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Die Goldhaendlerin

Die Goldhaendlerin

Titel: Die Goldhaendlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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andererseits mussten aber auch die reichsten Juden den gelben Ring auf dem Mantel tragen, der sie der Verachtung und der Habgier der Christen preisgab. Saul hatte von den christlichen Kaufmannsfamilien der Fugger und Welser in Augsburg gehört, die so viel Einfluss besaßen, dass selbst der Kaiser etwas auf ihr Wort gab. So hoch hätte sein toter Herr Jakob ben Jehuda nicht einmal dann aufsteigen können, wenn er alle Schätze Ägyptens sein Eigen genannt hätte.
    Saul hatte auf seiner Reise beobachtet, wie die Gastwirte vor den reichen Kaufleuten buckelten, mehr sogar noch als vor Rittern und Grafen. Ein jüdischer Knecht wie er war ihnen jedoch keinen zweiten Blick wert gewesen, und sie hatten ihre Dienstboten angewiesen, ihn in einem abgelegenen Winkel unterzubringen, in dem es vor Dreck nur so stank, und das Essen, das man ihm vorgesetzt hatte, war teuer und kaum genießbar gewesen.
    Als Saul das bescheiden wirkende Wohnhaus des jüdischen Bankiers Zofar ben Naftali erreichte, leckte er sich vor Aufregung die Lippen. Ob er hier eine Möglichkeit fand, sein Schicksal zum Besseren zu wenden? Er schlug den einfachen Bronzering an und konnte kaum erwarten, dass ein Diener erschien und ihn nach seinem Begehr fragte.
    Saul wies Leas Brief vor und erklärte mit fester Stimme, ein Bote Samuel ben Jehudas aus Hartenburg zu sein. Der Diener bat ihn höflich zu warten und kehrte ins Haus zurück. Wenig später erschien er wieder und winkte Saul einzutreten. »Mein Herr ist im Augenblick beschäftigt. Nimm derweil in der Küche Platz. Die Köchin wird dir ein kräftigendes Mahl auftischen, damit du dich von deinem weiten Weg erholen kannst.«
    In Sauls Ohren klang das abgeschliffene Jiddisch des Mannes so fremdartig, dass er nachfragen musste, weil er ihn nicht auf Anhieb verstand. In Hartenburg gingen er und Jochanan tagtäglich mit Einheimischen um, daher sprach er das dort gebräuchliche Deutsch fast besser als seine Muttersprache. Wenn er auf seine Wortwahl achtete und andere Kleidung trug, konnte er sich als Christ aus der Gegend des Schwarzwalds ausgeben, während Zofar ben Naftalis Diener schon beim ersten Wort als Jude erkannt werden würde.
    Zufrieden, weil er dem anderen etwas Wichtiges voraus hatte, folgte Saul dem Mann in die Küche. Die Köchin, eine ältere, streng blickende Frau in sauberer, grauer Kleidung, stellte ihm wortlos einen Napf mit Brei und einen großen Becher Wasser hin, in den sie ein paar Tropfen Wein mischte. Saul versuchte, sie ein Gespräch zu verwickeln, um sie ein wenig über ihre Herrschaft und die jüdische Gemeinde auszuhorchen, doch die Frau blickte nicht einmal von ihrer Arbeit auf. »Iss und trink, damit du fertig bist, wenn der Herr dich rufen lässt!«
    Es wurde so ungemütlich in dem blitzsauberen Raum, dass Saul froh war, als der Diener zurückkehrte und ihm an der Tür schon zurief, Zofar ben Naftali wünsche ihn auf der Stelle zu sehen.
    »Mein Herr ist sehr besorgt über das, was unseren Brüdern in Sarningen zugestoßen ist, und hofft, du kannst ihm einiges darüber berichten. Aber schau, dass du ihm nicht nur die Zeit stiehlst.«
    »Sei unbesorgt. Ich habe einige Neuigkeiten für deinen Herrn, wenn auch keine guten.« Leicht enttäuscht von der Kargheit der Einrichtung folgte Saul dem Diener durchs Haus und wurde hinter einer unscheinbaren Tür im ersten Stock von einer prächtigen Ausstattung überrascht, die er niemals hier vermutet hätte. Es war, als betrete er eine völlig andere Welt. Dicke Teppiche in glühenden Farben bedeckten die Böden, kunstvoll bestickte Stoffbehänge die Wände, und den zierlichen Möbeln aus dunklem Holz entströmte angenehmer Kampferduft.
    Zofar ben Naftali, ein älterer Herr um die sechzig, saß in einer Fülle weicher, mit kostbaren Stoffen überzogener Kissen auf einem großen Sofa. Er trug einen prachtvollen Seidenkaftan, perlenbestickte Pantoffeln und einen Turban mit einem taubeneigroßen Saphir über der Stirn. Sein weißer Bart und seine Schläfenlocken waren mit Ölen gesalbt, deren Duft den ganzen Raum füllte. Neben diesem Mann würde Jakob ben Jehuda wie ein Trödelhändler gewirkt haben, fuhr es Saul durch den Kopf, und er empfand glühenden Neid auf einen Glaubensgenossen, der sich nach außen hin so bescheiden gab, wie es einem Juden zustand, in seinen eigenen vier Wänden jedoch wie ein Fürst aus dem Morgenland lebte.
    Der Knecht war so damit beschäftigt, den Hausherrn anzustarren, dass er die zweite Person im Raum erst

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