Die Göttin im Stein
mit
Festigkeit?
Er würde ihr zeigen, daß er ihr vertraute. Das würde sie
überwinden.
Langsam ging er zur Koppel zurück, rief nach dem Rappen, ritt zum Hof und mühte sich, vom Pferd herab seinen Blick schweifen zu lassen als ein Herr.
Temos kam gerannt und nahm die Zügel in Empfang. Noedia und die alte Magd grüßten und formten Brotlaibe in Flechtkörben. Naki mahlte.
Er stieg vom Pferd, schickte mit einer Handbewegung die beiden Frauen weg, ging zu Naki, blieb vor ihr stehen.
Sieh mich an! befahl er stumm.
Sie hielt den Kopf auf ihre Arbeit gesenkt, kniete über den Mahlstein gebeugt, schob mit eintönigen Bewegungen den Läuferstein vor und zurück.
»Naki!« sagte er laut.
Sie hob den Kopf. Ihr Gesicht blieb ausdruckslos, ihr Blick
ging durch ihn hindurch.
Aber sie war so schön mit ihrem hellen Haar, ihren blauen
Augen.
Er kniete bei ihr nieder, zog sie an sich.
Ihr Körper wurde steif vor Abwehr.
»Naki«, sagte er leise, »weißt du nicht, daß ich zu dir so gut bin wie noch nie zu einem Menschen? Weißt du nicht, wie glücklich du dich schätzen kannst?
Ich habe dich vor dem Feuertod gerettet.
Ich habe dich aus der Gewalt des Wolfskriegers befreit. Ich habe meine Hand schützend über dich gehalten. Ich habe dich zu meiner Nebenfrau gemacht.
Ich habe meinen Vater nicht an dir gerächt.
Ich habe dich nie gestraft.
Und du?
Wie vergiltst du mir das alles?«
Er schob sie von sich, betrachtete sie prüfend. Sie stierte an ihm vorbei, die Arme vor die Brust gedrückt.
Ihre Handgelenke waren blutig, aufgerieben von dem harten Strick.
Er zog seinen Flintdolch vom Gürtel.
Da zuckte sie vor ihm zurück, drängte sich in den Winkel des Winddachs, starrte ihn angstvoll an, stammelte: »Herr, Herr!«
Freude schoß ihm in die Brust. Zum ersten Mal hatte sie in seiner Sprache geredet, wußte, wie sie ihn zu nennen hatte!
Er griff ihr ins Haar, bog ihren Kopf zurück. »Ja, ich bin dein Herr. Gut, daß du es endlich begreifst. Du gehörst mir. Du bist meine Nebenfrau, und ich will, daß du mir freudig gehorchst! Daß du dich mir liebevoll hingibst!«
»Herr!« flüsterte sie. »Herr!«
Er sprach eindringlich weiter: »Ich werde jetzt deine Fesseln durchschneiden. Du sollst nur noch durch meinen Willen an mich gebunden sein, und durch deinen Gehorsam!«
Fest nahm er ihr Kinn in die Linke. »Schwöre, daß du nicht weglaufen wirst!«
Er wußte, daß sie seine Worte nicht verstehen konnte. Und doch war er sicher, daß sie den Sinn begriffen hatte.
Sie flehte ihn mit den Augen an, nickte in seine Hand.
Da ließ er sie los. Schnitt die Stricke an ihren Händen und Füßen durch. Stand auf.
Aus der Höhe sah er zu ihr hinunter.
Sie kniete vor ihm, blickte zu ihm auf, rieb sich die wunden Gelenke. Tränen strömten über ihr Gesicht.
Alle Strenge legte er in seine Stimme und seinen Blick, wies auf das Hoftor und machte eine verneinende Geste: »Du darfst den Hof nicht verlassen!«
Sie nickte, stieß hastige Laute hervor, schüttelte beteuernd den Kopf.
Er zeigte auf den Mahlstein: »Du bleibst hier und mahlst Getreide!«
Wieder nickte sie, nahm den Läuferstein auf und begann zu mahlen, warf ihm noch einmal einen angstvoll fragenden Blick zu.
»So ist es recht!« bestätigte er. Drehte sich um und ging ins Haus.
Im Wohnraum war er allein. Er setzte sich auf die Bank an der Feuerstelle, stieß mit der Stiefelspitze in die Glut, lauschte in den Hof. Endlich stand er wieder auf und trat in die Tür.
Naki kniete am Mahlstein und arbeitete. Die alte Magd bestrich die Brotlaibe mit Wasser. Noedia rieb den Backtrog aus.
Er kehrte zur Bank zurück und rief nach Noedia.
Als sie kam, forschte er in ihrem Gesicht nach Zeichen von Mißachtung, suchte nach einem Anlaß, sie zurechtzuweisen. Dhre Züge waren ausdruckslos.
Dafür fand er an ihrer Kleidung etwas auszusetzen. »Tritt man so dem Hausherrn gegenüber?« tadelte er. »Den Rock geschürzt, die Hände voller Mehl!«
»Ich habe meine Pflichten«, erwiderte sie gekränkt.
»Eben!« sagte er in scharfem Ton. »Vor allem eine: mir Ehrerbietung zu zollen. Also sieh dich vor!«
»Es tut mir leid, Herr«, rang sich Noedia mit sichtlich Mühe ab und rückte ihren Rock zurecht. »Womit kann Euch dienen, Herr?«
»Bring mir Bier, aber mit sauberen Händen!«
Er genoß es, sie gedemütigt zu haben. Sie würde bald merken, daß er sich nicht weniger als der Vater darauf verstand, ein Herr zu sein.
Schneller noch als gewöhnlich schüttete
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