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Die Goldhaendlerin

Die Goldhaendlerin

Titel: Die Goldhaendlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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Ohren, dass sie beinahe überhörte, wie die Königin sie aufforderte zu sprechen. Mit gebeugtem Rücken blieb Lea stehen und kämpfte gegen ihre Schwäche an.
    »Ich bin Eurer Majestät sehr dankbar, vor Euch erscheinen zu dürfen.«
    »Ihr seht verstört aus, Saint Jacques.« Es war nicht zu erkennen, ob die Königin sich darüber amüsierte oder sich ärgerte, weil man ihr die Zeit stahl.
    »Als ich von meiner Reise zurückkehrte, traf ich kurz vor Granada auf Señor Colombo. Er sagte mir, dass er auf dem Weg nach Frankreich sei, um Karl VIII. um Schiffe zu bitten.« Das war keine sehr diplomatische Einleitung, aber Lea hatte keine bessere gefunden.
    Die Königin wirkte leicht verärgert. »Wie kommt Ihr gerade auf ihn?«
    »Ich weiß, dass Eure Majestät ihn gerne nach Indien geschickt hätte, aber …« Lea brach ab und prüfte die Wirkung ihrer Worte.
    Isabellas Lippen wurden schmal wie ein Strich. »Ich habe nicht das Geld, um seine Fahrt bezahlen zu können, und das Angebot Luis de Santangels war nicht mit der Ehre Kastiliens vereinbar.«
    Es klang ablehnend, ja sogar feindselig. Jeder andere wäre nun mit einer Verbeugung gegangen und hätte mit seinem Begehren gewartet, bis die Königin besserer Laune wäre. Lea glaubte jedoch, die Königin genau dort zu haben, wo sie es wünschte. »Was forderte Don Luis denn von Euch?«
    Diese Frage zu stellen grenzte an Unverschämtheit, doch die Königin wirkte eher verwirrt als wütend. Sie musterte Lea, die in ihrer Tracht wie ein hübscher Bursche von achtzehn Jahren wirkte, und entschied sich für ein nachsichtiges Lächeln. »Santangel wollte Rechte am Handel und an Land, die nur der Krone zustehen. Da war unakzeptabel.«
    Lea war nicht ganz dieser Ansicht, doch sie hatte oft genug gehört, dass die Königin bei aller Liebenswürdigkeit streng und unduldsam sein konnte. Auch nahm sie es als gegeben an, dass der Herzog von Montoya und seine Verbündeten alles getan hatten, um Isabella gegen Santangels Vorschläge einzunehmen.
    »Ich wäre bereit, Colombos Fahrt ohne solche Forderungen zu finanzieren, nur für die Gewährung einer kleinen Gunst.« So klein war die Gunst zwar nicht, die Lea im Sinn hatte, doch sie musste der Königin den Köder erst schmackhaft machen.
    »Ihr? Wie wollt Ihr denn das Geld für diese Expedition aufbringen?« Es lag ebenso viel Verwunderung wie Spott in Isabellas Worten.
    Lea zog die Anweisung, die sie von dem Bankier Barillo in Alicante erhalten hatte, unter ihrem Wams hervor. Dabei sah sie den Schatten eines in der Nähe stehenden Gardisten, der sich bereitmachte, einzugreifen, falls ihre Hand einen Dolch halten sollte. Der Mann zog sich jedoch wieder etwas zurück, als er sah, dass der Besucher der Königin ein Stück Papier überreichte.
    »Euer Majestät, für dieses Schreiben erhalten Eure Bankiers vierzigtausend Reales in Gold. Das dürfte reichen, Cristoforo Colombo mehr als einmal nach Indien zu schicken.« Lea lächelte bei diesen Worten in sich hinein, denn ihr war bewusst, dass es sich bei dieser Summe um das Geld handelte, das der Herzog von Medicaneli von ihr oder besser von Orlando für seine Hilfe gefordert hatte, nämlich um den Gegenwert jener Schätze, welche die geflohenen Juden und Conversos hatten zurücklassen müssen und die bislang nicht außer Landes geschafft werden konnten.
    Die Königin las das Schreiben aufmerksam durch, faltete es vorsichtig wieder zusammen und legte es unter ein Stück spiegelnd blank geschliffenen, grünen Marmor, das zwischen den Akten auf dem kleinen Tisch neben ihr lag und ihr als Briefbeschwerer diente. »Welche Gunst fordert Ihr von mir?«
    »Das Leben eines Mannes.«
    Im gleichen Augenblick wurde Lea klar, dass es ab jetzt nicht mehr allein um Orlando ging, sondern auch um sie selbst, von Medicaneli und seinen Freunden ganz zu schweigen. Wenn Isabella ablehnte, dann war auch sie in höchster Gefahr. Als die Königin zögerte, sah sie sich schon auf demselben Scheiterhaufen brennen wie Orlando. Auch gut!, sagte eine Stimme in ihr. Dann sind wir wenigstens im Tod vereint. Isabella schien den seltsamen Bittsteller vor ihr im eigenen Saft schmoren zu wollen, denn sie ließ sich Zeit.
    »Wessen Leben?«, fragte sie nach ein paar Atemzügen hörbar misstrauisch.
    »Das eines spanischen Edelmanns, der sein Heimatland verlassen musste und so unglücklich war, sich den Zorn Seiner Gnaden, des Herzogs von Montoya, zuzuziehen.« Nun gab es kein Zurück mehr, dachte Lea und fühlte sich

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