Die Goldmacherin Historischer Roman
der Aurelia gegen ihren Willen ein Schauer den Rücken hinabrieselte.
Sie konnte sich nicht sicher sein, ob er wirklich wusste, was der Kaiser von ihr wollte. »Ich halte meinen Unterricht. Die Kleine Prinzessin ist sehr klug.Wie ihr Vater.«
»Lobende Worte, wie sie jeder Höfling sprechen würde.« Laszlo trank den Kelch aus. »An der Wahrheit ist mir mehr gelegen.«
Aurelia war froh, dass kein Diener große Ohren machte. »Eure Münzen haben mir geholfen, mein Fürst. Doch für einen Geleitschutz durch das räubergeplagte Land reicht es noch nicht.«
»Betrübt mich nicht, mein kluger Heliodor«, erwiderte Laszlo in einem mehrdeutigen Tonfall.
Lagen Spott oder Furcht oder Warnung in seiner Stimme? Aurelia ärgerte sich darüber, dass man wohl an Höfen aufgewachsen sein musste, um aus solch seltsam hingeworfenem Singsang die wahre Ansicht eines Fürsten herauszuhören. »Wolltet Ihr nicht eben die Wahrheit hören? Ohne Geleit bringt mir kein Kaufmann blaues Steinmehl ins Habsburger Land.«
Laszlo fuhr sich durch die Haare, ein Rubin an seiner Linken pflügte durch das Schwarz. Sein Blick glitt durch den Festsaal, wo sich die Zofen mit den Höflingen und Botschaftern für den nächsten Tanz aufstellten. »Verstehe«, sagte er.
»Fürst Laszlo?«, rief die Kaiserin. Ihr Blick suchte ihn in der falschen Ecke des Saals.
»Zu Diensten.« Er sprang ins Licht und verbeugte sich. Die hohe Frau reichte ihm die Hand zum Tanz.
»Wohlan!« Die Musik setzte ein.
Fünf Tänze später war die allgemeine Trunkenheit so groß, dass Aurelias Abwesenheit kaum mehr auffallen würde. Drei Diener trugen die Schalen zur Küche hinaus, und sie schloss sich ihnen an. Sie brauchte Luft.
Mittlerweile kannte sie die kleinen wie die großen Treppen im Palast, wusste Bescheid über die Ausgucke, die sich der Kaiser für die Sterndeuterei hatte bauen lassen, und über die Winkel, in denen so mancher Beinling abgeknöpft und mancher Saum gehoben wurde.
Aber so spät in der Nacht lag alles still. Aurelia setzte sich an ihrer Lieblingszinne auf einen vorspringenden Stein. Hier, zwischen Frauentrakt,Wache und Kaiserflucht, sah man hinüber zur Stadt und hinauf ins weite All.
Die Frühlingsluft umspielte sanft und frisch ihre Nase, ein
wenig kühl gar. Romuald musste irgendwie Nachricht von ihr bekommen, möglichst bald. Die Kanzleischreiber waren nicht verlässlich, für einen Silberling wechselten sie rasch die Seite. Der nächsten Marketenderin, die von Neustadt gen Wien zum Heer unterwegs war, würde sie eine Botschaft zustecken, verklausuliert und verborgen formuliert, aber Romuald war nicht dumm. Er würde begreifen. Nur musste sie endlich in Erfahrung bringen, in welchem Feldlager er sich aufhielt, erst dann könnte sie einen Fluchtplan aushecken.
Das Kommen und Gehen im Palast war strenger überwacht, als sie am Anfang geglaubt hätte. Niemand kam einfach in die Burg herein, genauso wenig verließ jemand den Hof ohne Erlaubnis. Und wenn, dann machte es rasch die Runde. Würde sie einen Fluchtversuch wagen, dann wären Romuald und sie ohne Mittel in solch einer kriegerischen Zeit schnell wieder Gefangene.
Aurelia atmete den tröstlichen Hauch der Frühlingsluft ein, sie bewunderte die ewigen Sterne und fragte sie um Rat. Blinkten sie nicht sogar ein winziges bisschen wie Augen, die ihr zuzwinkerten?
Allzu lange durfte sie nicht hier sitzen. Die Salbe musste fertig werden. Der Auszug von Mandelkirsch war jetzt gewiss satt genug. Aurelia schlich von der Zinne weg die Stufen hinunter zur Diensttreppe. Ein Schatten eilte herauf, und sie duckte sich schnell an einem Säulenfuß ins Dunkel.
Lief der Mann etwa auf Strümpfen? Die Hosen schimmerten im Halblicht des Mondes dunkelgrün und silberbestickt. Der stramme Schenkel, die Hüfte – kein Zweifel, Fürst Laszlo trat zur Tür des Frauenflügels hin. Die Wachen standen ja ein Stockwerk tiefer vor dem Eingang zum Saal.
Dreimal hörte Aurelia ihn leise klopfen. Die Tür sprang auf, eine Hand erschien im Spalt, ein blanker Unterarm zog ihn hinein. Aurelia erkannte die eine weiße Perle, die dort auf der
schlanken Frauenhand im Mondlicht glänzte. Sie gehörte der Prinzessin Margret.
Die Tür schloss sich lautlos. Durch das Holz hörte sie, wie der Riegel innen ganz leise zurutschte.
Es brauchte eine Weile, bis Aurelia Gedanken und Gefühle geordnet hatte, doch dann sprang es ihr mit einem Mal klar in den Sinn. Die Prinzessin wollte für den ungarischen Fürsten am Hofe
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