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Die Göttin im Stein

Titel: Die Göttin im Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Beyerlein
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erwartet habe. Ich hätte nicht gedacht, daß Owros so tüchtig wäre.«
    Einen Herzschlag lang kreuzten sich ihre Blicke mit Owros'. Dessen Augen irrten zur Seite.
    Seine Angst war noch größer als ihre. Er würde schweigen. Kurz strich sie über den Stein in ihrer Rocktasche. Große
    Schwarze Göttin, von heute an bin ich deine Dienerin. Sie hätte weinen mögen vor Erleichterung.
    Owros buckelte vor Lykos. »Herr, ich habe mein Bestes gegeben. Aber, um es gleich vorwegzunehmen, es war die Herrin, die veranlaßt hat, die Bauern täglich für gute Arbeit zu belohnen, sie mit Mahlzeiten, mit Eurem Getreide und Eurem Vieh zu überhäufen, so daß die Vorräte und Herden nicht unerheblich schmolzen, sie übernimmt dafür die Verantwortung, daß Euch das recht ist, hat sie gesagt ...«
    Eben wollte sie ansetzen, ihre Entscheidung zu begründen, ihr Handeln zu erläutern und mit seinem sichtbaren Erfolg zu rechtfertigen, da sah sie den kalten Zorn in Lykos' Gesicht, und die Worte erstarben ihr, ehe sie die Lippen erreichten.
    »Was hast du getan?!«
    Früher wäre Lykos im Zorn aufgebraust. Jetzt hatte er diesen gefährlich leisen Ton. Wie eine Faust traf er sie in den Magen. Sie rang nach Luft, wußte, daß sie ihrer Stimme jetzt nicht mächtig war, zuviel auf einmal, Göttin, warum ist er so zornig, was soll ich tun?
    Mit einer Hand nahm sie Lykos' Arm. Mit der anderen umklammerte sie den Stein. Große Schwarze Göttin, steh mir noch einmal bei!
    Worüber ist Lykos am meisten erzürnt? Über die Einbuße bei seinen Herden? Über die Hilfe für die Bauern? Oder vor allem über meine Eigenmächtigkeit?
    Ich muß ihn besänftigen, darf ihn nicht merken lassen, daß ich das mit Absicht getan habe ...
    Sie schmiegte sich an ihn. »Lykos, bitte verzeih, wenn ich das falsch gemacht habe. Ich wußte mir nicht anders zu helfen. Ich wollte doch nur dafür sorgen, daß dieser Hof fertig wird, ehe du heimkommst, so hattest du es schließlich befohlen! Und daß er so schön wird, wie es einem König ansteht.« Sie beobachtete ihn von der Seite: Beschwichtigte ihn ihre Entschuldigung? Erfreute ihn die Anspielung auf seine glänzenden Aussichten als Schwiegersohn des Königs?
    Sein Gesicht blieb unbewegt, eine finstere Maske. Sie mußte noch weiter gehen.
    »Lykos, bitte sei doch nicht böse! Wenn du dagewesen wärst, hätte ein Blick von dir genügt, und die Bauern hätten gearbeitet wie um ihr Leben. Doch erwartest du, daß ein Knecht wie Owros dergleichen bewirken könnte? Oder gar ich, eine Frau?«
    Keine Antwort von ihm, kein Zeichen von Befriedigung oder Zustimmung.
    Sie sprudelte weiter Worte hervor. »Die Männer haben mehr schlecht als recht gearbeitet, sie waren schwach vor Hunger. Wenn wir sie nicht mit Mahlzeiten belohnt hätten, würdest du jetzt nicht mehr als ein paar windschiefe Wände vorfinden! Und als die Frauen erfuhren, daß ich für die Arbeiter kochte, drängten sie sich mit den Kindern danach, für deine Häuser Schilf und Ruten zu schneiden, Stroh zu häckseln, Lehm zu stampfen und Wände zu flechten. Du hast gesagt, du verläßt dich auf mich. Ich wollte dich doch nicht enttäuschen! Ich wollte, daß du einen fertigen Hof vorfindest, wie du es befohlen hattest. Also blieb mir nichts anderes, als zu den Mitteln einer Frau zu greifen.«
    »Und das ist der Kochtopf!« Lykos lachte. Jetzt endlich lachte er. »Meine Frau! Baut einen Königshof mit ihrer Kochkunst und plündert mich damit aus! Denkt nur an meinen Befehl für den Hof und merkt nicht, daß sie dabei die von mir angeordnete und wohlüberlegte Bestrafung der aufständischen Bauern hintertreibt.«
    Jetzt erst begriff sie ganz, als welch ungeheuerlichen Angriff auf seine Herrschaft er ihre Unterstützung der Bauern gewertet hatte.
    »Es tut mir sehr leid, daß ich dich so erzürnt habe«, sagte sie, die Tränen standen ihr ganz von selbst in den Augen, sie meinte, was sie sagte, und doch wußte sie, es war richtig, was sie getan hatte, und sie würde es wieder tun, ohne einen Augenblick des Zögerns.
    »So, sehr leid tut es dir! Na«, er gab ihr einen kräftigen Klaps, ein Feuerstrahl fuhr ihr ins Herz, »dann lassen wir das! Zeig mir, was deine Bauernmahlzeiten bewirkt haben! Da darf ich froh sein über die Viehherden, die ich als Kriegsbeute heimbringe! Ich hoffe nur, du weißt auch noch anständige Gastmähler zuzubereiten!«
    »Aber ja doch, ja!« Sie wischte sich die Tränen aus den Augen und lachte mit ihm, eine Spur zu schrill.
    Sie führte

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