Die goldene Königin
geworfen, gegen die Mauer gepresst und erneut vergewaltigt. Einmal, zweimal, zehnmal! Ach Mama, wie soll ich danach einen Mann lieben?«
»Sch, sch, sag mir erst einmal, wie er heiÃt.«
»Es ist Sire Frescobaldi Hieronymus.«
Alix erschauderte. Sie war diesem Mann noch nie begegnet, hatte Alessandro aber diverse Male von diesem Raubtier sprechen hören. Dieser raffgierige Kerl, ein Wolf, ein Teufel, der vor nichts haltmachte, war bei den GroÃhändlern von Genua, Florenz, Venedig und Brügge verschrien.
Nachdem Mathilde alles erzählt hatte, versiegten ihre Tränen.
»Hör zu, Liebes, dieses Monster ist es nicht wert, dass du noch daran denkst, was er dir angetan hat. Mit der Zeit wirst du es vergessen.«
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Weil ich, kurz bevor ich geflohen bin, während er noch schlief, in sein Gepäck gesehen habe. Dort habe ich ein kleines Meisterwerk entdeckt, Die Quadriga .«
Mathilde löste sich schlieÃlich von ihrer Mutter und wischte sich Augen und Gesicht trocken.
»Emmanuel Riccio, dem ich in Lyon begegnet bin, hat mir davon erzählt.«
»Riccio! Unser Geschäftspartner in Brüssel?«
»Er hätte mir geholfen, wenn er gekonnt hätte. Aber ich bin Frescobaldi in Avignon begegnet. Oh Mama, ich habe ihm dieses kleine Kunstwerk gestohlen.«
»Wo ist es?«
»Ich habe es im Garten versteckt. Ich will es nicht zurückgeben. Ich will es François schenken.«
»Du wirst es auf keinen Fall zurückgeben, genauso wenig wirst du es dem König schenken, zumindest nicht im Moment. Lass mich darüber nachdenken.«
Sie schloss ihre Tochter erneut in die Arme und trocknete ihre letzten Tränen.
»Jetzt musst du vergessen und dich erholen.«
21.
Wie am Ende jeder Woche erwartete Properzia Alix in der Werkstatt an der Place Foire-le-Roi. Sie verlieà Azay-le-Rideau, um ihre Freundin zu sehen und sie weiterhin im Zeichnen zu unterrichten. Bald wäre Alix so weit, die künstlerischen Anforderungen der Renaissance zu erfüllen.
Im Allgemeinen legte sich Alix, nachdem sie einige Stunden gearbeitet hatten, auf die Steinbank vor der Mauer und nahm den Gesichtsausdruck an, den Properzia von ihr verlangte. Properzia fertigte eine Skulptur von ihr, die sie in der Position zeigte, die sie bei der Frau von Putiphar so geliebt hatte. Dabei griff Properzia auf die denkwürdige Zeichnung mit dem leidenschaftlichen Ausdruck zurück, die ihr wütender Gläubiger mitgenommen hatte.
Nach dem Tag, den sie einmal die Woche ihrer Freundin widmete, kehrte Properzia nach Azay zurück und setzte ihre Arbeit für Philippa Lesbahy fort.
Wie üblich schloss Alix sie in die Arme. Als Properzia ihre Freundin anschlieÃend aufmerksam betrachtete, bemerkte sie eine Sorgenfalte auf der sonst heiteren Stirn von Alix.
»Was ist mit dir, Alix?«
»Ach, ich sorge mich um Mathilde.«
Ein Augenblick verstrich, in dem das einzige Geräusch von einem Windstoà rührte, der an der Tür rüttelte. Als Properzia stillschweigend wartete, dass ihre Freundin sich ihr anvertraute, ging Alix langsam zum Tisch, auf dem ihre Entwürfe auf sie warteten.
Properzia betrachtete sie mit undurchdringlicher Miene und stieà lediglich einen langen Seufzer aus, als wolle sie dem Gefühl ihrer Machtlosigkeit Ausdruck verleihen. Verglichen mit ihrer unkomplizierten Zwillingsschwester war Mathilde ein seltsames Mädchen.
Dann lieà sie den Blick durch die Werkstatt gleiten. Sie war nicht sehr groÃ, verfügte jedoch über einen groÃen Hof, der es Properzia erlaubte, ihre Marmor- und Granitblöcke sowie andere Steine dort zu lagern, auch wenn ihr in Azay viel Platz zur Verfügung stand.
Alix hatte sie gerettet, indem sie sie im Val de Loire untergebracht hatte. Die Angelegenheit mit ihrem Gläubiger, der ihre Freunde in die Sache hineingezogen hatte, war glücklich zu Ende gegangen. Dank Philippa, die entschlossen war, eine der ersten groÃen Vertreterinnen der Renaissance zu werden, hatte Properzia wieder Hoffnung gefasst. Château Azay würde wie Chaumont, das von Charles dâAmboise umgebaut wurde, und Chenonceau, das ebenfalls eine neue Gestalt erhielt, eines der schönsten Schlösser an der Loire sein.
Natürlich litt Properzia darunter, in ihrer Freiheit eingeschränkt zu sein, da Philippa sie unablässig mit Beschlag belegte. Sie akzeptierte lediglich, dass
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