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Die Goldhaendlerin

Die Goldhaendlerin

Titel: Die Goldhaendlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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straffte sich die Leine, die sie um ihren Leib geschlungen hatte. Anscheinend war die Zeit abgelaufen, die Ketura für vertretbar hielt. Lea zog kurz am Seil, um der Magd zu zeigen, dass alles in Ordnung war und sie noch einen Augenblick weitermachen wollte. Schnell schaufelte sie so viel zusammen, dass der Eimer voll wurde und der lederne Verschluss sich gerade noch zuziehen ließ. Halb ohnmächtig riss sie zweimal heftig an dem Seil und stieß sich mit letzter Kraft vom Boden ab, um der Magd die Arbeit zu erleichtern. Auf ihrem Weg nach oben schleuderten die wirbelnden Wasser sie gegen vorstehende Felsen und raubten ihr den letzten Atem. Sie würde heute Abend wohl kein Stück heiler Haut mehr besitzen, fuhr es ihr durch den Kopf. Dann schwanden ihr die Sinne.
    Einige Zeit später kam sie auf der Felsbank über der tosenden Sarn wieder zu sich, während Ketura sich immer noch abmühte, das Wasser aus ihren Lungen herauszupressen. Lea würgte, erbrach einiges von dem, was sie geschluckt hatte, und holte dann keuchend Luft.
    Ketura wischte sich den Angstschweiß von der Stirn. »Dem Gott unserer Väter sei Dank, du lebst noch. Ich habe mir schon schreckliche Vorwürfe gemacht, weil ich dachte, ich hätte zu lange gewartet.«
    »Mir geht es gut«, antwortete Lea alles andere als wahrheitsgemäß. Tatsächlich war ihr übel, und sie hatte das Gefühl, keinen heilen Knochen mehr zu besitzen. Trotzdem zwang sie sich, aufzustehen, um ihre Ausbeute in Sicherheit zu bringen. Sie klammerte sich mit der einen Hand an der Felswand fest und zog mit der anderen an der Leine, an der der volle Eimer hing.
    »Hilf mir bitte, ihn herauszuziehen. Wenn der Gott Israels Erbarmen mit uns hat, haben wir so viel Gold geborgen, dass ich diesen Höllenschlund niemals mehr Wiedersehen muss.«
    »Höllenschlund? So nennen auch die Christen diese Stelle.« In Keturas Stimme schwang abergläubischer Schauder mit, aber auch Respekt vor ihrer jungen Herrin, die ein Wagnis eingegangen war, dem sie sich selbst unter Androhung eines grausamen Todes nicht gestellt hätte. Sie konnte Lea jedoch auf andere Weise dienen, denn als diese vor Schwäche schwankte und in den Strudel hinabzurutschen drohte, lehnte sie sie gegen die Felswand und barg allein den Eimer.
    Als das Gefäß auf dem Trockenen stand, öffnete Ketura den Verschluss und starrte ungläubig auf das Gold, das ihr entgegenleuchtete. Sie holte ein paar Stücke heraus und zeigte sie Lea von allen Seiten. »Das ist mehr, als du gestern und vorgestern zusammen herausgeholt hast. Von denen hier muss jeder einige Dutzend Gulden wert sein.«
    »Der hier wahrscheinlich sogar einige Hundert.« Lea deutete auf den größten Klumpen, der nicht mit Gestein verbacken war wie die meisten, die sie bei den beiden ersten Tauchgängen herausgeholt hatte und die ihr im Augenblick nicht viel nützten. Ketura schüttete den Inhalt des Eimers auf eine Decke und las die größeren Goldstücke heraus. Lea sah ihr zu, bis sie sich so weit erholt hatte, dass sie ihr helfen konnte. Die Ausbeute war mehr als erfreulich, denn jetzt besaß sie genügend reines Gold, das sie sofort verwenden konnte. Und auch die kleinen Goldkörner und der Goldstaub, dem ihr Vater seinen Beinamen verdankte, stellten für sich schon ein kleines Vermögen dar, auf das sie später für den Handel zurückgreifen konnte. Lea stapelte die Klumpen auf einen Haufen. »Hieraus können wir sofort Münzen schlagen, und wenn wir darauf achten, weniger Fehlprägungen zu machen als gestern, bekommen wir genug Hartenburger Gulden zusammen, um die Privilegien zu bezahlen.«
    Ketura schob die Unterlippe vor. »Münzen sind Münzen. Jeder Kaufmann akzeptiert auch ein schlecht geprägtes Stück, wenn auch zu einem etwas geringeren Wert. Aber unser Herr tut so, als wäre jeder kleine Fehler ein unentschuldbares Verbrechen.«
    »Seine Durchlaucht ist nun einmal kein Handelsmann, der jedes Stück eigenhändig prüft. Deswegen erwartet er, dass er einwandfreie Werte bekommt. Denk daran: Wenn wir sorgfältig arbeiten, kann ich dem Markgrafen die verlangte Summe hinlegen, und wir müssen nicht mehr bangen, ob Jochanan und Saul heil zurückkehren. Ich kann die Angst fast nicht mehr ertragen.«
    Ketura nickte verständnisvoll und half ihr, die tauben Stücke auszulesen und in den Fluss zurückzuwerfen. Diesmal gab es kaum Abfall, dafür dankte Lea Gott, der sie in seiner Gnade mehr Gold als Steine in den Eimer hatte stecken lassen. Als sie die wertvollen Stücke

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