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Die goldene Barke

Die goldene Barke

Titel: Die goldene Barke Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Moorcock
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absichtslos hergekommen. Wir werden versuchen, euch so rasch wie möglich in euer eigenes Kontinuum zurückzubringen. Inzwischen könnt ihr hierbleiben oder den Wald, der uns umgibt, erforschen, ganz wie ihr wollt. Ihr werdet keinen Schaden nehmen.« »Danke«, sagte Tallow und blickte Miranda an. Aber die junge Frau wollte ihn nicht ansehen, hatte die Augen auf den großen Sprecher gerichtet. »Können wir nicht hierbleiben?« fragte sie.
    »Nein, das könnt ihr nicht. Eines Tages werden sich vielleicht viele von euch zu uns gesellen. Das wird an dem Tag sein, den ihr das Jüngste Gericht nennt, den Tag des Entscheidungskampfes. Wenn eure Leute bereit sind, nach vielem Sterben und Leben in der Zukunft eurer Ebene, werden wir uns alle hier versammeln, um gemeinsam den Feind zu bekämpfen, gegen den wir Hüter jetzt kämpfen. Wenn wir dann gewinnen, wird das Schicksal dieses Universums entschieden sein, werden neue Samen gesät werden. Wenn wir verlieren, bedeutet das Chaos und schließlich Zerstörung.«
    Tallow entgegnete: »Ihr sprecht, als hätte die Welt ein gemeinsames Ziel. Aber jedes Individuum muß doch bestimmt sein eigenes Schicksal erkennen.«
    »Gewiß«, erklärte der Hüter lächelnd. »Ich stimme dir zu. Aber keiner darf die Verbindung zu seinen Gefährten verlieren, sonst wird er vernichtet. Oder, was noch schlimmer für ihn ist, er stellt sich in die Reihen derer, die wir bekämpfen.« »Ihr seid offenbar wahnsinnig«, sagte Tallow grob. »Ihr verkommt hier, während ihr eure eingebildeten Kämpfe ausfechtet. Wenn ein Mensch sein endgültiges Schicksal erkannt hat, den Sinn seines Lebens, dann braucht er keinen mehr. Er wird in aller Herrlichkeit allein sein.«
    »Ich achte deine Ansichten«, lächelte der Hüter, »aber wenn du deine Suche zu Ende geführt hast, wirst du einsehen, was du verfehlt hast. Dann wird es jedoch zur Umkehr zu spät sein, um deinen Entdeckungen gemäß zu leben. Es ist immer zu spät. Ihr verbringt eure Leben damit, dem nachzujagen, was in euch selbst liegt, was ihr in jedem anderen Menschen finden könnt, aber dort wollt ihr es nicht suchen. Ihr müßt prächtigeren Wegen folgen, um eure Zeit zu vergeuden und zu entdecken, daß ihr eure Zeit vergeudet habt. Ich bin froh, daß wir nicht mehr so wie ihr sind, aber ich wünschte, es wäre gestattet, euch zu helfen. Das können wir jedoch nicht. Man wird es euch mitteilen, wann ihr gehen müßt«, schloß er plötzlich. »Wir müssen jetzt zu unserem Kampf zurück.« Er stand auf, verbeugte sich und ging, gefolgt von den anderen, durch die Tür wieder hinaus.
    »Komm, Miranda«, knurrte Tallow und nahm sie an der Hand, »verschwinden wir aus diesem Irrenhaus.«
    Miranda ging zögernd mit ihm, und noch einmal liefen sie über den kühlen gelben Rasen und betraten den Wald. Sie wanderten weiter und kamen aus dem dunklen Wald und standen am Ufer eines Meeres. Es war ein graues, wogendes, zeitloses Meer, ein rätselhaftes Meer, das sich in die Unendlichkeit erstreckte. Hinter dieser bewegten Wasserfläche konnten keine anderen Ufer mehr liegen. Keine anderen Länder oder Flüsse oder kühle, dunkle Wälder, keine anderen Schiffe. Es war ein Meer, das nirgendwohin führte.
    Über diesem zeitlosen Ozean schwebte brütend eine ockerfarbene Sonne, die abwechselnd grüne und schwarze Schatten auf das Wasser warf. Die ganze Szenerie schien in einer riesigen Höhle zu liegen, denn der Himmel darüber war voller uralter zerklüfteter schwarzer Wolken. Und die ganze Zeit war vernehmbar das Krachen der Brecher, das an ein Verhängnis denken ließ, die einsame, schicksalhafte Monotonie der ewig sich aufbäumenden Wogen mit den weißen Schaumkronen, das Geräusch, das weder Tod noch Leben, weder Krieg noch Frieden bedeutete, sondern lediglich Dasein, dessen Harmonien wechselten.
    Sie konnten nicht weiter. Tallow packte Mirandas Hand und bewegte sich auf den Ozean zu, aber Miranda hielt ihn zurück. Er sah sie an, und sein häßliches Gesicht war in schwarze und rote Schatten getaucht, die Augen blickten verwirrt. Miranda zog an seiner Hand und versuchte, sich zurück in den Wald zu bewegen. Er zauderte und hielt sie zwischen sich und den hohen Bäumen fest.
    »Komm, Liebes«, grinste er mit schiefem Mund, »baden wir in diesem dunklen Meer. Vielleicht finden wir endlich, was wir suchen.«
    »Nein, Jephraim, kehren wir um. Ich hasse diesen Ozean. Ich bin sicher, er ist es, den die Hüter bekämpfen. Laß uns zurückgehen, Jephraim.«
    Aber er

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