Die Goldmacherin Historischer Roman
Anweisungen der Prophetissa ins Gedächtnis
gerufen. Nur hatte sie dort nur zwölf Ingredienzien verzeichnet gefunden. Vaters dreizehnte Ingredienz musste eines der großen Geheimnisse der Alchemisten sein, die nur mündlich weitergegeben werden durften. Er hatte sie auf Lateinisch benannt. Aurelia zermarterte sich ihr Gedächtnis, damit sie nur wieder auf die Worte käme! Sie waren der Schlüssel zur Wandlung, gewiss, sonst hätte er nicht seinen letzten Lebenshauch dafür gegeben. Und bis die Worte ihr wieder einfielen, könnte sie wenigstens das fehlende Becken schon besorgen.
Die Gasse mit den Kupferschmieden schloss an den Markt an, schon von weitem sah Aurelia die Bleche in der Sonne vor den Häusern glänzen. Sie beschleunigte ihren Schritt, nur um plötzlich wie angewurzelt stehen zu bleiben. Der schwarze Lockenkopf da vorn, dieser Gang, genauso hielt Romuald seine Schulter. Beinahe hätte Aurelia laut aufgeschrien. Dort zwischen den Bauern und den Mägden mit den Körben, dort lief Romuald! Ihr Herz schlug so heftig, dass sie kaum atmen konnte. Sie eilte voran und trat irgendwem auf die Füße.
»He, Kerl, passt doch auf!«
Vorn in der Menge drängte Romuald sich voran. Oh Gott. Sie suchte Halt am erstbesten Türpfosten, vertrat einer Magd mit einem Gitterkorb den Weg, darin flatterten und kreischten weiße Ziervögel.
Aurelia durfte sich Romuald jetzt nicht zu erkennen geben. So grausam war die Wahrheit, dass es ihr den Magen hob. Auf dem Markt gab es zu viele Zeugen, als dass sie sich ihrer Verkleidung hätte ohne Gefahr entledigen können. Einmal enttarnt, würde sie vom Kaiser schrecklich gestraft werden.
Aber vielleicht konnte sie sich doch ihrem Liebsten zu erkennen geben. Sie lief schon weiter und reckte den Hals über die Menge in der Gasse. Drei Männer begleiteten Romuald. Wie Landsknechte gekleidet waren sie, auch er trug die festen Jacken mit dem Lederbesatz. Doch alles schien neu und von
guter Wahl. Er diente wirklich bereits in höherem Rang. Also hatte der Legat nicht gelogen. Sollte sie ihm von einem Bettler oder Kind eine Nachricht zustecken lassen? Das wäre ein Weg.
Oh Gott, wohin waren sie nur jetzt abgebogen?
Aurelia rannte weiter, erblickte zwischen zwei Kupferläden einen schmalen Durchgang. Der dunkle Lockenkopf war weit vorne zu sehen, Romuald legte einem Kumpanen die Hand auf dem Arm. Sie scherzten wohl, so wie sie sich vor Lachen bogen.
Aurelia drängte sich an Knechten vorbei, die Mehlsäcke schleppten. Und weiter zur nächsten Gasse. Sie roch an den Metzgerbänken das frische Fleisch, folgte den Männern weiter durch Quergänge hin zu den Gerbern. Suchten die Landser nach Zaumzeug oder Sätteln?
Bald erreichten sie Wirtshäuser, worin man die Würfler streiten hörte. Aurelia hielt sich gut zwanzig Ellen von Romuald entfernt. Ihr Herz schmerzte, als wolle es aus dem Leib springen und zu ihm fliegen.
Weiber schauten aus den Fenstern, die Arme unter der Brust verschränkt, kaum verhüllt die üppigen Busen, andere saßen rittlings auf dem Fensterbrett. Aus einem der Häuser zog warmer Dampf. Sie war ins Bäderviertel geraten.
»Kommt rein, der Herr, hier wartet ein schönes Kätzchen auf Euch.«
»Ungarnweib und Bayernmaid haben allzeit gut gefreit«, grölte einer von Romualds Kumpanen.
Aurelia suchte Schutz hinter einem Vorsprung. Sie hielt sich den falschen Bart.Was hatte sie denn geglaubt? Romuald war ein richtiger Mann. Warum sollte er nicht tun, was alle taten, wenn sie fernab der Heimat im Heervolk dienten?
Dennoch spürte sie ihre Tränen in das falsche Barthaar rinnen. Es tat so weh, dass irgendeine Hure ihn umarmen sollte, eine, der die Geldgier in den Augen glimmte. Warum diese
Weiber und nicht sie? O Himmel. Sie würde sich alle Kleider vom Leibe reißen, sich ihm zu erkennen geben, sie würden fliehen, irgendwohin, jetzt sofort.
Aurelia trat ein paar Schritte hinter dem Vorsprung vor. Ein paar Häuser weiter standen die drei, verhandelten mit einem Kuppler, dessen wägend eindeutige Bewegungen mit den offenen Händen unschwer erraten ließen, welche Körperteile seiner Huren er anpries.
Die Landser nickten, auch Romualds Schopf ging auf und ab. Zehn Ellen noch war sie von ihm entfernt. Sie holte Luft.
Und blieb wie angefroren stehen. Romuald hatte sich auf dem Absatz gedreht, winkte seinen Kumpanen zu und machte sich davon. Eine Hure gaffte ihm nach, zuckte mit den Schultern, von denen schon das Rüschenhemd rutschte. Sie schloss hinter den anderen die
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