Die goldene Königin
aufzunehmen und ihn zu pflegen.«
»Hoffen wir aber auch«, antwortete Blanche ebenfalls flüsternd, »dass ihm das eine Lehre ist.«
»Gehen wir! Das Ende des Schauspiels ist nichts für uns.«
Sie entfernten sich so schnell wie möglich von dem Elend, banden ihre Pferde los und ritten schweigend bis zum Eingang des Schlosses, wo Philibert sie erwartete, um ihnen die Stuten abzunehmen.
»Ich muss zu meiner Mutter, Blanche. Ich werde heute Abend mit ihr essen. Wartet also nicht auf mich. Und wenn Alix und Mathilde nach mir fragen, sagt ihnen, dass ich sie morgen treffe.«
Als sie durch die von Kreuzfenstern erhellten Flure lief, hoben die Hellebardiere ihre Lanzen.
Zwei Pagen, die im Dienst der Duchesse dâAngoulême standen, erschienen unvermittelt am Ende des Flurs und begrüÃten Marguerite auf angemessen höfische Weise.
Die junge Frau lächelte. Der eine von ihnen war noch ein richtiger Junge, etwas ungelenk, aber liebenswert. Seine Augen funkelten wach und intelligent.
»Wie heiÃt du?«, fragte Marguerite.
»Ich bin der Neffe von Seigneur de Saint-Gelais.«
Sie musterte ihn von Kopf bis FuÃ: seine blonden Haare, die goldbraunen Augen und sein sanftes Lächeln, das sie an jemand aus ihrer Jugend erinnerte.
»Seigneur Saint-Gelais! Sieh an! Stammt er nicht aus der Familie des Erzbischofs von Angoulême?«
»Das ist richtig, Duchesse. Das ist mein GroÃonkel. Ich bin der Neffe von Jean de Saint-Gelais.«
Marguerite umfasste das zierliche Kinn des Jungen. Sofort suchten seine klaren goldbraunen Augen ihren Blick, woraufhin sie sogleich von ihm ablieÃ.
»Dame dâAngoulême und ich haben deinen Onkel gut gekannt. Wusstest du das?«
»Dame dâAngoulême hat es mir wiederholt gesagt.«
»Und möchte dein GroÃonkel, Erzbischof de Saint-Gelais, nicht, dass du in den Orden eintrittst?«
»Ich verspüre kein Verlangen danach, Madame. Ich möchte ein Ritter werden.«
Marguerite nickte lächelnd mit dem Kopf.
»Da hast du recht«, bestätigte sie. »Mit wenigen Ausnahmen, zu denen dein GroÃonkel zweifellos zählt, verkennen die heutigen Priester den wahren Glauben. Aber«, fügte sie hinzu, wobei sie diesmal die Hand des Jünglings ergriff, »du hast mir nicht deinen Vornamen verraten.«
»Guillaume, Madame.«
»Der Name passt gut zu dir. Nun, Guillaume, hol mir Suzon, die Kammerfrau meiner Mutter, und sag ihr, dass sie Prunelle in die Privatgemächer des Königs bringen soll. Ich begebe mich jetzt dorthin. Ach! Und kannst du mir sagen, ob du eine Demoiselle gesehen hast, die Mathilde heiÃt und in Begleitung ihrer Mutter ist?«
»Nein, Madame.«
»Gut, du kannst gehen.«
Der Junge lächelte zufrieden. Dass die Tochter der Dame dâAngoulême, die Prinzessin des Valois, ihm Anweisungen gab, erfüllte ihn mit Freude. Er machte eine schnelle Kehrtwendung und lief in Richtung der Gemächer, in denen man Marguerite untergebracht hatte.
Vor der Tür zu den Privatgemächern des Königs stieà Marguerite auf den Leiter der Wachen, der sich etwas zu unterwürfig verneigte und sie passieren lieÃ.
Im ersten Salon kamen zwei weitere Pagen auf sie zu. Doch sie wich ihnen lächelnd aus und setzte ihren Weg fort.
Ein Diener öffnete ihr die Tür, und zwei Kammerzofen, die plötzlich wie aus dem Nichts auftauchten, verbeugten sich und hinterlieÃen einen lieblichen Duft von Malven und Frühling.
Eine Dienerin fragte, ob sie nicht ein Getränk zu sich nehmen wolle, bevor sie den König und seine Mutter traf, die sicher in Begleitung von Duprat war.
Aus dem groÃen goldenen Käfig, den François mit in seine Gemächer nehmen wollte, grüÃte Achille, der Papagei, die junge Frau:
»Daaa iiist Marrrguerrrrite! Daaa iiist Marrrguerrrite!«
Sie lachte und blieb stehen. Der Papagei flatterte aufgeregt mit den Flügeln, klammerte sich mit den Krallen an die Holzstange, auf der er saÃ, und drehte zwei oder drei Pirouetten. Dann bettelte er mit seinem orangefarbenen Schnabel darum, dass Marguerite ihn streichelte.
»Ja, mein Schöner. Du bist ja ziemlich aufgedreht heute Abend.«
Sie lieà ihn in ihrer Hand picken.
»Aber, sag mal, Achille, wärst du nicht glücklicher in der groÃen Halle unseres Schlosses in Amboise?«
»Glllücklicher! Glllücklicher!«
Marguerite strich mit
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