Die Goldmacherin Historischer Roman
alle das Gleiche am Kaisertisch«, sagte die Prinzessin mit schwacher Stimme. »Nicht wahr,Vater?«
»So scheint es, Kind. Höchstens du lässt mal eine Suppe aus.«
Es klang so zärtlich. Aurelia kämpfte mit den Tränen. Sie schämte sich für den Betrug an diesem von Sorgen gequälten Vater.
»Lasst alles vorkosten, was die Prinzessin zu sich nimmt«, sagte der Medicus.
»Ich schicke alle die nichtsnutzigen Diener und Zofen weg!«
»Nein, Vater!«, rief die Kranke. Das Bett knackte, Margret richtete sich wohl auf. »Meine Zofen sind gewiss unschuldig. Sie kochen doch nicht.«
»Wer reicht dir denn das Mahl? Die Köche? Nein, mein Kind. Die Reichsgeschäfte sind grausam, das zu lernen ist
bitter. Schnell ist ein Pulver aus einer hohlen Hand in den Fleischsud oder in den Gemüsebrei gestreut.«
»Was wird man denken, Vater, wenn du die Zofen wegschickst?«
Aurelia hörte die Gewissensqual aus den Worten der Prinzessin. Der Preis war hoch, denn sie verlor ihre Gespielinnen.
»Wir werden sagen, dass alle von dir ferngehalten werden, bis du nicht mehr ansteckend bist. Niemand soll erfahren, dass wir den Giftmischer jagen.« Wieder machte der Kaiser Schritte. »Medicus, sorgt für reines Essen und sprecht mit der Kaiserin, die sich vor der Pest so ängstigt. Beruhigt sie.«
»Majestät.« Der Pelzsaum rutschte über den Teppich leise davon. Die Tür der Krankenstube ging auf und schlug zu.
»Tretet hervor, Heliodor!«
Aurelia wischte sich schnell die Schweißperlen von der Stirn. Sie schlüpfte hinter dem Vorhang hervor und trat ans Fußende des Bettes. Die Prinzessin lag unter weißem Leinen, ganz bleich war sie vom Schrecken. Der grindige Abszess eiterte auf der linken Wange. Ihre bloßen Unterarme glichen einer kaum verkrusteten Wunde. Aurelia ahnte die Salbenstriche an der Form des Ausschlags auf beiden Armen, drei Fingerbreit und zwei Handbreit lang. Sie verneigte sich tief. »Mein Kaiser.«
»Alchemicus, Ihr kennt Euch aus mit der Giftigkeit von Metall und Säure. Gebt Ihr dem Medicus Recht? Welches Gift, denkt Ihr, streut ein Feind meines Hauses meiner Tochter ins Mahl?«
Eine Lüge zog die andere nach sich.Vater hatte sie vor der Schwarzkunst gewarnt. Doch sie musste von sich ablenken, wenn es nur irgend ging. »Metallgift erzeugt nicht solch ekle Wunden, sondern fahle Haut, blaue Lippen oder rötliche Augäpfel. Bei Quecksilber oder Arsen gingen der Kleinen Prinzessin die Haare aus. Doch kämmen die Zofen sie, sitzt alles fest wie sonst, nicht wahr?«
»Heliodor spricht wahr,Vater.«
»Ich sehe darum weniger die Gefahr, dass ein Giftmischer ein Pulver einstreut.«
»Sollte der berühmte Medicus sich irren?«, fragte der Kaiser überrascht.
»Nein, nein. Es ist Gift. Nur ein solches, das von Krötenschleim oder verschimmeltem graugrünem Fleischschmier stammt. Solcherlei Hexengift bringt die Haut zum Springen und entzündet Blut und Leib.«
Der hochgewachsene Herrscher hielt den Rücken ganz gerade. »Hexengift, das leuchtet ein … Kann man etwas dagegen tun, Heliodor?«
Aurelia wusste sehr wohl, wie die Prinzessin recht schnell zu alter Schönheit fände. »Das Gegenmittel findet man nur, wenn man das Gift bestimmen kann.«
»Herr im Himmel«, flüsterte die Prinzessin.
»Doch ich weiß Rat.« Aurelia wagte ein schwaches Lächeln zu Kaiser und Margret hin. »Die böse Kraft der Schleimtiere, wie sie die Hexen gern nutzen, kann man ausschleichen. Sorgt dafür, dass kein neues Gift nachkommt, und die Prinzessin wird in einigen Wochen genesen. Die Entzündung wird abklingen, die Haut sich schließen, noch lange gerötet sein, dann heller werden und schließlich rein.«
Der Kaiser richtete den Blick entschlossen in die Ferne. »Dafür werde ich die giftmischende Hexe bitter büßen lassen, sobald ich sie nur finde.«
Aurelia hielt sich unauffällig am Bettrahmen fest und schluckte schnell. Erfuhr der Kaiser ihr wahres Geschlecht, hegte er gewiss keinen Zweifel mehr, wer die giftmischende Hexe war. Sie musste sich zusammenreißen. »Je früher Ihr der Zauberin das Handwerk legt, desto besser«, sagte sie und konnte dabei die Aufregung in ihrer Stimme kaum verbergen.
»Bloß wie? Wenn Zaubermacht im Spiel ist«, fragte der Kaiser.
Aurelia wich dem forschenden Blick der Prinzessin aus. »Wechselt jeden Tag den Koch. Die Kaiserin möge erst im letzten Augenblick benennen, wer das Essen zu ihrer Tochter bringen darf. Lasst die ausgewählten Zofen und Dienerinnen von allem kosten, was die
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