Die Goldmacherin Historischer Roman
mit zitternden Händen den Deckel auf. Steine, zartrosa Steine. Ihre Erleichterung war so groß, dass sie das Kästchen erst einmal auf den Boden stellte. Schon jagten die nächsten Fragen durch ihren Geist.Wie sollte sie Flos aeternus nur in ein Pulver verwandeln? Sie hatte ja jetzt schon kaum Kraft mehr, sich auf den Beinen zu halten. Eine nach der anderen hob sie die ewigen Steinblüten aus der Büchse.
Darunter fanden sich drei Handvoll geriebenen Quarzes, nicht ganz so fein wie bei den Glasmachern, aber auch nicht so grob, wie ihn die Schmiede verwendeten.
»Der Himmel ist mir gnädig«, seufzte Aurelia und wog das bisschen rosa Sand in der Büchse. Sie hatte keine andere Wahl, als es damit zu versuchen.
Dumpfe Geräusche drangen ins Laboratorium. Jemand kam herunter ins Gewölbe.Aurelia rannte zum Tisch mit dem Wasserkrug. Dort hingen der falsche Bart und das falsche Haar an einem Haken, die sie wegen der Hitze abgelegt hatte. Herrje, wo war nur der Spiegel?
»Wozu halte ich mir einen Alchemicus? Sagt mir das!«
Des Kaisers Stimme wütete draußen, jemand antwortete unverständliche Worte. Aurelia fingerte an dem Halteband des Bartes, riss es beinahe ab, so eilig zurrte sie ihn fest.
»Heliodor?«, dröhnte befehlsgewohnt des Kaisers Stimme durch die Tür des Laboratoriums.
Aurelia hob das falsche Haupthaar über das eigene, prüfte
rasch im Spiegelchen, das unter dem Brot gelegen hatte, den Sitz. Sie rannte an der Herdhitze vorbei nach vorn und entriegelte. »Majestät!« Tief bis zu den Jagdschuhen des Kaisers verbeugte sie sich.
»Zeigt mir jetzt, was Ihr vermögt, Heliodor!« Er stieß sie mit der Faust zur Seite und ging voraus in den Raum. »Wozu überlasse ich Euch mein geheimes Laboratorium, wenn Ihr nichts fertig bringt als ein bisschen Gleißwasser und Sprengpulver? Wo ist das Gold, das Ihr mir versprochen habt?«
Das erhitzte Gesicht des Kaisers verriet ihr, dass ihn einer seiner am Hofe gefürchteten Wutausbrüche gepackt hatte. Aus den Augenwinkeln sah sie den Legaten im roten Prachtmantel hereinrauschen.Von Rüdesheim hatte ihr noch gefehlt.
»Meine Geduld ist erschöpft! Die Ungarn bedrängen meine Länder so schwer, dass ich sie nur mit tausend Söldnern oder Truhen voller Gold wieder loswerde. Und das liefert Ihr mir jetzt!«
Aurelia verneigte sich wieder tief. Es war zu spät für Ausflüchte. Sie durfte keine Angst zeigen, sonst war sie verloren. Die Unsicherheit des Alchemicus überträgt sich auf das Gut, lehrte die Prophetissa. Auch Vater hatte nie gearbeitet, wenn er Gram oder Zorn in sich trug.
»Der Himmel schickt Euch, Majestät«, begrüßte sie den Kaiser.
Dieser schnappte nach Luft bei dieser unerwarteten Begrüßung. Aurelia trat neben ihn vor den Schmelztiegel. »Seht, das Eisen und Kupfer vergehen schon. Gleich werdet Ihr Zeuge der Großen Wandlung.« Oder Zeuge von Heliodors Untergang.
Des Kaisers Gesichtsfarbe wechselte, wurde blasser. »Ihr macht wirklich gerade Gold?« Sein Blick fiel auf das Becken voll bläulichen Königswassers.
Der Legat hielt sich bei der Tür und rieb sich noch immer schweigend die Nase.
Aurelia schürte den Herd kräftig auf. »So wie Ihr es befohlen habt, Majestät. Gestern ist das blaue Steinmehl aus Venedig endlich eingetroffen.« Der Geleitschutz war die Nächte durchgeritten und hatte sich einen zusätzlichen Gulden verdient. Keinen Tag später hätte die Lieferung eintreffen dürfen. »Schützt Euren Leib mit der Lederkluft, wie Ihr es gewohnt seid. Schnell züngelt das Feuer höher, als man es erwartet.«
Der Kaiser hängte seinen grünen Jagdmantel in den Schrank und schürzte sich mit dem lederbesetzten Stoff, der auch Arme und Hals bedeckte.
Aurelia rann der Schweiß unter ihrem zweifachen Haar am Hals entlang. Sie rührte mit einem Haken aus Stein das letzte Stück Kupfer in den glühenden Tiegel. Seltsame Zeichen tanzten auf dem gleißenden Metall, warfen Schatten und vergingen. Prophetissa hilf! , bat Aurelia stumm.
Als die Holzscheite im Schmelzofen zerbrachen, bückte sich Aurelia und spritzte mehr Steinöl hinein.
»Wie lange dauert die Wandlung?«, fragte der Legat, während die Flammen wummernd aufloderten.
»So lange, bis der Dampf vergangen ist.« Dessen war sie sich sicher, aber wohin nur mit dem dreizehnten Elementum, der ewigen Blume? In das Becken mit dem Königswasser oder in den Schmelztiegel mit dem glühenden Metall?
Der Kaiser betrachtete die Glut mit vor der Brust verschränkten Armen. Gegen das
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