Die Goldmacherin Historischer Roman
bleiben! Er machte ihr am Ende gar Hoffnungen auf eine Vermählung.
Aurelia erhob sich aus dem Schatten und eilte die Diensttreppe hinab. Der Kuss, den ihr der Fürst vor aller Augen geraubt hatte, war nichts als eine Tarnung.Waren die Höflinge erst überzeugt, Fürst Laszlo sei den Frauen nicht hold, so hatten er und Margret leichteres Spiel.
Aurelia erschrak über die Erkenntnis.Wie hatte sie so blind sein können? Hatte sie Laszlo vertrauen wollen, weil ihr Romuald in seiner Nähe so oft in den Sinn kam? Sie stützte sich schwer gegen die Wand und gab sich selbst die erschütternde Antwort: Der Fürst trieb also auch mit ihr ein Spiel. Prinzessin Margret hatte Aurelias Geheimnis nicht für sich behalten. Ihre Knie wurden weich, Angst überflutete sie, nur die kalten Steine der Wand gaben ihr noch Halt.
Das Stillstehen half ihr. Die winzige Schrift Mechthilds aus dem Kloster Rosenthal trat wieder vor ihr geistiges Auge.Warnungen, Hinweise und Abwandlungen der Salben für Kinder und Greise gingen ihr durch den Kopf. Ein böser Gedanke keimte auf in Aurelias Geist und überwucherte die Warnungen vor der Schwarzkunst .
Sie rannte durch den Palast zum Weinhaus, stieg die Treppen hinunter in das Laboratorium. Die Prinzessin hatte es selbst so gewollt, nun sollte sie erleben, was passierte, wenn sie die Höllengeister rief.
Aurelia durfte sich den beiden nicht ausliefern. Lange würde
es sicher nicht dauern, bis die Prinzessin und der Fürst einander überdrüssig wurden, wenn noch galt, was das Hofgerede der Prinzessin nachsagte. Aurelia würde die Salbe für Margret so verändern, dass diese wahrlich wirkte, und die Haut nicht mehr einfach rein würde, wenn man sie absetzte. Das dafür nötige Gegengift bereitete sie noch nicht zu. Außer ihr kannte keiner die Rezeptur – das war ihre einzige Lebensversicherung. Aurelia musste sich wappnen, auch wenn ihr nur die Waffen der Schwarzkunst blieben.
Vater, verzeih mir, bat sie stumm, als sie zu dem Auszug von Mandelkirsch trat .
39
A urelia schlich den Pfad unter den hohen Buchen entlang. Trotz der Mittagszeit war es recht schattig, vereinzelt tanzten Flecken von Sonnenlicht auf den hohen Farnen. Sie genoss den waldigen Geruch und die seidig-moosige Luft.
Der Wildwechsel zwischen den Gräsern und den sturmgefällten Baumstämmen führte den Hang hinunter in einen tiefen Grund. Aurelia richtete den Lederrucksack auf ihrem Rücken. Lange hatte sie über eine Tarnung nachgedacht, denn sie hatte nichts im Kaiserwald zu suchen, schon gar nicht, wenn der Hof hier seinem Jagdprivileg frönte. Weder war sie von Stand, noch arbeitete sie als Waldknecht des Kaisers.
Sollte das Gefolge sie im Wald aufspüren, glaubte man ihr als Alchemicus hoffentlich, dass sie besonders reines Wasser aus der Quelle holen musste. Denn die Prinzessin hatte auf einem Treffen genau dort unten im kühlen Grund bestanden. Beim Unterricht hatte sie es auf ein Stück Pergament geschrieben – An der Hischquelle übermorgen! -, damit es die Zofen nicht mitbekamen.
Aurelia war nicht entgangen, dass die Kaiserin seit kurzem die Kleine Prinzessin so sehr mit Hofpflichten überhäufte wie noch nie. Jeden Tag sollte sie Botschafter empfangen. Sogar Lectiones waren schon ausgefallen.
Das letzte Stück war sehr steil. Sie rutschte auf einer moosbewachsenen Wurzel aus. Der Pfad wand sich in mehreren Kehren hinab und endete an einer nur von Kräutern bewachsenen Stelle vor einem überhängenden Felsen.
Ein Rinnsal fand den Weg durch das Grün. Aurelia folgte
ihm etliche Schritt bis unter den Stein. Die Hirschquelle war sehr flach. An den Spuren in der feuchten Erde erkannte sie, dass hier tatsächlich Tiere tränkten.
Es war nicht gut, so sichtbar zu stehen. Aurelia verbarg sich lieber in den Farnen, die den Felssturz säumten.
Sie packte die Kupferkannen aus, legte das Leintuch zurecht, stellte den Tiegel mit der Salbe darauf. Selbst hier in der reinen Waldluft entströmte ihr ein stechender Geruch, der der Prise Harnsalz geschuldet war.
Aurelia schaute hinauf in die tausenderlei Grüntöne, die das Blätterdach über der Quelle aufscheinen ließ. Nur wenige Sonnenstrahlen fielen bis zur Quelle herab. Vögel sangen, der Wind säuselte leicht in den Farnen. Sie wusste nicht, wie lange sie so vor sich hingeträumt hatte, von den Spaziergängen mit Romuald im Mainzer Stadtwald, den Küssen unter Eichen, als ein Vogelschrei sie warnte, dass noch jemand im Wald war. Rasch kauerte sie hinter die
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