Die Goldmacherin Historischer Roman
Eiswasser darunter.
Aurelia war unendlich erleichtert.Vater hatte ihr beigestanden. Sie schickte einen dankbaren Blick zu dem seltsamen Schatten beim Schrank. Sein Geist hatte sie umweht, gewiss. Mit dem Handrücken wischte sie sich den Schweiß von der Stirn. Nun war sie Meliorus’ würdige Erbin.
Die beiden Männer konnten den Blick nicht abwenden, als Aurelia mit einer Zange einen Brocken der gewandelten Steinmehle in die Luft hielt. »Quod erat demonstrandum.«
»Nicht so voreilig, Heliodor.« Der Kaiser wies auf eine freie Stelle auf der Steinbank. »Legt es dahin.«
Sie gehorchte und legte dann die Greifzange zurück an das Kühlbecken.
Der Kaiser holte eine Säge aus dem Schrank. Es war zu erwarten gewesen, dass er die Echtheit des Goldes prüfen wollte. Der Legat schien jeden einzelnen Sägezahn mit seinem Blick auffressen zu wollen, so gebannt schaute er dem Kaiser zu. Aurelia sammelte ihren Geist. War das Metall nicht gediegen gewandelt, so war sie in den Augen des Kaisers nichts als ein Scharlatan, der eine simple Kupferschmelze gefärbt und mit Teufelszeug und Possenspiel getarnt hätte.
Der Kaiser hielt das neue Gold mit einem Lederhandschuh fest und setzte die Säge an. Das Blatt kreischte auf dem goldenen Brocken entlang.
»So hart?«, fluchte der Kaiser. Aurelia musste fast lächeln. Der Rosenquarz verlieh dem Gold diese Eigenschaft.
»Seit wann hält Gold gegen Dortmunder Stahl? – Ach, nein, ich bin abgerutscht. Der Abrieb fällt doch, wie es bei Gold zu erwarten ist.« Der Kaiser wischte sich die feinen Sägespäne auf den nackten Handrücken und hielt sie gegen das Licht des niederbrennenden Herdfeuers. »Es ist Gold«, flüsterte er. »Es ist wahrhaftig – Gold! Gold!«, rief er aus. »Gold!« Er tanzte fast um die Schmelze und packte Aurelia bei den Schultern.
Die Augen des Legaten starrten bang und runder als je auf Aurelia, als erkenne er jetzt erst in ihr die Hexe, die sie nicht war.
»Heliodor! Ihr seid der erste Alchemicus, der mich nicht betrügt. Kaiser und Reich sind Euch dankbar. Was immer Ihr braucht, Ihr sollt es haben. Macht so viel Gold als Ihr vermögt.« Der Kaiser drückte Aurelia die Hände. »Doch als Erstes verschaffe ich Euch eine bessere Wohnstatt. Schon heute. Und ein Ross, dass Ihr nicht im Schlamm laufen müsst wie gewöhnliches Volk.« Er legte die Lederkluft ab. »Nun können wir dem falschen Ungarnkönig Matthias Mores lehren. Mit Heliodors Gold kaufen wir ein ganzes Heer.« Er lachte wie ein Bauer, wenn es zu Tisch ging. »Seht Euch das an, Legat.«
Von Rüdesheim trat an den Rand des Kühlbeckens, wo bizarre Tropfen, Brocken und Zapfen, manche rund, manche spitz, golden leuchteten.
Der Kaiser zog von Rüdesheim am Ärmel hinaus in den Kellergang. »Gold. Endlich Gold für meine Truhen!«
In seiner begeisterten Freude hörte Aurelia schon die Gier mitschwingen. Sie hingegen fühlte nichts als eine unendliche
Erschöpfung. Die Große Wandlung war gelungen. Sie, Aurelia, hatte dem Kaiser Gold gemacht.
Da ergriff sie ein neuer Gedanke, der ihr bei all ihren Mühen noch nie in den Sinn gekommen war. Er vergiftete ihr die Erleichterung so sehr, dass sie auf einen Hocker bei der Wand sank: Freiwillig würde der Kaiser sie niemals mehr gehen lassen.
47
D rängelt nicht!« Die abgerissenen Männer vor Romualds Tafel stanken in der Maisonne nach Pferdemist. Wer weiß, in welchem Stall die genächtigt hatten.
Wieder stießen die ersten drei mit den fleckigen Lumpenbeinen an die Tafel, die er zur Auszahlung aufgebockt hatte, wieder verschmierte die Zahl in der Spalte. Er sprang auf, sie begriffen es nicht anders. »Stellt euch in eine Reihe, verdammte Hurenböcke! Sonst gibt’s heute gar keinen Sold mehr. Soll ich den Zuchtmeister kommen lassen, damit er euch eins mit der Peitsche gibt?«
Die Männer mit den wilden Bärten murrten, rotteten sich aber doch ein paar Schritt entfernt zusammen.
»Du da!« Romuald deutete auf einen besonders Großen mit schwarzen wilden Haaren. »Du ordnest jetzt die Reihe!« Wenn er so weiterschrie, war er am Abend heiser. »Und ihr hört auf ihn. Nach dem Soldzahlen geht’s den Hügel runter zum Feldscherer, damit euch nicht die Läuse und Flöhe auffressen.«
Der Heerführer Herzog Wilhelm bestand darauf, dass sich alle Männer vor dem Einkleiden gründlich wuschen und den Kopf rasierten. Dann passten auch die Helme besser.
Romuald nahm immer drei Pfennige von den kleinen Türmchen herunter. »Name?
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