Die Goldmacherin Historischer Roman
verloren und wird von den Landsknechten verehrt wie …«
»Genug jetzt!« Der Kaiser schlug gegen den Holzrahmen des Bettes.Aurelia schrak hinter dem Samtvorhang zusammen.
»Soll ich meine arme Tochter verhüllt wie eine Sünderin zum Traualtar führen? Soll sie den Brautschleier zurückwerfen und der Welt ihre Schwären zeigen? Keine drei Tage, und das Volk wird von einem Fluch über meinem Hause raunen. Nein, Legat. Ihr habt meinen Willen vernommen.«
Aurelia konnte weder erahnen, was von Rüdesheim tat, noch wie sein Gesicht aussah, aber die gereizte Spannung auf der anderen Seite des Vorhangs war so stark, dass sie sich nicht gewundert hätte, wenn er jetzt mit einem Riss entzweigefahren wäre.
Schritte waren zu hören, dann ging die Tür der Krankenstube. Anscheinend hatte der Legat das Gemach verlassen.
»Medicus, so sprecht endlich«, flehte die Prinzessin.
Ein anderer schlurfender Schritt kam näher. Aurelia stellte sich vor, wie der Hofarzt ans Bett trat.
»Nun?«, fragte der Kaiser. Er klang erschöpft.
»Majestät, ich kann Euch beruhigen, so schwer krank die hohe Tochter auch ist«, sagte der Hofarzt, »so ist es nicht die Pest, wie die Kaiserin befürchtet.«
Er klang ganz ruhig. Aurelia verschränkte die Finger vor der Brust und sammelte sich. Sie konnte nicht sicher sein, ob ihr Wissen aus dem Heilbuch der Rosenthaler Nonnen nicht bei den berühmten Ärzten im Reich Allgemeingut war. Hatte der Hofarzt ihre Machenschaft mit der Salbe am Ende durchschaut?
»Dem Herrn sei gedankt«, seufzte der Kaiser.
Friedrich III. selbst hatte sie hinter den Vorhang befohlen, weil er den berühmten Medicus Fabricius wohl nicht mit seinen Zweifeln an dessen Fähigkeiten demütigen wollte. Aurelia war zutiefst erschrocken, als der Kammerdiener des Kaisers in der Früh zu ihr hinauf ins Turmstübchen gestiegen war und sie zum Kaiser befohlen hatte.
»Die Schwären, der Grind, das gelbliche Wasser, das in den
Rissen austritt – alles ähnelt stark der sizilianischen Pest, das ist wohl wahr. Wahrscheinlich hat die Kaiserin in ihrer Heimat solche armen Opfer gesehen. Doch niemals befällt die Pest nur einen Teil des Körpers wie bei der hohen Tochter.« Die Stimme des Medicus wurde heller. »Seht, die eine Wange ist noch immer von makelloser Schönheit.«
Im Bett weinte die Prinzessin leise, die unterdrückten Schluchzer klangen echt. Auch wenn ihr heraufbeschworener Betrug sie in Gefahr brachte, bedauerte Aurelia Margret, die mit allen Mitteln der Verheiratung mit einem ungeliebten Mann entkommen wollte.
»Könnt Ihr meine Margret kurieren, Medicus?« Die Schritte des Kaisers gingen vor dem Bett auf und ab.
»Majestät, es fällt mir schwer …« Der Arzt brach ab.
»Ihr schaut auf einmal so angstvoll. Ist es gar schlimmer als die Pest?«
Die Prinzessin stöhnte ängstlich auf. »So sprecht endlich!«
Es klang, als ob der lange Mantel des Arztes über die Teppiche glitt.
»Majestät, Eure Tochter ist nicht krank«, sagte er entschieden.
Aurelia presste die Hände vor den Mund. Er hatte die Täuschung durchschaut! Sie starrte zum sie verbergenden Samtvorhang. Nicht einmal einen Fluchtversuch konnte sie mehr unternehmen.
Der Arzt räusperte sich. »Jemand vergiftet sie.«
»Was sagt Ihr da?«, flüsterte der Kaiser.
»Oh Gott«, stöhnte die Prinzessin ein wenig zu deutlich für einen echten Seufzer.
»Niemals habe ich ein nur auf einer Seite vom Ausschlag befallenes Gesicht gesehen, wenn beide Unterarme grindig waren.«
Sie hatte einen Fehler gemacht, als sie der Prinzessin das
Auftragen der Salbe in dieser Weise riet. Aurelia schlug sich leise mit der Faust an die Stirn.
»Und wahrlich – ich habe schon verunstaltete Gesichter genug gesehen, arme, reiche, junge und alte.«
Der Kaiser grollte etwas Unverständliches.
»Der einzige Trost, mein Kaiser, liegt darin, dass der Ausschlag nicht ansteckend ist. Die hohe Tochter muss nicht abgesondert werden, um Eure Gesundheit dem Reich zu erhalten. Ich hätte Euch sonst nicht bis an ihr Bett kommen lassen.«
Margret wimmerte dumpf, sie hatte wohl ihr Gesicht ins Kissen geworfen.
»Wie kommt es, dass nur meine Tochter von einem Gift getroffen wird? Sie isst und trinkt mit uns.«
Der Medicus schwieg. Aurelia faltete die Hände, wagte aber wegen der Sündhaftigkeit ihres Tuns nicht zu beten.
»Jemand mischt es ihr gezielt ins Essen oder den Trank.«
Aurelia ließ den Kopf in den Nacken fallen und atmete so leise aus wie möglich.
»Wir essen doch
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