie ging in die Knie, nahm das Brot entgegen, brach es und teilte es mit dem Mädchen. »Ich danke dir, Liebes. Wie heißt du?«
    »Kori!«
    »Vielen Dank, Kori!«
    Daire lud sie an die Feuerstelle ein, Lele brachte ihr einen Becher Milch, Daire reichte ihr eine Schale Gerstengemüsebrei, sprach den Segen über die Speisen und streute ein paar Krumen ins Feuer.
    Während des Essens wurde wenig gesprochen, nur hin und wieder fielen einige Sätze über die Arbeit, das Dreschen und Rösten des Getreides.
    Danach griffen die beiden Schwestern nach ihren Spindeln, der Mann nach seinem Schnitzzeug. Eben wollte Haibe anbieten, sich an der Arbeit zu beteiligen, da drängte sich Kori an sie. »Erzählst du mir eine Geschichte?« bettelte die Kleine.
    »Laß mich überlegen!«
    Was hatte sie Naki erzählt, als die so klein gewesen war wie diese Kori hier? Da gab es eine Geschichte, die Tante Kjolje sich ausgedacht hatte und die Naki gar nicht oft genug hatte hören können ...
    »Es war einmal ein sehr kleines Mädchen«, begann sie zu erzählen, »das war so klein, daß es nicht im Bett seiner Eltern schlafen konnte, denn sie hätten es im Schlaf erdrückt. Darum machte die Mutter ihm ein weiches Lager in einem Holzschuh und nähte ihm ein winziges Kissen und ein winziges Kleidchen und ein winziges Mützchen und gab ihm Kuchenkrümel zu essen. Und wenn sie ihr eine Haselnuß gab, so brauchte die Kleine drei Tage, um die aufzuspeisen.
    Eines Tages aber, als das Mädchen gerade in seinem Holzschuh lag und schlief ...«
    »... kam ein großer Hund zur Tür herein und trug den Holzschuh weg!« fuhr Kori fort.
    »Woher weißt du das?« fragte Haibe verwundert.
    Kori lachte zufrieden. »Ich kenne die ganze Geschichte. Der Hund verliert den Schuh, als er über einen Bach springt. Und der Schuh schwimmt davon, und das Mädchen schwimmt in dem Schuh wie in einem Boot, und ein Vogel kommt und –«
    »Wer hat dir das erzählt?« Fast schrie sie.
    »Naki!«
    »Naki?« Haibe sprang auf. »Ist sie hier, bei euch, kennt ihr sie, o bitte, sagt mir, wo ist sie ...«
    Die anderen starrten sie an.
    »Sagt es mir!« Fast weinte sie. »Ich habe gehört, dieser Lykos hat sie geraubt, das ganze Jahr schon suche ich nach ihr, ich bin doch ihre Mutter!«
    Daire erhob sich. »Geh!« sagte sie kalt. »Verlaß unser Haus! Ich habe mit dir nichts mehr zu schaffen!«
    »Aber warum«, stotterte Haibe, eben noch diese Freundlichkeit, und nun –
    »Geh!« Irrkru stand drohend vor ihr. Schritt für Schritt wich sie zurück, drehte sich um, öffnete zitternd den Riegel der Tür.
    »Aber sie ist doch Nakis Mutter!« weinte die kleine Kori. Lele nahm die Kleine auf den Arm. »Ist sie nicht!« erklärte sie.
    »Sie hat gelogen, und du weißt, daß es böse ist zu lügen. Nakis Mutter ist tot.«
    »Tot?« Haibe fuhr herum, tot, natürlich, Naki mußte ja davon überzeugt sein, daß sie im Grab gestorben war, auch Songo hatte das geglaubt. »Hat Naki euch das gesagt, ja, es stimmt, als die Wolfskrieger unser Dorf überfallen haben, da war ich im Grab eingeschlossen. Naki kann nicht wissen, daß Ritgo mich am nächsten Abend aus dem Grab befreit hat, er hatte mehrere Tage von zu Hause fernbleiben wollen, aber eine Ahnung hat ihn eher heimgetrieben, ich war mehr tot als lebendig, als er das Grab geöffnet hat, was soll ich sagen, um euch zu überzeugen –«
    »Du hast schon genug gesagt«, erwiderte Daire, ging auf sie zu und umarmte sie. »Willkommen, Schwester. Verfüge über uns!
    Nakis Mutter gehört alles, was uns gehört.«
    »Wo ist sie? Sagt es mir!«
    Die halbe Nacht erzählten Daire, Lele und

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