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Die Göttin im Stein

Titel: Die Göttin im Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Beyerlein
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Vater sie angesehen hat, sie hat ihn umgebracht, rächt ihn, treibt ihr einen Pfahl ins Herz!« kreischte Noedia und fuhr in die Höhe, als wolle sie sich mit ihren Fingernägeln auf das Mädchen stürzen.
    Unwillkürlich stellte er sich schützend vor Naki, deckte sie mit seinem Körper. »Zurück! Kein Wort mehr!« sagte er scharf. »Vergiß nicht, daß ich jetzt der Herr bin!«
    Stirnrunzelnd strich Lykos seinen Bart. Wäre es wirklich seine Pflicht gewesen, seinen Vater zu rächen?
    Nein. Was immer den Vater bei Nakis Anblick getötet hatte, Nakis Schuld war es nicht. Was dann?
    Eine Wiedergängerin ...
    Ein Schauer ließ ihn zusammenfahren. Auch er war einst diesem Trugbild erlegen. Inzwischen wußte er längst, daß Naki außer dem Aussehen nichts mit Kugeni gemeinsam hatte.
    Leider.
    Es half auch nicht, daß er Naki von früh bis spät Getreide mahlen ließ, gefesselt, wie einst Kugeni.
    Wie sie dort am Mahlstein kniete –
    Vor und zurück, vor und zurück.
    Mehrmals am Tag blieb er bei ihr stehen und gönnte sich einen Blick auf den Ansatz ihrer kleinen Brüste im Ausschnitt ihres Kleides.
    Aber nie ein Lächeln von ihr oder ein Lied, mit dem sie ihm Liebe versprach, nicht die Spur einer Verlockung in ihren stumpfen Bewegungen, nichts von der Verheißung, die Kugeni ihm gegeben hatte und nie erfüllt.
    Lykos unterdrückte ein Stöhnen. Diese Rundung ihres Hinterteils brachte ihn um den Verstand.
    Wenn sie es ihm nur einmal voller Lust hinstreckte! Es hieß doch, sie seien zügellos sinnlich, die Frauen des Alten Volkes, genossen es, die Gier der Männer ins Unermeßliche aufzustacheln! Warum tat sie es dann nicht bei ihm?! Begriff nicht, welche Gunst er ihr erwies?! Und liebte ihn nicht?!
    Nicht eine einzige Liebkosung, die sie ihm freiwillig schenkte, nicht daran zu denken, daß sie ihn so berührte, wie Kugeni es getan, nicht ein Kuß, den sie erwiderte. Getäuscht hatte sie ihn beim ersten Mal, als er wähnte, sie habe in ihm ihren Herrn erkannt, zu allem mußte er sie gewaltsam bringen, rohe Kraft mußte er anwenden, wo er sich nach Zärtlichkeit sehnte, selbst um sie streicheln zu können, mußte er sie –
    Nun stöhnte er wirklich.
    Geduld! ermahnte er sich. Laß ihr Zeit.
    Sie hat ihre Heimat verloren, ihre Familie. Wer weiß, wie viele der von uns Erschlagenen ihre Verwandten waren! Kein Wunder, daß sie trauert.
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    Wenn sie erst begriffen hat, daß sie bei mir eine neue Heimat gefunden hat, eine neue Familie, wird sie mich lieben. Die Hände wird sie mir küssen vor Dankbarkeit. Und dann werden wir all das machen, wovon ...
    Die alte Magd verließ den Backtrog. Sofort verscheuchte Lykos die Träume und beobachtete. Noch immer hatte niemand ihn bemerkt.
    Mit einer Holzschale ging die Alte zu Naki, stellte das leere Gefäß neben dieser auf den Boden, nahm ein halbvolles und trug es kopfschüttelnd zu Noedia.
    »Ein faules Luder! Daß der Herr sie nicht besser zieht!«, schimpfte sie dabei. »Sieh dir das an! Viel zu grob, das Mehl Und so wenig! Zum Mahlen taugt sie jedenfalls nicht, die Nebenfrau unseres Herrn!«
    »Sie taugt auch sonst nicht«, erwiderte Noedia und schnaubte verächtlich. »Nicht einmal für die Pflicht, für die sie als Nebenfrau da ist! Weißt du, daß Lykos sie an sein Bett binden muß, wenn er sie, du weißt schon ...«
    »Nein! Wirklich? Sag bloß, sie läßt ihn nicht freiwillig ran?!« Die Alte stützte die Hände in die Hüften. »Das ist doch! Das hätte unserem alten Herrn mal unterkommen sollen!«
    Noedia fuhr auf. »Nuerkop? Undenkbar wär' das gewesen bei ihm! Der war ein Herr!«
    Die Magd nickte. »Das ist wahr. Der war ein Herr.« Lykos schoß das Blut in den Kopf.
    Lautlos zog er sich vom Tor zurück, trat hinter die Palisade.
    Was hätte er tun sollen, wenn sie ihn bemerkt hätten? Das schlimmste war, daß sie nicht einmal gelogen hatten. Er preßte die Zähne zusammen, daß es knirschte.
    Seit wenigen Tagen erst war er der Herr dieses Hofes, und schon spottete man über ihn. Die Zügel waren ihm entglitten, ehe er sie richtig in Händen hielt.
    148
    Diese Schande.
    Er mußte dafür sorgen, daß Naki ihm gehorchte und ihn nicht der Lächerlichkeit preisgab. Doch was sollte er tun?
    Was der Vater getan, zu welchen Mitteln der Vater gegriffen
    hatte
,
wußte er.
    Aber er wollte sie nicht brechen. Sie sollte nicht so leiden, wie er selbst gelitten hatte.
    Es mußte einen anderen Weg geben. Zähmte man nicht gerade die edelsten Pferde mit Freundlichkeit, gepaart

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