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Die goldene Barke

Die goldene Barke

Titel: Die goldene Barke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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kreisförmigen Öffnung. In die Wand des luftigen Gebäudes waren weite Fenster eingelassen, aber Miranda und Tallow konnten nicht hineinblicken. Es waren keine Bewohner zu sehen, und dem Paar wäre es auch seltsam vorgekommen, hätten sich welche gezeigt. Sie überquerten die gelbe Lichtung und betraten die grüne Terrasse. Sie war warm, als habe die Sonne sie beschienen. Die nackten Füße waren eine Hilfe auf dem Weg zur Treppe. In Schuhen wären sie auf dem glatten Stein sicher ausgerutscht.
    Sie erreichten die blauen Stufen, begannen, in die Höhe zu
    steigen, sahen aber noch immer nichts. Sie fragten sich gar nicht erst, warum sie mit solcher Sicherheit in das Gebäude eindrangen. Es erschien ihnen ganz natürlich, das zu tun. Es gab nichts anderes zu tun.
    Drinnen war eine schattige, kühle Halle, in der sich weiche Dunkelheit und helles Sonnenlicht stritten, das durch die Fenster fiel. Der Boden war rosa wie Perlen, die Decke dunkelrot. Der Saal erinnerte Miranda an einen Schoß. »Wie wunderbar«, hauchte sie. »Herrlich.«
    »Sehr angenehm«, bemerkte Tallow. »Mal was anderes, wenn man bedenkt, wo ich bis jetzt immer war. Ich frage mich, wer hier lebt.«
    »Das werden wir wahrscheinlich sehen, wenn wir noch länger bleiben«, sagte Miranda. »Die Besitzer dieses Gebäudes haben vielleicht etwas gegen unser Eindringen.«
    »Möglich«, nickte Tallow. »Aber da es keine Schlösser gibt, wäre ich überrascht, wenn sie nicht gewohnt wären, daß Leute hereinkommen.« »Vermutlich hast du recht.« Eine kleine Tür lag vor ihnen, dahinter Stufen.
    Tallow sah Miranda fragend an. »Sollen wir weiterfor
schen?«
»Warum nicht?«
    Sie stiegen die Stufen hinauf und kamen in einen Saal, der dem unteren glich, aber kleiner war. In diesem Saal befanden sich jedoch zwölf breite Thronsitze, die im Halbkreis in der Mitte standen. Vor der Wand neben der Tür befanden sich einige Sessel, die mit purpurnem Stoff überzogen waren. Die Thronsitze waren aus Gold und weiß gepolstert. Die Farben hatten nichts Barbarisches oder Geschmackloses an sich, sie waren unauffällig und paßten zueinander.
    Hinter den Thronsitzen öffnete sich eine Tür, und ein großer, zart aussehender Mann erschien, gefolgt von anderen, deren Gesichter fast gleich waren. Nur an ihren Gewändern konnte man Unterschiede feststellen. Ihre Wangen waren bleich, fast weiß, die Nasen gerade, die Lippen schmal, aber nicht grausam. Die Augen, grün gefleckt und voller ruhiger Traurigkeit in die Ewigkeit starrend, waren keine Menschenaugen. Der Anführer der großen Männer blickte Tallow und Miranda an. Er nickte und winkte würdevoll mit bleicher, langfingriger Hand.
    »Willkommen«, sagte er. Die Stimme war hoch und zart wie eine Frauenstimme, klang aber schön in ihrem Singsang. Die anderen elf Männer nahmen auf den Thronsitzen Platz, während der erste Mann, der sie angesprochen hatte, stehen blieb. »Setzt euch, bitte«, sagte er.
    Tallow und Miranda setzten sich auf zwei der purpurnen Sessel.
    »Wißt ihr, wie ihr hergekommen seid?« wollte der Mann wissen.
    »Nein«, erwiderte Tallow. »Wir wissen nicht einmal, wo wir sind.«
    »Das dachte ich mir. Eure Leute kommen selten her, und wenn, dann unbeabsichtigt.«
    »Wo sind wir?« fragte Miranda, als sich der Mann auf den letzten Thron setzte.
    »Dieser Ort befindet sich nicht innerhalb eures Raum-ZeitKontinuums, ist aber dennoch ein Teil von ihm. Es gibt starke Verbindungen, obwohl uns mehrere Dimensionen trennen. Einst war unser Land ein Teil der Erde, die ihr kennt, aber in dunkler Vergangenheit wurde es vom Mutterplaneten abgetrennt. Unsere Körper sind im Gegensatz zu euren unsterblich. Wir wollten es so, sind aber nicht so wie ihr an unser Fleisch gefesselt.«
    »Ich verstehe nicht«, meinte Tallow mit gerunzelter Stirn, »was sagt Ihr?«
    »Ich habe gesagt, was ich sagen kann, und zwar mit den einfachsten Ausdrücken, die euch verständlich sind. Wenn ihr dennoch nicht wißt, wovon ich spreche, kann ich es nicht weiter erklären. Einige eurer Leute, die von uns wissen, nennen uns die Hüter, obwohl wir nichts hüten. Wenn ihr wollt, sind wir Krieger, die Mächte bekämpfen, die euch so fremd sind wie wir. Wir hassen diese Mächte nicht, und es gibt auch weder materiell noch geistig etwas zu gewinnen. Wir kämpfen nur, um ein gewisses Gleichgewicht aufrechtzuerhalten.« »Alles schön und gut«, sagte Tallow, »aber was hat das mit uns zu tun?«
    »Nicht viel«, gab der Mann zu. »Ihr seid

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