Die goldene Königin
haben.«
Louise seufzte.
»Wann wird mein Sohn endlich begreifen, dass die Rolle des Königs kein Vergnügen ist?«
»Ach, Dame Louise! Seid nicht verstimmt, Heinrich VIII . scheint ihm ähnlich zu sein. Er amüsiert sich ebenso. Wisst Ihr, was er François gefragt hat?«
Mathilde berichtete der erstaunten Louise:
»Er will sich in psychologischer Hinsicht mit dem König von Frankreich messen. Er hat François gebeten, einen Abend ganz allein und ohne Eskorte mit Königin Catherine zu soupieren, und er wünscht sich dasselbe für sich und Königin Claude.«
»Ohne dass jemand diesen Zusammenkünften beiwohnt? Aber das ist verrückt! Was soll dieses Spiel?«
»Sie wollen so tun, als würden sie sie jeweils als Geisel nehmen.«
Louise schüttelte den Kopf.
»Und beide wollen von den rednerischen Feinheiten ihrer Königinnen, ihrer Ehefrauen, profitieren.«
»Aber das ist noch nicht alles, Dame Louise. François hat in seinem Ãberschwang eine andere Vergnügung vorgeschlagen.«
»Himmel! Was denn noch?«
»Er hat Heinrich aufgefordert, im Morgengrauen an sein Bett zu kommen und ihn zu wecken, noch immer ohne Eskorte und ohne jemandem davon zu erzählen, und am darauffolgenden Morgen würde François dasselbe bei ihm tun.«
»Schön, ich nehme an, dass Heinrich meinen Sohn in den Armen seiner Ersten Mätresse vorfindet. Das ist das Ende dieses albernen Spiels.«
Louise musste einsehen, dass es unter diesen Umständen wohl kaum zu diplomatischen Problemen kam. Doch wenn es so weiterging und sie nur versuchten, sich gegenseitig zu beeindrucken und sich körperlich wie geistig zu übertreffen, würde diese kostspielige Inszenierung lediglich die Sympathie des einen für den anderen steigern.
Das Ziel dieser Begegnungen war es allerdings nicht, sich gegenseitig zu beeindrucken, sich zu überraschen oder sich zu zerstreuen. Louise sorgte sich. Wann wollten sich diese jungen SpaÃvögel den geplanten Geschäften widmen?
Es folgten Ballspiele und Turniere, und Mutter und Schwester, unterstützt von Mathilde und der Comtesse de Châteaubriant, die ausnahmsweise die Angst um den französischen König vereinte, sorgten sich um François. Er schien jede Gefahr zu ignorieren und nur auf den Ruhm aus zu sein. Claude war auÃer sich, da Françoise mit ihren verliebten Blicken den König auch noch anstachelte und Mathilde begeistert aufschrie, als sie sah, wie François die Flanke eines englischen Gegners durchbohrte und ihn auf die Erde warf.
»Seht nur«, rief sie, »seht, wie geschickt der König von Frankreich ist. Er ist der Beste.«
Dem konnte die Comtesse de Châteaubriant nicht widersprechen. Sie steigerte seine Kühnheit sogar, indem sie ihm ihren weiÃen Seidenschal zuwarf.
Mathilde knetete den ihren zwischen den Fingern. Sie dachte an das Bild von Kapitän Bernardin des Baux und stellte sich vor, wie er triumphierend in der Arena einen Engländer schlug. Gewiss! Auch sie hätte ihren roten Schal in die Manege geworfen.
Aber das Schicksal lieà sie noch immer ohne Geliebten, und so beobachtete Mathilde betrübt, wie sich der französische König beeilte, den Schal der Mätresse mit der Spitze seines blitzenden Schwertes aufzuheben.
Währenddessen gingen die Verhandlungen kaum voran, und die Staatskasse leerte sich beträchtlich.
Duprat und Louise schlugen eine Unterredung zwischen Wolsey, dem Premierminister von Heinrich VIII., und Bonnivet vor. Doch nachdem sich das Gespräch im Kreise drehte und nach langem Reden zu keinem Ergebnis führte, suchte man nach einer anderen Lösung.
Da Wolseys Interesse an Marguerite nicht unbemerkt geblieben war, beschloss man, ihr die Dinge zu überlassen. Louise schlug vor, ihre Tochter solle direkt mit Wolsey verhandeln.
Marguerite sprach perfekt Englisch, sodass ihr diese Aufgabe keinerlei Schwierigkeiten bereitete. Zudem beherrschte sie die Sprache der Politik und kannte alle diplomatischen Kniffe.
So trafen sich Wolsey und die Duchesse dâAlençon in entspannter Atmosphäre in einem goldbezogenen Zelt. Wolsey begrüÃte Marguerite mit einem Lächeln auf den Lippen und begegnete ihr mit ausgesuchter Höflichkeit.
»Ihr sprecht so flieÃend Englisch, Duchesse, als hättet Ihr in unserem Land gelebt!«
»Seine Exzellenz sprechen Französisch wie die Herren an unserem
Weitere Kostenlose Bücher