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Die Goldhaendlerin

Die Goldhaendlerin

Titel: Die Goldhaendlerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Iny Lorentz
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eine Auseinandersetzung. Mochte das Gold ruhig eine Nacht darauf warten, zu guten Hartenburger Zwölferstücken geschlagen werden. Spätestens am nächsten Abend würde sie dem Markgrafen die geforderte Summe überreichen können, und dann hatten sie endlich ihren Frieden.

9.
    Am nächsten Morgen fühlte Lea sich so steif und zerschlagen wie noch nie in ihrem Leben. Jede Bewegung tat ihr weh, und sie konnte kaum die Berührung des Kleides auf ihrer Haut ertragen. Sarah hätte sie am liebsten wieder ins Bett gesteckt und ihr eine weitere Dosis des Schlaftrunks verabreicht, doch Lea wehrte ihre Fürsorge vehement ab und stieg nach einem kargen Frühstück in den Keller, um ihren Goldschatz zu ordnen. Ketura half ihr, die Klumpen und Körner, die ihnen tauglich erschienen, abzuwiegen und in brauchbare Stücke zu sägen. Als sie genügend Rohmaterial vorbereitet hatten, wandten sie sich dem Münzstempel zu.
    Als in seinem Herrschaftsgebiet Gold gefunden worden war, war der Vater des jetzigen Markgrafen nicht mehr bereit gewesen, mit Württemberger und Tiroler Gulden zu bezahlen, und hatte von Kaiser Friedrich III. das Recht erwirkt, eigene Münzen schlagen zu dürfen. Dieses Privileg und die dazugehörigen Prägestempel hatte er gegen eine hohe Summe an seinen damaligen Hoffaktor, Jehuda ben Elieser, verkauft. Leas Vater hatte auch dieses Privileg neu erwerben müssen und oft über diese Ausgabe geklagt, denn sie brachte ihm keinen Gewinn, da Ernst Ludwig ihm das Gold für die Münzen nur sehr knapp, oft genug sogar zu knapp zuteilen ließ. Lea war jedoch sehr froh um die Prägepresse, denn ohne sie hätte ihr der dem Fluss entrissene Schatz nicht viel genützt.
    Das Gerät bestand aus einer handspannendicken Steinplatte, in die sechs mehrfach miteinander verbundene, armdicke Holzstreben eingelassen waren. In diesem Gestänge lief der von einem zylinderförmig zugehauenen Flussstein gekrönte Prägehammer. Um eine Münze herzustellen, musste man den Hammer an einem Seil bis zur Oberkante hochziehen, einen sorgfältig abgewogenen Goldklumpen in die Vertiefung über dem unteren Stempel legen und den Hammer herunterfallen lassen. War die Prägung geglückt, konnte man den Rand der so entstandenen Münze vorsichtig glätten und besaß ein Geldstück, mit dem man im gesamten Reich Deutscher Nation zahlen konnte. Da das Gerät von einem Meister gefertigt worden war, der sein Handwerk verstand, erhielt Lea schönere Gulden, als sie in den meisten deutschen Städten geprägt wurden, und wertvollere obendrein, da ihnen keine minderen Metalle beigemischt worden waren.
    Der Prägekopf war so schwer, dass nicht einmal Ketura ihn allein hochziehen konnte, und in den letzten Tagen waren sie bald so erschöpft gewesen, dass Gomer ihnen hatte helfen müssen. Dabei war die Küchenmagd so klein und zierlich, dass ein Windhauch sie hätte forttragen können, zumindest behauptete Sarah das von ihr. Eigentlich wäre es Merabs Pflicht gewesen, sie bei der Arbeit zu unterstützen, doch die Magd war kaum noch dazu zu bewegen, Elieser allein zu lassen. Sarah hatte sie schon öfter deswegen gescholten, denn sie war der Meinung, dass Merab wenigstens einen Teil der ihr obliegenden Hausarbeit verrichten könne, wenn der Junge schlief, aber zu ihrem Ärger weigerte Lea sich aus Sorge um ihren Bruder, das Mädchen zur Arbeit zu treiben.
    »Also dann: Hauruck!«, feuerte Lea sich selbst und Ketura an. Sie zogen den Prägekopf hoch, ließen ihn einrasten und legten das erste Goldkorn in die Vertiefung der Bodenplatte. Kurz darauf sauste der Prägehammer herab, und als sie ihn erneut hochzogen, leuchtete ihnen ein säuberlich geschlagener Hartenburger Zwölfergulden mit dem Kopf des Markgrafen Ernst Ludwig entgegen.
    Stunde um Stunde verging im Gleichklang der gut eingespielten Handgriffe. Die Anstrengung ließ beiden Mädchen die Muskeln steif werden, doch im Angesicht des ständig wachsenden Stapels fertiger Münzen ignorierten sie ihre Schmerzen. Lea zählte immer wieder nach, wie viele Gulden noch fehlten, und kämpfte so lange mit der Angst, das Flussgold könnte nicht reichen, bis sie ein erlösendes »Dreitausend!« ausstoßen konnte. Es hätte nicht viel später sein dürfen, denn es lagen nur noch eine Hand voll passender Goldklumpen auf dem Tisch. Lea besaß zwar noch ein Säckchen mit Goldstaub und eines mit Goldkörnern, von denen keines größer war als ein Weizenkorn, doch daraus konnte sie ebenso wenig Münzen schlagen wie aus dem Rest

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