Die Goldhaendlerin
gehabt und es nicht gern gesehen hatte, wenn ihr Mann Geschäfte mit ihm abschloss.
»Ich danke dir für diese Warnung und werde Le …« – er zögerte einen Augenblick und vollendete dann das Wort – »a und Samuel davon berichten.«
Ruben ben Makkabi strahlte. »Lea besitzt also großen Einfluss auf ihren Bruder. Das ist gut! Sie wird sich von Esra und Mirjam gewiss nicht blenden lassen.«
»Das wird sie ganz bestimmt nicht.« Jochanan erinnerte sich gut daran, wie erleichtert Lea jedes Mal gewesen war, wenn ihr Onkel und ihre Tante bei ihren nicht gerade seltenen Besuchen in Hartenburg das Haus wieder verlassen hatten. Mirjam hatte sie nach dem Tod ihrer Schwägerin nicht als Hausfrau akzeptiert, sondern sie so herablassend behandelt, als wäre sie eine Magd.
Ruben ben Makkabi forderte seinen Gast zum Trinken auf und zwinkerte ihm über den Rand seines eigenen Bechers verschwörerisch zu. »Lass dich von Esra auf keinen Fall überreden, ihn nach Hartenburg mitzunehmen. Er wollte mit dem Geld, das er von mir verlangt hat, dorthin reisen, um Jakob ben Jehudas Besitz einzufordern und sich bei eurem Markgrafen als neuer Hoffaktor einzukaufen. Jetzt, fürchte ich, wird er versuchen, deinen Herrn von seinem Posten zu verdrängen oder sich zu seinem Vormund aufzuschwingen und ihm seine Tochter Noomi als Gattin aufzuzwingen.«
Damit war die Katze aus dem Sack. Ruben ben Makkabi mochte Recht haben, was Leas Onkel betraf, doch er hätte herzlich wenig gegen ihn unternommen, wenn nicht seine eigenen Interessen auf dem Spiel ständen. Jetzt musste er nicht nur verhindern, dass Esras Tochter den Platz einnahm, den er seiner Hannah zugedacht hatte, sondern auch, dass ein anderer als er Einfluss auf Jakob ben Jehudas Erben nehmen konnte. Wäre Samuel noch am Leben, dachte Jochanan, würde er die Unterstützung durch einen erfahrenen, in sicheren Verhältnissen lebenden Schwiegervater wahrscheinlich sogar begrüßt haben. Ruben ben Makkabi sprach aus, was Jochanan gerade dachte. »Ich bin reich und besitze großen Einfluss bei Kaufleuten und Bankiers unseres Volkes in ganz Europa und sogar ein wenig darüber hinaus. Daher kann ich Samuel am besten helfen, das Erbe seines Vaters zu bewahren und zu mehren. Esra hingegen würde Samuel ausnehmen wie einen Karpfen, der für das Sabbatmahl gekocht werden soll. Sag das deinem Herrn. Es wird sein Schade nicht sein, wenn er mit meiner Tochter unter den Baldachin tritt.«
»Ich werde es ihm sagen«, versprach Jochanan leicht gereizt.
»Aber auch dafür ist es wichtig, dass mein Herr das Geld bekommt, mit dem er seine Schutzbriefe beim Markgrafen erneuern lassen kann. Sei also bitte so freundlich und händige mir die Summe aus, denn ich muss bald wieder aufbrechen, damit ich nicht zu spät nach Hartenburg komme.«
Ruben ben Makkabi strich sich nachdenklich über seinen Bart.
»Wäre Samuel ben Jakob persönlich zu mir gekommen, würde ich ihm die zweitausend Gulden sofort übergeben haben. Aber einem Knecht darf ich eine so große Summe nicht anvertrauen. Ich gebe dir ein Viertel. Damit kann Samuel den Markgrafen erst einmal vertrösten.«
Jochanan hatte das Gefühl, als hätte man ihn mit Eiswasser übergossen. »Aber L…, mein Herr braucht das ganze Geld. Der Markgraf wird sich auf keinen Fall mit einem Teil begnügen, sondern das restliche Hab und Gut der Familie beschlagnahmen und uns mit nichts als einem Hemd auf dem Leib aus der Stadt treiben lassen.«
Ruben ben Makkabi winkte ab. »Behauptet Samuel das? Da sieht man, dass er wirklich noch einer führenden Hand bedarf. Kein vernünftiger Mensch schlachtet die Kuh, die er melken will. Samuel hat sicher noch Geld zu Hause. Richte ihm aus, er soll dem Markgrafen ein Drittel der geforderten Summe als Anzahlung geben und ihm klar machen, dass er den Rest persönlich von seinen Schuldnern eintreiben muss. Euer Landesherr wird so froh sein um die Beutel voll Goldmünzen, die Samuel ihm zu Füßen legt, dass er gern zustimmen wird.«
Diese Überzeugung konnte Jochanan nicht teilen, aber als er seinen Gastgeber umzustimmen versuchte, blieb dieser zwar freundlich, gab aber um kein Haar nach. Für Jochanan sah es so aus, als wollte der Rabbi Samuel persönlich sprechen, um wegen der Heirat Druck auf ihn ausüben zu können, und er wollte ihm deswegen schon Vorwürfe machen. Dann aber erinnerte er sich daran, dass Jakob ben Jehuda bei dem Sohn eines seiner verstorbenen Geschäftsfreunde ähnlich gehandelt hatte. Leas Vater hatte
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