Die Goldhaendlerin
zusammenfaltete, schwangen in seinem Herzen immer noch die heiligen Worte, die er in der Gemeinschaft der anderen Gläubigen hatte sprechen dürfen. Zu dieser Stunde empfand er es als eine Strafe des Herrn, dass es in Hartenburg so wenige Juden gab und sie kein Bethaus hatten errichten dürfen, denn an diesem Tag hatte er erlebt, wie schön es war, Mitglied einer größeren Gemeinde zu sein. Zu seiner Beschämung musste er jedoch zugeben, dass er während der Gebete nicht nur an fromme Dinge gedacht hatte. Sein Blick war ein paarmal zu der vergitterten Empore hochgewandert, auf der die Frauen und Mädchen der Gemeinde Platz genommen hatten, und für einen kurzen Moment war in ihm der Gedanke aufgestiegen, in Ruben ben Makkabis Dienste zu treten. Wenn er hier lebte, würde er sich unter den hiesigen Mägden eine Braut suchen können und sicher auch die Erlaubnis zur Heirat erhalten. Die war in dieser Stadt gewiss nicht unerschwinglich hoch, denn der Magistrat von Augsburg tat viel für das Wohlergehen der Juden, auch gegen den Willen zahlreicher christlicher Mitbürger, die gerne vergaßen, wie viele Steuern durch diese kluge Politik in das Stadtsäckel flossen. Der Markgraf von Hartenburg verlangte von einem jüdischen Knecht mehr Geld für die Hochzeit, als dieser in seinem Leben verdienen konnte, und ließ auch nicht zu, dass eine Braut von außerhalb geholt wurde. Jakob ben Jehuda wäre bereit gewesen, die Heiratssteuer für ihn zu zahlen, aber dazu hätte er ihm eine der beiden Mägde als Braut präsentieren müssen. Für die magere, scheue Gomer empfand er jedoch nichts, und die hübsche Merab ließ ihn deutlich fühlen, dass sie sich für einen Knecht zu schade war.
Ruben ben Makkabis Eintritt unterbrach Jochanans Grübeln. Der Hausherr musterte den Knecht mit sichtlichem Wohlgefallen, legte ihm mit einer väterlichen Geste den Arm um die Schulter und führte ihn aus der geräumigen Kammer, die er ihm zur Verfügung gestellt hatte. »Ich bin überzeugt, dass du deinem jungen Herrn ein treuer Diener bist.«
»Ich hoffe, man ist mit mir zufrieden«, antwortete Jochanan ausweichend und fragte sich, was nun kommen mochte. Sein Gastgeber blickte ihn aufmunternd an. »Samuel besitzt einen klugen Kopf, und wird dich sicher zu schätzen wissen.«
Zu Jochanans Verwunderung brachte er ihn in die beste Stube des Hauses, die normalerweise nur Familienmitgliedern und hoch geehrten Gästen zugänglich war. Anders als in den schmucklosen und bescheidenen Räumen, die Jochanan bisher kennen gelernt hatte, waren die Wände hier mit bestickten Wandteppichen bedeckt, die religiöse Symbole und Sprüche aus dem Talmud trugen. Am schönsten fand Jochanan das Abbild eines siebenarmigen Leuchters, der von einem kunstvoll verschlungenen Schriftzug umgeben war.
»Gott wird uns auch aus diesem Ägypten befreien«, stand dort in hebräischer Schrift zu lesen.
Rubens Sohn Jiftach saß vor einem der Wandteppiche auf einem niedrigen Schemel und hielt einen Talmud in der Hand. Seine Schwester Hannah hatte in einer Ecke Platz genommen und stickte an einem weiteren Teppich, der wohl die Lücke über ihrem Kopf ausfüllen sollte.
Ruben ben Makkabi deutete mit einer weit ausholenden Geste auf die beiden. »Meine Kinder hast du ja bereits bei deinem ersten Besuch hier bei uns kennen gelernt. Sie sind nun in das Alter gekommen, in dem sie nach den Sitten unseres Volkes mit Ehegatten zusammen gegeben werden sollten. Ich hatte bereits mit Jakob ben Jehuda über eine Verbindung unserer Familien gesprochen. Wäre er nicht umgekommen, so hätten wir wohl noch heuer den Ehevertrag für Samuel und Hannah, sowie für Jiftach und Lea unterzeichnet. Samuel ist ein vortrefflicher junger Mann und der Erbe seines Vaters, und Lea wurde mir als fleißiges und energisches Mädchen beschrieben, das einen Haushalt wohl zu lenken weiß.«
Jochanan hatte von seinem Vater gehört, dass Jakob Goldstaub nicht nur wegen Eliesers Bar-Mizwa nach Sarningen gefahren war, sondern auch, um Ehegatten für seine beiden älteren Kinder zu finden, und vermutete nun, dass er Ruben ben Makkabis Drängen hatte entgehen wollen. Das wunderte den jungen Knecht, denn Jiftach ben Ruben und Hannah wären keine schlechten Partien für den Sohn und die Tochter des Hartenburger Hoffaktors gewesen. Ruben ben Makkabi ließ jedenfalls keinen Zweifel an seiner Absicht aufkommen, die von ihm ins Auge gefassten Ehen auch jetzt noch zu stiften.
Jochanan biss die Lippen zusammen. Da brauten
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