Die Goldmacherin Historischer Roman
nicht zeigen, der Legat würde sie auf der Stelle festsetzen lassen.
Sie lugte zu Romuald vor dem Altar, wo er etwas unter den Fuß der Heiligen Anna gesteckt hatte. Er faltete die Hände wieder, neigte sich dreimal vor der Statue der Heiligen. Da sah er zu ihr her – Aurelia wankte, stemmte die Füße in den Boden – und sah wieder weg. Dann bekreuzigte er sich, wischte sich mit der Linken über die Wange und ging zum Seitenportal.
Aurelia wollte hinterher, trat rasch aus dem Schatten – und prallte zurück. Gleich hinter der nächsten Säule stritt der Legat noch immer flüsternd mit den Chorherren.
Im aus dem Seitenportal hereinfallenden Sonnenlicht sah Aurelia noch Romualds männlichen Umriss. Er hielt einen Moment inne, schaute zurück ins Kirchenschiff, zuckte dann mit den Schultern und war aus ihrem Blickfeld verschwunden.
Ganz langsam sank Aurelia mit dem Rücken an der Steinsäule entlang zu Boden. Gegen den Schrei, der sie verraten hätte, presste sie die Hände auf ihren Mund. Sie erstickte gleich. Es schüttelte sie wie im Fieberfrost. So sehr sie nach Romuald suchen wollte, der Legat durfte sie in diesem Zustand nicht entdecken.
Sein endloses Flüstern mit den Chorherren hinter der Säule folterte sie, bis die drei endlich weiter nach vorn zum Chorgestühl schritten.
Aurelia taumelte wie vom bösen Dampf einer misslungenen Wandlung vergiftet zum Altar der Heiligen Anna, an deren Fuß ein Pergament steckte. Ihre Finger zitterten so stark, dass sie es fast nicht zu greifen vermochten. Sie rührte an den Stein, den Fuß der Statue, zog dann das Pergament hervor und drückte es an ihre Lippen. Sie erschrak unter einer unerwarteten Berührung einer sanften Hand.
»Geht woanders beten, Herr. Ich bitt Euch.« Der blasse Kirchendiener
zog sie an den Schultern vom Altar. »Die Heilige Anna steht auch in der Liebfrauenkirche.«
Aurelia verbarg ihr Gesicht vor ihm und steckte das Pergament unter ihren Mantel. Sie schritt aus der Kirche hinaus in die Sonne.
Geblendet stolperte sie am Seitenportal fast über ein grindiges Bein und die Bahre eines Bettlers. Ihre Gedanken kreisten nur um die eine Frage: Romuald, wo bist du?
Doch weder in der Gasse der Zuckerbäcker, noch in der nächsten der Weinhändler, noch in der der Schneider, wohin sie auch lief, sie fand ihn nicht.
Die Kapelle der Ursulinen stand offen. Nur eine alte Nonne murmelte vor dem Kreuz ein Gebet und erhob sich danach. Aurelia setzte sich auf eine Steinbank und schloss die Augen. Noch immer krampfte sich ihre Faust um den Bittbrief an die Heilige. Sie faltete ihn auseinander. Es war seine Schrift! Sancta Anna, ich fleh dich an, schütze mir meine Aurelia und bring sie wieder heil zu mir zurück.
Aurelia presste Romualds Worte an ihre Lippen, ein Schluchzer entrang sich ihrer Brust. Er liebte sie noch immer, verzehrte sich nach ihr. Sie hätte in der Kirche schreien sollen und lieber in seinen Armen sterben wollen, als weiter diesen lächerlichen Bart zu tragen.
»Himmel, warum darf ich nicht bei ihm sein, habe ich denn so viel Böses getan?«, flüsterte sie. Die Steinplatten der Kapelle wankten vor ihr, alles drehte sich, sie sank gegen die Bank. Ihr Geist kippte weg in tiefes Schwarz.
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D er schwere Samtvorhang hing von der Decke herab und verbarg Aurelia. Sie saß auf einem schmalen Stuhl, der gerade noch zwischen das Rückenbrett des Bettes und die Wand passte. Hier sollte sie auf des Kaisers Geheiß alles heimlich mit anhören, was er seit einer knappen Stunde mit dem Legaten und dem Hofarzt am Bett der Prinzessin besprach.
»So sehr es unserer Sache dienen würde, ich kann meine Tochter jetzt nicht mit dem Grafen Wellenstein verheiraten.«
Eine Hochzeit würde diesen, den besten Heerführer weit und breit, an den Kaiser binden, deshalb wollte er Margret verschachern.
»Euer Bruder Herzog Albrecht wird die Enttäuschung des Grafen nutzen, ihm eine Burg versprechen und zwei Täler mit Bauern dazu. Er wird die Hand auf Wien mit Wellensteins Hilfe behalten«, sagte von Rüdesheim.
»Das weiß ich selbst, Legat. Ich kenne Albrecht gut genug.« Zornig lachte der Kaiser auf. »Doch es gibt auch andere Männer von Stand, die ein Heer zu führen verstehen.«
»Keiner vermag wie Graf Wellenstein die Söldner dem Gegner abspenstig zu machen«, wandte von Rüdesheim ein.
»Mit meinem Gold, ja, da fällt es leicht, die Landser abzuwerben.«
»Es geht nicht nur um die Münze. Sein Name steht für Sieg. Noch hat er keine Schlacht
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