Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Die Goldmacherin Historischer Roman

Titel: Die Goldmacherin Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Conrad
Vom Netzwerk:
Hure in den Wagen, die ihre Beine ausstellte, an ihre Haut denken. Romuald schüttelte ein Frost. Mochte der Krieg ihn bald verschlingen, dann wäre es endlich gut.
    »Jetzt kriegst du langsam Farbe im Gesicht. Ich dachte schon, du fällst mir in den Dreck.« Koronek drückte seinem Ross die Knie in die Weichen.
    Vor ihnen öffnete sich eine Lücke in der Hecke. Dahinter lagen Sperrbalken nicht quer im Weg, sondern links aufgestapelt, falls man Streitwagen zu Fall bringen musste, in diesem Bruderkrieg, der bald in den Wiener Auen seinen Blutzoll verlangen würde.
    »Sold! Es gibt Sold!«, schrie ein Landsknecht, der den Zugang bewachte.
    »Dummköpfe«, knurrte Koronek und zügelte sein Pferd am Zelt mit dem Banner.
    Romuald saß ab. Die Soldliste würde nicht lang, die Kiste war schon halbleer. Er fröstelte schon wieder, sein Leib gierte nach einem Schluck von Oswins Mohntrunk, damit das Frieren aufhörte. Er brauchte einen. Nur einen. Dringend.

62
    A urelia wusch sich am frühen Morgen in dem klaren Bach. Die ersten Sonnenstrahlen drangen durch das Blätterdach und die Vögel begrüßten den neuen Tag so fröhlich, dass sich ihre Unbekümmertheit ein wenig auf Aurelia übertrug. Sie schüttelte das Wasser von Beinen und Armen und knotete die Schuhbänder der fast zerschlissenen Zofenschuhe um die Sohlen herum. Sie hatte keine Sorge, dass Fürst Laszlo noch vor dem Wald lagerte. Die Heilige Krone nach Ungarn zu bringen, war ihm oberste Pflicht. Die Demütigung, die er durch Aurelia erfahren hatte, war schnell vergessen, sobald ihn der Hof des Ungarnkönigs Matthias Corvinus glorreich feierte.
    Aurelia wanderte langsam zwischen den Stämmen hindurch, sie wollte ihre Kraft aufsparen, bis sie wieder unter Menschen war, denen sie vertrauen konnte. Ein wenig Geld verwahrte sie noch an ihrem Busen bei Romualds Entlassungsbefehl und den Schmucksteinen.
    Die Wege über die Hügel nach Neustadt hin mied sie lieber. Zu viel Volk war unterwegs, das vielleicht etwas von der geflohenen Hexe gehört haben mochte. Am Ende ließ der Kaiser sie gar suchen. Besser war es, dem Waldrand zu folgen, bis sie Nebenwege erreichte, auf denen sie irgendwie nach Wien gelangen konnte. Dort, wo der Kaiser jetzt seinen Bruder belagern ließ, steckte Romuald in irgendeinem der zwanzig oder dreißig Feldbefestigungen.
    Aurelia wärmte die müden, von der Nacht auf dem Ast verkaterten Muskeln in der Morgensonne. Am Bach hatte sie
noch getrunken, nun hieß es wieder darben. Aber was war ein wenig Hunger gegen die Freiheit! Sie streckte die Arme zum Himmel und blinzelte ins Licht. »Ich danke dem Herrn!« Nur den ewigen Mächten verdankte sie ihre Errettung.
    Der Wald lichtete sich etwas. Manchmal sprang Aurelia über umgestürzte Bäume oder lief um lange Beerenhecken herum auf der Suche nach einer Lücke, in der sie sich nicht das Kleid an den Dornen zerriss. Wieder war sie wie als Kind auf den Straßen, wieder ohne Haus und Dach. Doch sie würde nicht ganz bis nach Wien laufen können, das entkräftete sie zu sehr.
    Aurelia besann sich auf das Wissen der Fahrenden. Als sie einen Nebenweg erreichte, suchte sie sich einen Busch, dessen Laub bis zur Erde reichte, und versteckte sich darin.
    Sie saß mit angezogenen Knien, den Rücken an zwei Äste gelehnt und lugte auf den Weg, sobald sie Fuhrwerke rumpeln hörte. Sie hatte den Platz gut gewählt, das Laub schützte sie vor der Mittagshitze. Aber weder bei den vier Bauernkarren hätte sie sich zeigen dürfen, noch bei dem Viehhändler oder den drei Mönchen. Junge und gesunde Männer waren es allesamt – und selbst die Kirchenleute konnten getarnte Landsknechte sein, auf dem Weg zum Herzog Albrecht oder dem Heer des Kaisers.
    Aurelia seufzte. Gegen Männer hatte sie kaum eine Chance. Wie oft hatte sie gesehen, wie Weiber einfach unweit der Wege ins Gras geworfen wurden, weil einer seine Lust stillen wollte.
    Ein Wagen mit mindestens zwei oder drei Frauen darauf müsste es sein. Nicht gerade Marketenderinnen, sonst zwangen die sie noch als Fahrgeld zu Hurentaten.
    Wieder hörte sie Räder auf dem Feldweg rumpeln. Aurelia schob das Laub auseinander. Eine alte Mähre zog einen grauen Karren mit hohem Aufbau, ein wenig schräg standen die Räder. Lumpen deckten die Waren zu. Dem Händler auf dem
Kutschbock fehlte ein Bein, die Krücken waren neben ihm eingeklemmt.
    Vor ihm könnte sie weglaufen, wenn er zudringlich würde … Die Lahmen waren selten eine Gefahr, hatten sie doch selbst so viel Raub

Weitere Kostenlose Bücher