Die goldene Königin
kleinen Koffer mit silbernen Verzierungen. Zwei Diener hielten ein goldenes Tablett, auf dem sie Ketten, Medaillen, Achselschnüre und Schnallen ausbreiteten.
»Du sprichst zwar nicht gut Italienisch, François, aber dein Englisch ist sehr gut. Könntest du den Unterricht nicht fortsetzen?«
Der König nahm eine Goldkette mit einem ziselierten Verschluss und bedeutete ungeduldig, die Medaillen auszubreiten, die er daran befestigen konnte.
»Wenn Marguerite für mich übersetzt, Mutter, mache ich mir überhaupt keine Sorgen!«
Louise betrachtete ihren Sohn, der die groÃe Medaille mit dem Salamander seiner Vorfahren ausgewählt hatte. Sie seufzte. Gott! Sie hatte gut daran getan, ihrer Tochter eine gute Erziehung angedeihen zu lassen, damit sie ihren Bruder unterstützen konnte.
Louise richtete den Blick auf Marguerite, die ihren Bruder äuÃerst zufrieden von Kopf bis Fuà musterte.
Stolz legte er zu seinem glänzenden Kostüm die Medaille mit dem Salamander um. Der junge Monarch wirkte trotz seiner kleinen Augen und seiner groÃen Nase vollkommen.
Er strahlte. Ganz anders als der Duc de Bourbon, der vielleicht sehr schön, aber so finster und ernst wirkte. Seit seine hässliche, kränkliche Frau nicht wie erwartet verschieden war, sondern ihm einen Sohn geschenkt hatte, den François bei der Taufe über das Becken gehalten hatte, sah Louise ihren intimen Freund nicht mehr.
Nachdem man Charles de Bourbon zum Kammerherrn des Königreichs ernannt hatte, zeigte er kein Interesse mehr an Louise.
6.
Mathilde brauchte eine Weile, um das Bild des Chevaliers Bernardin des Baux zu vergessen. Sie ersetzte es schlieÃlich durch das von François und fand ihr seelisches Gleichgewicht wieder, das sie brauchte, um die Zeit mit ihrer Mutter genieÃen zu können.
Marguerite konnte sich momentan nicht um Mathilde kümmern, da sie die Zeit bis zu seinem erneuten Aufbruch nach Italien mit ihrem Ehemann verbrachte. Diesmal würde er ohne den König reisen, der einige Zeit in Frankreich zu tun hatte. Vielleicht würde Mathilde mit Alix zurück nach Hause fahren, um wieder an den Hof zurückgerufen zu werden, kaum dass sie im Val de Loire eingetroffen war.
Im Geschäft von Jacques Mirepoix, dem Bruder ihres Freundes Domherr André, einem groÃen Seidenhändler, Geschäftsmann sowie Finanzier und Geldgeber der angesehensten Lyonaiser Familien, lernte Alix Properzia de Rossi kennen. Sie befand sich in Begleitung des Malers Pieter van Aelst, der schon häufig hübsche Kartons für ihre Tapisserien gezeichnet hatte.
»Wie geht es meinem Bruder?«, erkundigte sich Jacques Mirepoix freundlich zur BegrüÃung.
»Ach, ganz hervorragend! Als er mich das letzte Mal zum Souper besucht hat, schien er mir in exzellenter Verfassung zu sein.«
»Ich habe gehört, dass der Erzbischof Martin de Beaune einige Auseinandersetzungen mit seinem Vater hatte. Was sagt André dazu?«
»Ach Jacques, Sie wissen doch, dass er sich um die Finanzen der Kirche erst Gedanken macht, wenn die Kunst ins Spiel kommt. Seine Sorgen sind von daher nicht dieselben wie die unseres Erzbischofs in Tours. Und seit sein Vater Baron de Semblançay ist, hält ihn nichts mehr auf.«
Alix hätte gern noch weiter über die Finanzen der Comtesse dâAngoulême gesprochen, die Regentin von Frankreich geworden war, und von der die neue Familie Semblançay nicht unerheblich profitierte. Ein heikles Thema. Doch an diesem Punkt endete die Unterhaltung, und Alix wandte sich zu dem Maler um, wobei sie ausgiebig die Frau in seiner Begleitung betrachtete. Ihre Blicke trafen sich.
»Ich freue mich, Euch wiederzusehen, Maître van Aelst.«
»Und ich erst, Alix! Wie ergeht es Euch, seit die Renaissance für Aufruhr sorgt?«
»Es ist richtig, dass die Zeiten sich ändern und die Kunstwelt sich weiterentwickelt. Was mich angeht, so halte ich van der Weyden und van Eyck noch immer für die gröÃten Maler ihres Jahrhunderts, aber ich bewundere sie nicht mehr.«
»Wen bewundert Ihr nun?«
»Michelangelo und Raffael.«
»Und der groÃe da Vinci?«, erkundigte sich van Aelst mit glänzenden Augen.
»Den habe ich natürlich nicht vergessen. Aber ich gebe zu, dass er sich an jenem Tag, als ich ihn bei dem florentinischen Gonfaloniere van de Veere kennengelernt habe, kaum für die Millefleurs interessierte, die ich
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