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Die goldene Königin

Die goldene Königin

Titel: Die goldene Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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war der Überwurf eines betuchten Kaufmanns, dachte sie, zumal sich unter dem Mantel ein Prunkgewand verbarg. An den Knien des dicken Mannes schimmerte ein in einen Seidenstoff eingewebter Goldfaden von unermesslichem Wert.
    Galant begrüßte er Mathilde. Da sie ihn nicht kannte, nickte sie ihm nur knapp zu, ohne den Oberkörper nach vorn zu neigen.
    Â»Seid Ihr nicht die Tochter von Alix Cassex, der Weberin aus Tours?«
    Â»In der Tat«, antwortete das junge Mädchen höflich. »Ich bin Mathilde de Cassex. Woher kennt Ihr uns?«
    Als die junge Mathilde ihrem Namen den Adelspartikel »de« hinzufügte, hob der Mann eine Braue, sagte jedoch nichts. Er wusste, dass das Königreich große Künstler, die in seinem Auftrag tätig waren, hin und wieder in den Adelsstand erhob.
    Â»Ich arbeite im Auftrag Eurer Werkstatt in Brüssel und kenne Eure Mutter gut. Das letzte Mal, als sie Lyon besucht hat, wart Ihr bei ihr.«
    Er musterte sie ohne jegliche Zurückhaltung. Sein Gesicht bestand ausschließlich aus überaus rundlichen Formen, seine Augen versanken halb in seinen prallen Wangen, und sein feistes Kinn legte sich über einem gedrungenen Hals in Falten. Während er sie weiterhin mit seinen Blicken maß, bemerkte Mathilde in seinen Augen ein fröhliches Funkeln.
    Â»Einen solchen Anblick vergisst man nicht so schnell, Demoiselle.«
    Sie trieb ihr Pferd zu einer kleinen Wende, um etwas Abstand zu gewinnen, falls sie rasch entkommen musste.
    Â»Das muss bei der Rückkehr des Königs nach seinem Sieg in Marignan gewesen sein«, sagte sie mit klarer Stimme. »Aus anderem Anlass bin ich nicht nach Lyon gekommen.«
    Â»Außer heute.«
    Um nicht in eine missliche Lage zu geraten, antwortete sie nicht. Gut gelaunt fuhr der Mann fort:
    Â»Die triumphale Rückkehr des Königs war ein großes Fest. Damals wart Ihr noch jung.«
    Sie betrachtete ihn zurückhaltend.
    Â»Ich weiß nicht, ob ich diese Unterhaltung mit Euch fortsetzen darf, Sire. Ich kenne noch nicht einmal Euren Namen.«
    Â»Beim Teufel! Wie gedankenlos von mir! Aber vielleicht bin ich einfach nur von Eurer Schönheit überwältigt. Ich heiße Emmanuel Riccio, Kaufmann aus Genua, aber wie gesagt in Brüssel ansässig. Ich habe Eurer Mutter erst kürzlich ein Geschäft vorgeschlagen.«
    Â»Und war sie interessiert?«
    Â»Der Ansicht war ich, denn wir haben sehr freundlich miteinander verhandelt. Ihre überstürzte Abreise war mir gänzlich unverständlich. Wir wollten uns ein paar Tage später wiedertreffen. Da erfuhr ich, dass Ihr nach Tours abgereist wart.«
    Â»Das ist richtig! Eine Familienangelegenheit zwang sie zur Rückkehr.«
    Â»Nichts Schwerwiegendes, hoffe ich.«
    Â»Nein, nichts Beunruhigendes.«
    Mathilde erinnerte sich an die fluchtartige Abreise. Besorgt über die Feststellung, dass ihre Tochter trotz ihres jugendlichen Alters schwanger und Mathilde sich der Macht ihrer körperlichen Reize bewusst war, fürchtete Alix, dass die Ereignisse außer Kontrolle gerieten. Deshalb hatte sie nicht gezögert, als sie ihre Tochter halb nackt vor dem kundigen Auge Giulio Romanos vorfand, dessen Talent genauso groß war wie sein sexuelles Verlangen. Sie waren sofort abgereist.
    Â»Worum ging es bei diesem Geschäft?«, erkundigte sich das junge Mädchen noch immer wachsam.
    Â»Um den Kauf von einigen Bündeln Goldfäden.«
    Â»Das wäre interessant«, bestätigte Mathilde, »und wenn Ihr den Goldfaden zu einem akzeptablen Preis angeboten habt, verstehe ich, dass der Handel meiner Mutter gefallen hat. Aber Ihr werdet ganz sicher Gelegenheit erhalten, ihr ein solches Geschäft noch einmal vorzuschlagen. Einstweilen grüße ich Euch, Sire Riccio. Ich muss jetzt in mein Gasthaus zurückkehren.«
    Geschickt wendete er sein Pferd. Der dicke Mann war eindeutig ein erfahrener Reiter, denn Fildor so den Weg zu versperren, wie er es gerade tat, war nicht gerade unkompliziert.
    Â»Wartet! Falls ich Eure Mutter wiedergesehen hätte, hätte ich ihr noch ein weiteres Geschäft vorgeschlagen.«
    Â»Welches?«
    Â»Wir arbeiten gemeinsam für Euer Kontor in Brüssel, aber ich glaube, Ihr verfügt auch in Tours über ein Verkaufskontor.«
    Â»Das ist richtig, und meine Eltern sagen, es laufe gut. Über dieses Kontor vertreiben wir unsere Tapisserien nach Rom und Florenz.«
    Â»Ich

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