Die Goldmacherin Historischer Roman
Graf blieb sitzen, aber er stemmte die Hände in die Seiten. »Ihr lehrt noch einen Juden handeln, Legat.«
Der lächelte nur fein. »Verschafft dem Kaiser Zutritt in seine Stadt Wien. Er wird’s Euch fürstlich danken.« Er winkte Romuald mit seiner weißen Hand. »Komm nach draußen, Wappner. Ich will die Abrechnungen zur Prüfung an den Hof mitnehmen.«
Romuald beeilte sich und hielt die Stoffbahn am Zeltzugang für den Kirchenmann zur Seite. Sie gingen ein paar Schritte. Es roch nach Spanferkel, unweit hantierten die Köche über Feuern. Ein paar Adelsherrn standen beisammen und begutachteten einen Plan; hin und wieder blickte einer weit über die grünen Hügel hinaus in die Weinberge und Felder vor den Toren Wiens. Gespanne rollten zur Donau hin.
Romuald musste sich räuspern, so trocken lag seine Zunge ihm am Gaumen. »Verzeiht Herr, dass ich Euch belästige, aber habt Ihr vielleicht einen Brief von Aurelia für mich?«
Der Legat blieb stehen. »Ach ja, deine Liebste … Man
kommt vor lauter Reichsangelegenheiten kaum dazu, sich um die Seelen zu kümmern, die einem anbefohlen sind.« Er ließ die Hände in den Seitentaschen seines roten Kirchenmantels verschwinden. »Es ist so,Wappner …«
Das klang nicht gut. Romuald konnte dessen Gesichtsausdruck nicht deuten.
Der Legat hob das Kinn und schaute über die Felder. »Ich will ehrlich mit dir sein. Am Hofe drängen die Dinge. Nicht nur hier vor Wien ist unser allergnädigster Herr gefordert, er hat auch den Aufstand des Pfälzer Kurfürsten gegen seine Macht im Reich zu bestehen, der ihn absetzen will. All das bewegt uns.«
»Was hat das mit mir und meiner Aurelia zu tun?« Romuald stellte sich dem Legaten in den Weg.
Ein sehr kalter Blick traf ihn. »Sei nicht vermessen, kleiner Wappner. Nutze meine Duldsamkeit nicht über die Maßen aus.«
Die Herren erlaubten sich alles. Romuald ballte die Faust, trat aber einen Schritt zur Seite. »Verzeiht«, presste er zwischen den Zähnen hervor, so schwer es ihm auch fiel.
Der Legat schaute zum Himmel. »Nun, deine Aurelia ist ein schönes Weib. Es geschieht öfter, dass ein Freiherr oder ein Graf, der dem Kaiser am Hofe aufwartet, sich in ein hübsches Gesicht im Gefolge verguckt. Der Kaiser muss sich seine Männer in Kriegszeiten gewogen halten … Nun, dein Brief kam zu spät. Sie hat ihn nicht mehr rechtzeitig erhalten.«
»Was heißt das?« Hatten sie Aurelia an einen Adelsherrn verschachert? Romuald war es auf einmal gleich, mit wem er sprach, er musste wissen, wie es um sie stand. »Zählt eine Verlobung nichts mehr im Christenland?«
»Wie du für sie glühst.« Ein seltsamer Ausdruck huschte über das Gesicht des Legaten, ein Anflug von Erstaunen oder Neid gar. »Hättet Ihr den ewigen Bund schon geschlossen, dann …«
»Was ist mit Aurelia?« Romuald konnte sich gerade noch
bremsen, den Kirchenmann nicht am Kragen zu packen. Das hätte ihm zwanzig Peitschenhiebe eingebracht und gewiss den Verlust seines Schreibamts. »Sprecht, ich flehe Euch an.«
»Ihr liebt das Weib wirklich.« Der Legat stellte es mit einem ungläubigen Gesicht fest.
»Sie ist mein, so wahr ich hier stehe.«
»Nicht mehr, junger Freund. Sie ist nun Freifrau am Rhein.«
»Was?« Romuald war es, als ob er unter einem Schlag taumelte. »Wo, auf wessen Burg?«
»Nein, mein Freund.« Von Rüdesheim winkte mit dem Handschuh ab. »Liebestrunken wie du bist, läufst du dem Grafen Dürnfeld davon und gleich hin zur Burg und machst Ärger. Schlag dir das Weib aus dem Kopf.«
Sie hatten die Tafel mit den Soldlisten erreicht. Der Legat nahm schon die Kiesel von den Pergamenten, mit denen Romuald sie beschwert hatte. Nur ein Gedanke drehte sich in seinem Kopf: Sie haben Aurelia verheiratet.
»Sind das die Abrechnungen?«, drang die Stimme des Legaten an sein Ohr.
Romuald nickte nur und fiel auf den Hocker vor der Tafel. Die Arme sackten vor seinen Leib.
Der Legat rollte die Pergamente ein. »Verlier dich nicht an ein Weib, Mann!« Er schlug ihm auf die Schulter. »Erst Schriftsetzer, nun Wappner des Kaisers. Aus dir wird etwas. Wir können kluge Köpfe in den Kanzleien brauchen. Wenn du dich hier erst bewährst, nicht betrügst, dann …«
Romuald hörte nicht mehr, was der Legat sagte. Sie hatten ihm Aurelia weggenommen. Sie würde ebenso leiden wie er, sich am Ende gar das Leben nehmen, weil man sie in ein fremdes Bett zwang. Romuald konnte nicht glauben, dass ein Titel und ein Leben auf einer Burg mit Gesinde und Schmuck
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