Die Goldgräber-Bande
keinen Wolmhus und auch keinen Brestler, wie die
Klingelknopf-Schilder verrieten.
„Irene Lobitz wohnt woanders“,
sagte Tim. „Wir gucken ins Telefonbuch.“
Das fanden sie in einer
Telefonzelle beim nächsten Zweig-Postamt.
Nach den drei Namen forschten
sie vergebens. „Wahrscheinlich“, sagte Tim, „ist die Lobitz noch nicht lange
hier. Den Laden hat sie jedenfalls erst seit kurzem. Bis Ende April war da noch
das Büro einer Sekte drin.“
„Im Geschäft hat sie Telefon“,
sagte Klößchen. „Das wissen wir doch. Im Telefonbuch steht’s noch nicht. Weil
Telefonbücher jährlich nur einmal aufgelegt werden. Also kann auch ihr
Privatanschluß noch nicht drin sein.“
„Absolut richtig, Willi!“
nickte Tim. „Rufen wir die Auskunft an.“
„Die teilt keine Adressen mit“,
wußte Karl. „Nur die Rufnummern. Adressen dürfen sie nicht weitergeben.“
„Ich versuch’s mit einem
Trick.“
Tim griff zum Hörer und wählte
1188 — die Auskunft für Inland.
Eine knatschköpfige
Männerstimme meldete sich: „Auskunft Platz soundso“ — offenbar stank’s dem
Auskunftler, daß er Sonntagsdienst machen mußte.
„Ich hätte gern“, sagte Tim,
„eine Rufnummer hier in der Stadt. Die Teilnehmerin heißt Irene Lobitz.“
Es dauerte nur Sekunden. „64 16
66.“
„Ist das die Frau Lobitz aus
der Brandenburger-Straße?“
„Nur eine Irene Lobitz ist
verzeichnet.“
„Brandenburger-Straße, ja?“
„Nein.“
„Sondern?“
„Wir nennen keine Adressen.“
„Aber wenn...“
„Irene Lobitz 64 16 66“, fiel
der Knatschkopf ihm ins Wort. „Sonst habe ich hier nichts.“
„Na, dann besten Dank!“ Tim
legte auf.
„Hat nicht geklappt“, stellte
Klößchen fest.
Tim wandte sich an seine
Freundin. „Jetzt bist du dran. Bei der Lobitz. Ein Dreikaräter. Notverkauf.
Adresse von Oma Unken. Ob du ihn vorbeibringen kannst. Hm?“
Gaby nickte. Er wählte für sie
und gab ihr den Hörer.
Die Jungs lauschten, Köpfe
vorgeschoben, Ohren gespitzt. „Ja, bitte?“ meldete sich eine Männerstimme.
„Hier ist Melanie Wrangl.“ Gaby
bemühte sich, eine Oktave tiefer zu sprechen. „Ist das der Anschluß von Frau
Irene Lobitz?“
„Augenblick, ich hole sie.“
Alle sahen Karl an, während
Gaby die Hand über die Sprechmuschel deckte.
Er hob die Achseln. „Ich bin
mir nicht sicher. Es könnte dieser Charles sein.“
„Lobitz“. Jetzt war’s die
Juweliersdame.
„Melanie Wrangl“, sagte Gaby.
„Tag, Frau Lobitz. Sie wurden mir empfohlen von meiner mütterlichen Freundin
Bettina von Unken. Entschuldigen Sie, daß ich zum Sonntag anrufe. Aber es
pressiert (eilt) mir. Ich möchte meinen Dreikaräter verkaufen. Ja, einen
Diamanten. Schöner Goldring. Leider muß ich mich von ihm trennen. Würden Sie
ihn in Kommission nehmen?“
„Gern, Frau Wrangl. Morgen früh
ab neun Uhr bin ich im Geschäft.“
„Ich fahre mit dem ersten Zug
nach Frankfurt. Mich vorstellen. Eine neue Stellung. Und dann geht’s weiter
nach Hamburg. Ist es sehr vermessen, wenn ich Ihnen den Ring noch heute
vorbeibringe?“
„Also gut, ich erwarte Sie.“
„Ihre Adresse?“
„Rikscha-Weg 12.“
„Das werde ich schon finden.
Hauptsache, mein Wagen springt an. Ich fahre gleich... ach so“, sie las das
lautlos geformte „wo?“ von Tims Lippen, „wo ist denn das?“
„Draußen im Westend — hinter
dem TÜV-Gelände.“
„Danke! Bis gleich dann.“ Gaby
legte auf.
„Großartig, Pfote!“ lobte Tim.
„Es tut einem richtig leid, daß du ihn weggeben mußt — deinen tollen
Diamanten.“
„Nichts leichter als das“,
lachte Gaby und blies in die hohle Hand.
23. Welke Rosen
Kleine Betriebe, die Dreck
absonderten, Ruß auf den Mauern. Alte Häuser dazwischen. Sogar winzige
Grünanlagen, in denen erstaunlich viel blühte. Ein Bahndamm durchzog das
Stadtviertel und wurde auf beiden Seiten von Sträuchern und Gestrüpp begleitet.
Der Rikscha-Weg war eine
trostlose, jetzt leere Straße mit Einfahrten, Mauern und unbebauten
Grundstücken. Neben Nr. 12 verlief eine namenlose Gasse. Von dort näherte sich
die TKKG-Bande.
An der Ecke machten sie halt,
abgeschirmt von einer Hecke, in der leere Bierflaschen steckten und
Plastikbecher.
„Schweinepack!“ meinte Gaby und
machte darauf aufmerksam. „Wer heute noch die Umwelt verschandelt, der hat
nicht mehr alle!“
Tim spähte zu Nr. 12.
Ein altes Haus, zurückgesetzt
von der Straße, mit einem geteerten Vorplatz. Ein Stück Holzzaun gab’s noch.
Eine
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