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Die Goldmacherin Historischer Roman

Titel: Die Goldmacherin Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Conrad
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legte die Linke auf seinen Beinstumpf. »Viele sind aus der Stadt geflohen und hausen in den Dörfern hinter dem Wald, die noch nicht verwüstet sind. Sie tauschen ihr letztes Hab und Gut für ein paar Eier. Die Bauern brauchen neue Schüsseln, weil die alten die Räuber zerschlagen haben. Da werde ich mein Zeug schon los für ein paar Münzen. Oder tausche Geflügel ein und verkauf’s den Marketenderinnen beim Heer.«
    »Und der Weg nach Wien ist sicher?«
    »Sonst würde ich nicht fahren.« Er wies auf den Stumpf.
»Den Fehler mache ich nicht noch einmal. Sonst verrecke ich als beinloser Bettler auf einer Kirchentreppe.«
    Der Wagen rollte schneller, einen Hügel hinab. Sie fuhren auf einen Fluss zu.Veit deutete auf die buschgesäumten Ufer.
    »Die Leitha. Seit zwei Wochen kann man hier wieder langfahren, sagen die Leute in Spital, wo ich bei meiner Schwester untergeschlupft war. Der Kaiser hat die marodierenden Knechte auf Trebe so gut wie alle gedungen, weil er seinem Bruder auf den Leib rückt. Wien ist groß, da braucht er viele Mannen für einen Ring um die Stadt. Die Wälder sind leer. Die Leute atmen auf, weil sie wieder auf die Felder können. Glaub’s mir.«
    Aurelia holte die Mütze aus einem Fach unter dem Rückenbrett, das Veit ihr aufklappte. Sie wand sich das Haar und zog sie über. »Was sind das für Tiegel mit dem Wachsdeckel?«, fragte sie.
    »Frischer Knochenleim.« Er sah sie von der Seite an. »Aus dem Kloster … Den kann ich bestimmt als Erstes verkaufen.«
    In seiner Stimme schwang die Überzeugung der Verzweifelten, die sich selber Dinge einredeten, an die sie aus bitterer Erfahrung eigentlich nicht mehr glauben dürften. Ein wenig zu fröhlich und zu leichthin sagte er: »Die Marketenderinnen fahren den ganzen Tag auf den Feldern herum, da bricht schnell ein Brett entzwei.« Sein ergrauter Spitzbart hüpfte.
    Knochenleim hielt auch auf der Haut … Der Himmel hatte ihr diesen einbeinigen Veit geschickt. Aurelia musste sich auf dem Heeresfeld verbergen, sonst erkannte sie zu leicht einer der Boten oder ein Graf, den der Kaiser nach Wien zur Belagerung geschickt hatte. »Willst du dir einen Dukaten verdienen?«
    »Ha!«, lachte er nur. »Eine Possenreißerin bist du. Das wird eine lustige Fahrt.« Er schaute über die ersten Weinberge auf den Südhängen.

    »Einen echten Dukaten, meine ich.« Aurelia schnurrte fast.
    »Du könntest drei verdienen. Bei deinem Gegurre wird ja sogar ein Graf schwach.« Er kratzte den Stumpf unter dem untergeschlagenen Hosenbein. »Was soll ich dafür tun?«
    »Du gibst mir eine Schere …«
    »Das ist leicht, ich habe sogar drei da hinten.«
    »… und ein wenig Knochenleim …«
    »Geschenkt, für den Preis.«
    »Genug Haare von deinem Kopf und deinem Kinn.«
    Er riss die grauen Augen auf. »Wofür das denn?«
    »Du klebst mir einen falschen Bart auf die Wangen und von deinen Strähnen ein paar unter den Mützenrand.«
    »Du machst mir Spaß.« Wieder lachte Veit laut auf. »Bist doch eine Entsprungene.« Er kniff ein Auge zu. »Aber mich geht es nichts an. Für einen Dukaten kannst du mich scheren, kurz oder kahl, wo du nur willst.«
    Im Schatten der Eichen schritten sie ans Werk. Aurelia staunte, was sich alles unter der Plane verbarg. Veit tupfte ihr mit Pinseln den Leim auf die Haut. »Wird drei Tage halten oder vier.«
    Vorsichtig schnitt sie die Strähnen so aus seinem Bart und vom Haupt, dass es ihn nicht entstellte. »Wir sagen, wir seien Vater und Sohn, wenn die gleiche Farbe auffällt«, sagte sie.
    »Ist recht.« Er klebte ihr vorsichtig die letzten Haarbüschel auf und trat mit einem Grinsen zurück. »Einen recht hübschen Sohn habe ich da über Nacht bekommen. Wenn das mein seliges Weib wüsste, sie wäre stolz auf mich.« Ein wenig verdunkelte sich seine Miene. »Aber die hat es nicht verwunden, dass uns der ewige Bruderkrieg der Herren das Haus und die Kinder gekostet hat.« Er wischte sich über die Augen. »Verfluchte Brandschatzer«, sagte er mit brechender Stimme.
    Aurelia legte ihm die Hand auf die Schulter. »Verzeih …«
    »Schon recht.« Er fuchtelte in der Luft und lachte schon
wieder im falschen Händlerton. »Heute will ich’s lustig haben. Wie heißt er denn, der wiedergefundene Sohn?«
    Vielleicht verband das Leid die Menschen mehr, als sie glaubten. Aurelia hatte den armen Kaufmann schon vom ersten Augenblick an gemocht. »Meinhard«, sagte sie.
    »Den Dukaten kannst du mir später geben.« Er räumte Pinsel, Schere und

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