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Die Goldmacherin Historischer Roman

Titel: Die Goldmacherin Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Conrad
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Wahrheit entlanglügen. Mit Ezechiel zu handeln war die einzige Möglichkeit, um an die fehlenden Unzen Goldes zu kommen, die sie dringend für die Ingangsetzung der Wandlung brauchte. Die Juden waren gewieft, sie hätten sich sowieso gefragt, wie Aurelia an Steine solch großen Werts gekommen war. So tischte sie die einzig glaubhafte Erklärung auf. »Der Freiherr, der mich schickt, ist der Kaiser selbst.« Aurelia zog das Wolltuch von
ihrer Brust. Sie lupfte es ein wenig und zeigte die daran festgenähten, edlen Steine.
    Der Alte stützte sich mit der Hand fest auf den Stock, mit der freien hielt er sich am Ärmel Aurelias fest. Er betrachtete jeden der vier Steine lange. »Ihr sprecht wahr. Solche kann nur der Kaiser besitzen. Diese sind aus Persien und Ägypten.« Seine alten Augen prüften sie erneut.
    Da begriff Aurelia. »Ihr seid es selbst, Ihr seid Ezechiel.«
    Er lächelte mit schmalen Lippen. »Erklärt mir, warum der Kaiser uns Steine verkaufen will, wo er uns doch sonst einfach eine höhere Steuer auferlegt, wenn er Geld braucht?« Seine Stimme klang recht unsanft.
    Aurelia brach der Schweiß aus. Sie wusste keine Antwort. Sie war nicht lang genug am Hofe und wusste zuwenig von den Reichsangelegenheiten. Überall lagen Fallstricke, jede Bemerkung am Hof war doppelbödig, hinterhältig oder berechnend gemeint. So half wohl nur etwas, das noch verdrehter war als die Wahrheit. »Erhöhte er euch Juden die Steuern, würde man ihn endgültig für zahlungsunfähig halten.«
    »Studiosus, was redet Ihr da? Alle Welt weiß, dass des Kaisers Kassen leer sind«, wandte Ezechiel ungeduldig ein.
    »Die Kriegstruhen vielleicht, doch seine Schatzkammer nicht, wie Ihr seht. Es ist für ihn von Vorteil, wenn keiner seiner Gegner mit diesen Mitteln rechnet.« Sie ließ die Steine in ihrem Wolltuch verschwinden. »Bitte sprecht mit niemandem darüber, mit keinem Schreiber und keinem Hofmann.«
    Ezechiel machte ein paar Schritte am Stock in der Stube umher. »Warum hat der Kaiser gerade Euch geschickt, Studiosus, verkleidet zumal?«
    »Ich bin sein Alchemicus.«
    Der Alte setzte sich auf den Stuhl am Tisch. Die Feinwaage zitterte. »Aha. Wollt Ihr also endlich die Wahrheit sagen. Ich dachte schon, Ihr lügt frisch weiter.«

    Aurelia erschrak und hoffte nur, dass der falsche Bart verbarg, wie blass sie wurde. Der Händler hatte sie von Anfang an erkannt!
    Ezechiel seufzte. »Gad, meiner Schwester Mann, ist beim Kaiser gewesen, um für ihn die alten Schriften in unserer Sprache zu entziffern. So benutzt der Kaiser also jetzt die geheimen Metallurgen für seine Staatsgeschäfte. Er wird sich schon etwas dabei denken, der alte Yutz.« Er blickte sie an. »Sag ihm, dass er zehntausend Gulden für die vier Steine haben kann. Es wird uns nicht leichtfallen, so viel aufzubringen, jetzt, wo überall Krieg in den Erblanden wütet.«
    Wäre sie doch nur früher auf den Einfall gekommen, sich an die Juden zu wenden. Dann hätte sie erst gar keine goldenen Figuren in der Schatzkammer entwendet, sondern nur die Edelsteine. Aurelia hatte einen Fehler gemacht, doch nun war es zu spät. Sie spürte, wie trotzdem eine Last von ihrer Seele fiel. »Ich komme wieder, sobald Ihr die Summe zusammenhabt.«
    »Nein, nein, Ihr nehmt das Gold gleich mit. Zu oft soll man Euch nicht ins Ghetto laufen sehen.«
    Besser war es allemal, so musste sie die Burg kein weiteres Mal verlassen. Eine Frage sollte sie noch wagen, wenn sie schon den als weise gerühmten Ezechiel selber sprechen konnte. Der alte Händler war ihre letzte Hoffnung. »Man sagt, dass Ihr die alten Schriften gut kennt. Habt Ihr vom Buch der Prophetissa gehört?« Aurelia konnte ein Zittern ihrer Stimme nicht verbergen.
    »Es ist bei den Eingeweihten berühmter als die Sonne.« Er lehnte den Stock an den Stuhl.
    Aurelia holte tief Luft. Sie musste die dreizehnte Zutat in Erfahrung bringen, um jeden Preis. Oder wenigstens mit Ezechiels Hilfe begreifen können, was ihre Erinnerung an Vaters letzte Worte verhinderte. »Wie kommt es, dass man in einer Rezeptur mit dreizehn Ingredienzien nur zwölf verzeichnet findet?«, fragte sie mit gefasster Stimme.

    Der Alte riss die wässrigen Augen auf. »So weit, junger Freund, seid Ihr schon in die Geheimnisse vorgedrungen? Haben des Kaisers Kundschafter das Buch endlich auftreiben können? Sagt, wo? In Alexandrien? In Cordoba?«
    Aurelia zögerte. Das Versteck in der Klosterwand zu Rosenthal wollte sie lieber wahren; so spann sie eine halbe Lüge.

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