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Die Göttin im Stein

Titel: Die Göttin im Stein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Beyerlein
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meine Schuld, alles meine Schuld. Wenn ich dir damals nicht die Zöpfe geflochten hätte –«
    »Deine Schuld?!« fuhr Cythia auf. Heftig warf sie die Webbrettchen in einen Korb. »Was redest du! Es ist weder deine Schuld noch meine! Du warst ein kleines Kind, das sich einen harmlosen Spaß erlaubt hat, mit meiner Zustimmung übrigens!«
    »Aber wenn du nicht wie ein Bauernmädchen ausgesehen hättest, dann hätte Hairox dich nicht –«
    »Na wunderbar! Das hat Vater mir damals auch eingeredet, und Hairox ebenso. Ich bin daran fast zugrunde gegangen. Sie machen es sich sehr leicht, die Herren! Geben uns die Schuld an ihren Verbrechen.«
    »O Cythia, wenn ich mir vorstelle, ich wäre mit einem Mann verheiratet worden, der mich – du tust mir so leid!«
    Cythia starrte vor sich hin. »Ich wollte sterben, damals.
    Und habe doch überlebt. Oder das, was von mir übriggeblieben war.«
    »Du Arme!« flüsterte Moria und legte der Schwester die Hand auf den Arm.
    »Arm?« Cythia lachte noch einmal ihr bitteres Lachen. »Ich will dein Mitleid nicht! Irgendwie werde ich mit allem fertig, wenn es sein muß – mehr oder weniger. Ich beiße mich durch. Ich habe sehen gelernt – schmerzhaft genug sind mir die Augen geöffnet worden!«
    Moria gab einen erschreckten Laut von sich.
    Cythia beachtete es nicht, fuhr nachdenklich fort: »Inzwischen habe ich sogar gelernt, meine Vorteile daraus zu ziehen, daß sich Hairox mir gegenüber in tiefer Schuld weiß. Daß er mich nicht verstoßen kann, weil die Ehe mit einer Frau, die man geschändet hat, unauflöslich ist. Und daß Vater es als Beleidigung seiner Person und als Verletzung der von Hairox geforderten Buße auffassen würde, wenn Hairox mich nicht in Ehren hielte.
    Es gibt eine Grenze zwischen uns, die Hairox nie überschreitet. Und ich traue mir zu, diese Grenze zu verteidigen. Es reicht schon eine ganz leise Andeutung, daß es in meiner Hand liegt, ihn mit schlechten Gastmählern bis auf die Knochen bloßzustellen. Oder bei Vater Klage gegen ihn zu führen.
    Der soll bloß nicht wagen, mit mir so umzuspringen wie Vater mit unserer Mutter!«
    »Aber er könnte dich doch bestrafen!« sagte Moria ungläubig. »Ich meine, nicht nur zurechtweisen, sondern richtig bestrafen –«
    »So wie Vater unsere Mutter?! Sicher könnte er das. Aber er ahnt, daß ich mich dafür rächen würde, seinen Ruf für alle Zeiten untergraben. Auch wenn ich ihm das so natürlich niemals sagen würde. Merk dir das, Moria: Laß dich nie auf einen offenen Kampf ein! Du würdest unweigerlich verlieren. Wahre immer den Schein!«
    »Ich habe nicht vor, mich überhaupt auf einen Kampf einzulassen, ich verstehe nicht, wieso du –«
    »Ach ja, ich vergaß! Lykos ist ja so gut zu dir!«
    Moria sah die Schwester unsicher an. Was war das für ein beißender Ton in deren Stimme?
    Doch sie hatte sich wohl getäuscht, denn nun lächelte Cythia ihr zu und fragte freundlich: »Du meinst also, Lykos läßt seine Nebenfrau jetzt in Ruhe?«
    »Ja, ich –
    Ich glaube jetzt, er hat sich eigentlich nie wirklich etwas aus ihr gemacht. Du kennst es ja, wie Mägde so klatschen. Jedenfalls, was ich zufällig gehört habe ...«
    »Und was hast du gehört, zufällig?« fragte Cythia.
    Moria überhörte den Spott. »Ich dachte erst, er hat sie sich genommen, weil sie ihm gefallen hat«, erzählte sie. »Aber so war das nicht. Er hat sie auf dem Kriegszug geraubt, wie Wolfskrieger das so machen. Sie hat ihm als Beute gehört, und er war sehr streng zu ihr. Er hat sie den ganzen Tag mahlen lassen und immer gefesselt, auch nachts, an sein Bett. Und einmal hat er sie –« Sie schluckte. Es wäre besser, sie würde nicht davon sprechen. Aber da war dieser Zwang. »Hat er sie öffentlich ausgepeitscht und danach lange in dem Verschlag im Speicher eingesperrt. Sie hatte es nicht anders verdient –aber deshalb ...«
    »Nicht anders verdient?!« schrie Cythia. »Geraubt?! Gefesselt?! Eingesperrt?! Und du erzählst mir das, als ob du es auch noch in Ordnung fändest?!«
    Moria starrte die Schwester mit aufgerissenen Augen an.
    Cythia war aufgesprungen, rannte im Raum auf und ab. »Was ist los mit dir, Moria?! Hast du dein Herz und deinen Verstand abgegeben, als du mit Lykos verheiratet wurdest?! Ich begreife dich nicht! Ich glaube es einfach nicht!
    Hast du nie darüber nachgedacht, was er diesem Mädchen angetan hat? An sein Bett gebunden! Ich werde wahnsinnig, wenn ich mir das vorstelle, und du sitzt da und schwärmst von deinem

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