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Die goldene Königin

Die goldene Königin

Titel: Die goldene Königin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jocelyne Godard
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war.
    Â»Sie hat recht«, bestätigte die Alte und deutete mit dem Kopf auf die Wäscherin. »Man muss ihn kastrieren. Dann vergeht ihm die Lust, den Beichtkindern lüsterne Blicke zuzuwerfen.«
    Â»Den Beichtkindern!«, rief Blanche aus.
    Â»Dame!«, sagte die Alte und klopfte aufgebracht mit ihrem Stock auf den Boden. »Es ist während der Beichte geschehen. Als ob man jetzt noch Vertrauen in die Beichte haben könnte!«
    Der Schmied ließ von seiner Lederschürze ab und entgegnete mit tiefer Stimme:
    Â»Unsinn! Hundert Schläge für ein solches Märchen!«
    Â»Ein Märchen!«, brüllte die Wäscherin und trat den Wäschekorb gegen seine Beine.
    Â»Von wegen Märchen«, schrie die Alte wieder, »ich gebe dir Märchen, dass du dich wunderst.«
    Â»Hört euch die Alte an!« Der Schmied brach in schallendes Gelächter aus. »Das Mädchen hatte eben einladende Brüste!«
    Bei diesen Äußerungen mussten Marguerite und Blanche nicht weiter nachfragen. Jede Einzelheit wurde entsprechend schlüpfrig, verdorben und sadistisch kundgetan, ohne Mitgefühl oder Herzenswärme.
    Nach den ersten zwanzig Peitschenhieben hörte der Peiniger auf. Er wischte sich mit dem breiten Aufschlag seines Mantels über die schweißbedeckte Stirn, betrachtete die zufriedene Menge, setzte dann seine finstere Arbeit mit vollem Einsatz fort und freute sich, als die Meute mit ihm zählte.
    Nach und nach bedeckten lange blutige Striemen den Rücken des Gefolterten. Seine Kutte war auf den Boden gefallen und entblößte seine Schenkel, die nun ebenfalls Peitschenhiebe erleiden mussten.
    Ein großer magerer Bursche von ungefähr fünfzehn Jahren mit einem dichten roten Haarschopf und einem Gesicht voller Sommersprossen hielt ein junges Mädchen in Holzpantinen im Arm.
    Â»Was hättest du getan, wenn der Pfarrer das von dir verlangt hätte?«, flüsterte er dem Mädchen ins Ohr.
    Sie fing an zu lachen.
    Â»In die Gefahr komme ich nicht«, antwortete sie, »ich gehe nicht zur Beichte.«
    Der Kerl gab ihr einen dicken Kuss auf den Hals. Erneut brachen sie in Gelächter aus und scherten sich nicht um das Schauspiel, das sich vor ihren Augen ereignete.
    Â»He, ihr Turteltauben!«, höhnte ein unkultivierter Rohling mit blondem Schopf, der seinen Körper in einen langen schwarzen Umhang gehüllt hatte und den Kopf zur Hälfte unter einem Federhut verbarg, »wenn euch das Schauspiel nicht interessiert, überlasst anderen den Platz.«
    Der große Rothaarige zuckte mit den Schultern und ließ seine allerdings ziemlich erbärmlichen Muskeln spielen, zog sich in die hinteren Reihen zurück und nahm seine Begleiterin mit sich.
    Da der Mann mit dem Federhut ein besonderes Interesse an dem Ereignis zu haben schien, meinte die Händlerin, die er links von sich bedrängte, sagen zu müssen:
    Â»Es ist anscheinend nicht das erste Mal.« Sie sprach leise, aber vernehmlich und versicherte sich auf den umliegenden Gesichtern der Wirkung ihrer Enthüllung. »Offenbar hat er sich an mehr als einer in der Beichte vergangen!«
    Der Mann mit dem Hut erwiderte nichts. Anscheinend konnte er den Blick nicht von dem Gepeinigten losreißen.
    Also wandte sich die wackere Händlerin zur anderen Seite, wo ihre Enthüllungen offenbar auf mehr Resonanz stießen.
    Â»Hätte er ihr die Absolution erteilt, hätte die Kleine vielleicht nichts gesagt!«
    Der Vollstrecker hielt erneut inne und legte seine Peitsche auf den Boden, um sich die schweißbedeckte Stirn besser abwischen zu können. Langsam wandte er sich der Menge zu, genoss ihren Anblick, atmete tief ein, griff erneut zu seinem Folterinstrument, ließ es langsam von einer Hand in die andere gleiten und setzte seine Arbeit fort.
    Der Mönch schrie nicht mehr, zweifellos hatte er bereits das Bewusstsein verloren. Seine Haut war aufgesprungen und hing an manchen Stellen in blutigen Fetzen herab. Man hörte nur noch das Pfeifen der Peitsche sowie das dumpfe Geräusch, das die Peinigung des Körpers begleitete. Die Menge hatte aufgehört zu scherzen, zu spotten und zu tratschen. Man konnte meinen, dass sie sich nun fast wünschte, der Vollstrecker möge seine unerträgliche Aufgabe beenden.
    Â»Er ist ganz sicher bewusstlos«, flüsterte Marguerite. »Hoffen wir, dass ein barmherziger Passant sich traut, ihn bei sich

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