Die goldene Königin
den Fingern über den Schnabel von Achille.
»Maaaathilde! Maaaathilde!«
»Ach, mein Hübscher, hast du sie gesehen? Wo ist sie?«
»Maaathilde! Maaathilde!«
Marguerite klopfte dreimal leicht an die Tür des Vorzimmers des Königs. Zwei weitere Diener öffneten ihr. Ein Lakai verneigte sich und führte sie direkt in das Zimmer ihres Bruders.
»Euer Sieg in Marignan, Sire, wird in die Geschichte eingehen«, sagte Duprat gerade an François gewandt, der, in ein elegantes Batisthemd gekleidet, mit groÃen Schritten den hinteren Teil des Raumes durchmaÃ.
Louise hob den Kopf und blickte in Richtung Tür.
»Komm herein, meine Tochter. Tritt ein. Ich erwarte dich schon seit einiger Zeit.«
»Ich habe auf dem Kirchplatz haltgemacht. Man hat dort einen Mönch ausgepeitscht.«
»Himmel! Noch einer von diesen heidnischen Prälaten. Was hatte er angestellt?«
»Das Volk behauptete ziemlich scheuÃliche Dinge über ihn, Mutter. Angeblich weigerte er sich, den Mädchen die Absolution zu erteilen, wenn sie sich nicht vor ihm entkleideten.«
Louise rang die Hände und wandte den Blick zur Decke.
»Es gibt keinen Glauben und keine Religion mehr!«
Sie wandte sich an ihren Sohn: »Eine ziemlich schwierige Aufgabe, um die du dich bis in die untersten Schichten kümmern musst.«
Marguerite küsste ihre Mutter und ging zum König. Er nahm sie in die Arme, drückte sie an sich und küsste sie auf die Lippen.
»Wie immer verführerisch, mein Herzchen!«
Marguerite befreite sich lachend aus den Armen ihres Bruders. Aber der fasste sie um die Taille und kehrte mit ihr zu seiner Mutter zurück, die vor dem groÃen, königlichen Bett stand, an dem die Vorhänge aus Seidenbrokat zurückgezogen waren.
»Ganz bestimmt, Mutter. Die Mönche machen es sich zu leicht. Darum müssen wir uns kümmern. Sobald das Konkordat abgeschlossen ist, nehmen wir uns der Angelegenheit an.«
Marguerite trat auf den Berater zu und reichte ihm die Hände. Rasch lieà er den Blick über ihre Gestalt gleiten. Sie trug heute ein Kleid, dessen Farbe an Möwen erinnerte, die an einem sonnigen Wintertag über der Loire kreisten, und das Grau ihrer Augen auf besonders hübsche Weise betonte.
»Ich habe erwartet, Euch hier zu finden, Monsieur Du-prat.«
Der Berater, der sich anscheinend nicht für die Religion interessierte, nutzte die Gelegenheit, auf sein Gespräch zurückzukommen.
»Ich sagte gerade zu Eurer Hoheit, dass der Sieg von Marignan in die Geschichte eingehen wird.«
»Ganz gewiss, mein guter Duprat«, erwiderte François. »Aber Ihr weigert Euch, nun von dieser Eroberung zu profitieren.«
»Ein zu baldiger erneuter Feldzug in Italien wäre verhängnisvoll. Glaubt mir, Sire. Warten wir, bis die Lage, die diesen Sieg begünstigt hat, sich etwas beruhigt hat. Dann sehen wir klarer.«
»Ihr redet wie meine Mutter, Duprat!«
Der Berater strich sich mit seinen kurzen dicken Fingern über die Stirn und weiter über den bereits recht kahlen Schädel. Lediglich ein paar Strähnen fielen in seinen Nacken.
»Das kommt daher, weil wir gerade darüber gesprochen haben und uns einig sind.«
Duprat dirigierte seine kurzen Beinchen, die den üppigen Körper trugen, zu Louise. Die beiden Frauen hatten auf dem kleinen leuchtend roten Samtkanapee neben dem groÃen Kamin aus weiÃem Marmor Platz genommen.
»Den Sieg jetzt auszuschlachten, wäre ein Fehler, mein Sohn.«
Durch den Wandbehang, der den Bereich gegenüber des groÃen Bettes direkt neben dem Kamin abteilte, brachten zwei Diener das Wams des Königs herein. Es war gelb und mit schwarzen und silbernen Paspeln eingefasst. François sah, dass Marguerite sich erhob.
»Die Beinlinge passen nicht dazu«, sagte sie, während sie dem Diener das Wams abnahm.
Doch da eilten bereits zwei Kammerzofen herbei, von denen eine einen Beinling aus gelber, die andere einen aus weiÃer Seide in der Hand hielt.
»Suche den aus, der dir gefällt, mein Herz«, forderte der König Marguerite auf.
»Der gelbe, François. Ton in Ton kleidet dich immer ganz besonders gut. Nicht wahr, Mutter?«
Sie wandte sich an die Bediensteten:
»Bringt eine gelbe Hose. Damit man sieht, wie die Farbe beim König wirkt.«
Duprat, der sich nicht für die besondere Wirkung der königlichen Kleidung
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