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Die Goldmacherin Historischer Roman

Titel: Die Goldmacherin Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Conrad
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hatte.

    »Im Krieg weißt du nie, ob du nicht doch Verstärkung rufen musst. Bald rennen wir gegen die Mauern Wiens an«, erklärte Koronek vor ihm.
    Wenn die Herzöge und Grafen noch einen Monat länger die Belagerung aufrechterhielten, dann gab es bald im Land um die Stadt Wien herum nicht einmal mehr einen Halm Gras zu holen. Die Felder lagen wüst, die Bauern faulten erschlagen in den Gräben, weil sie keiner beerdigte. Die Pfaffen waren allesamt hinter die Stadtmauern geflohen. Romuald tauchte ganz in den silbernen Blitz ein, den das Sonnenlicht vom Rückenpanzer Koroneks aufgleißen ließ. Darin war es warm und weich, und Aurelias Stimme sang ein Liebeslied im schön klingenden Provençal. Ja, so hieß die Sprache wohl, die er nicht verstand, nur fühlte, so als hätte sie ihre Arme um ihn geschlungen.
    »Wir sind gleich da. Die Hecken dort sind falsch, dahinter ist die Feldbefestigung eingegraben.«
    Romualds Blick folgte Koroneks Arm. Es war ihm so gleich, was dort hinter den rosa Hecken lag, solange Aurelia ihre Arme um ihn hielt. Vielleicht lag es daran, dass Oswin die Körner diesmal in den Schlafsud eingelegt hatte, damit das Bilsenkraut ihm wieder Träume schenkte und nicht nur stumpf machte. Er sollte nachher noch ein, zwei Körner mit dem Bier schlucken, wenn sie den Sold ausgezahlt hatten. Koronek würd’s nicht hören, falls er wieder ins irre Kichern kam und sich den Bauch fast blutig kratzte. Der Vormann verhurte jede freie Minute. Manchmal kam es vor, dass Romuald nur noch lachte und dabei traurig war wie der Tod. Das kommt vom Stechapfel, ich tu das nächste Mal weniger rein, sagte Oswin dann. Romuald war es gleich, was der Hufschmied zusammenmischte, solange es ihn dumpf werden ließ – oder das Zeug ihm Aurelia wiederbrachte. So wie jetzt, wo er ihre Arme um seinen Leib geschlungen fühlte wie einst zu Mainz.
    »Diesmal stellen wir aber eine Schranke auf, damit die
Landsknechte uns nicht wieder unsere Tafel beim Auszahlen umwerfen.« Koronek wandte sich um. Seine Nase tropfte ihm auf das Knie, seine Ohren waren groß wie Pfannkuchen, der riesige Mund öffnete sich. Romuald blinzelte.
    »Wie hängst du denn im Sattel?«, fragte der Vormann besorgt.
    Romuald zog sich am Knauf hoch und sammelte sich. Aurelias Arme verschwanden, dumpf fühlte er den Schmerz darüber in seiner Seele klagen. Das Gesicht seines Vormanns schmolz zum gewohnten Anblick zusammen. Romuald räusperte sich. »Ich musste vorhin brechen, der Eierstich gestern war wohl nicht ganz sauber.«
    »Zahl den Marketenderinnen mehr, dann kriegst du sogar frisches Obst.« Koronek zügelte das Pferd und lenkte es um das Wrack eines verbrannten Wagens herum.
    Romuald blinzelte in die wüste Landschaft. Die Landser hatten Gräben aufgeworfen und mit Pfählen und Weidenflechtwerk gesichert. Das kaiserliche Banner wehte über den Hecken. Welke Blätter hingen noch von den Ästen, die Mödlinger Feldfestung war wohl erst seit ein paar Tagen fertig.
    Romuald gab sich dem Sog hin und ließ die Landschaft wieder zu einem bunten Bild zerfließen, was scherte ihn das alles? Was galt es schon, dass er mit Oswin sein bisschen Sold zu der zahnlosen Marketenderin trug, die die besonderen Kräuter und Körner beschaffte, wenn er nur nichts fühlen brauchte, dumpf den Tag seine Listen schrieb, dem Vormann die Kisten schleppte und die Münzen recht zählte. Er brauchte die Träume, so wirr sie auch waren, die jeden sehnsüchtigen Gedanken an Aurelia verhüllten,Träume voller …
    Der Boden kippte ihm entgegen, sein Ellenbogen verhakte sich am Knauf. Romuald spie in weitem Bogen vom Pferderücken hinunter. Sein Magen verkrampfte wie eine Faust in seinem Leib.

    Vor ihm tanzten die Hufe des Pferdes auf der Erde des Feldwegs. Ein zweiter dicker Pferdekopf schob sich heran.
    »Gott Kerl!« Koroneks Arm riss ihn an der Schulter hoch. »Pass doch besser auf, was du frisst.« Er hielt ihn aufrecht, bis Romuald wieder fest im Sattel saß. »Nimm einen Schluck!«
    Fast griff er an der Feldflasche vorbei. Das Wasser war kühl und frisch, er spülte sich den Mund aus, spuckte zur anderen Seite von seinem Pferd hinab und trank noch einmal. »Danke.« Er reichte Koronek die Flasche zurück. »Es geht schon.«
    Schade um die Bilsenkörner. Bald klärte sich sein Geist wieder, für die Listen und die Abrechnung war es gut.Aber bei jedem Namen, in dem ein A oder R anklang, würde er nur an sie denken. Bei jeder Münze, die rötlich schimmerte, an ihr Haar, bei jeder

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