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Die Goldmacherin Historischer Roman

Titel: Die Goldmacherin Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Conrad
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Kinder endlich wiedersehen dürfen. Gundi hatte wollene Beinlinge getragen, das Haar war sauber geflochten und sie hatte sogar gelächelt. Beppo hatte ihr einen kleinen, nur ein bisschen krummen Quirl geschenkt, den er hatte selbst schnitzen dürfen, so wie der Müllersmann es ihm gezeigt hatte. Neun Waisenkinder lebten in der Klostermühle. Schwester Mechthild hatte ihr inzwischen verraten, dass die Äbtissin, sobald wieder Frieden im Mainzer Umland herrsche, nach Verwandten der Kleinen suchen lassen werde.
    Aurelia ließ den Blick zum Kreuzhof vor dem Nonnenhaus schweifen. »Am Brünnlein dort in der Mitte hängen schon kleine Eiszapfen.«
    »Die Nonnen waschen sich da vor dem Essen die Hände. Sie werden die Kälte nicht mögen.« Walli richtete sich auf. »Frühes Eis bringt wenig Speis.« Sie ließ sich vom Balken auf den Dachboden hinab. »Wollen wir anfangen?« Schon gestern hatten sie den Dachfirst hoch die Ziegel hinaufgeschafft, bis ihnen die Finger blutig geworden waren.
    »Bist du dir sicher, dass man auf dem untersten Sparren anfängt, die Ziegel einzuhängen?«, fragte Aurelia.

    Wallis dicke Wangen glänzten rot vor Kälte. »Schau dich um. Die Dächer drüben auf den Ställen und das halbe vorn am Torhaus haben wir im Sommer gedeckt.Wir Frauen. Da lernst du, wie’s geht.« Sie stemmte die Hände in die Seiten. »Die Äbtissin schickt ja unsere Männer immerzu in den Klosterwald zum Holzmachen, weil sie es grad gut verkaufen kann.«
    Kein Wunder bei den vielen Brandschatzungen im Land, da brauchte man überall Bauholz.
    In den ersten Tagen im Kloster hatte Aurelia gedacht, Enhardis sei nichts als ein kaltherziges Adelsfräulein. Dann hatte sie die vielen Schäden am Kloster gesehen, die zerborstenen Mauern, fauligen Balken und fehlenden Dachrinnen. Auch Klostermauern schützten nicht immer.Vor zwei Jahren hatten sich der Zweibrücker Herzog und der pfälzische Kurfürst befehdet und nebenbei das Kloster Rosenthal geplündert. Enhardis duldete vom Gesinde weder Widerworte noch Faulenzerei. Aber anders war der Wiederaufbau wohl nicht zu schaffen. Aurelia hangelte sich über Sparren und Leitersprossen auf den Dachboden zu Walli hinab.
    »Lass immer nach jedem fünften Ziegel eine Lücke, aber nur so breit wie ein dicker Strohhalm.« Walli bückte sich, sie klopfte jeden Ziegel mit dem Finger ab und prüfte den Klang des Scherbens.
    Aurelia tat es ihr gleich. Dass sie keine gesprungenen Ziegel auflegen sollte, leuchtete ihr ein, die Lücke nicht. »Warum legen wir den Spalt?«
    »Damit die Luft ein bisschen durchzieht. Ein Dach ist dann schneller trocken, und es wächst auch nicht so viel Moos.«
    Die erste Reihe ging schnell von der Hand, die zweite war schwieriger, weil sie die etwas ungleichen Ziegel versetzt zu den ersten auflegen mussten.
    »Wenigstens ist es das letzte Dach.« Aurelia legte ein gesprungenes Tonstück zur Seite.

    »Mache dir keine Hoffnungen. Zu Mechthild und den Büchern kommst du noch lange nicht. Hast du die Mauern in den Ställen gesehen, wo es gebrannt hat? Die müssen alle noch geputzt und geweißelt werden. Damit haben wir bis Frühjahr zu tun.«
    Die Dienstleute hielten vom Schreiben auch nicht mehr als von jedem anderen Handwerk, dessen man im Kloster bedurfte. Aurelia seufzte. »Mechthild sagt mir immer wieder, dass sie meine Hilfe in der Apotheke braucht.«
    »Im Gesindehaus wundert es keinen, dass sie sich nicht gegen die Äbtissin durchsetzen kann.« Walli winkte ab und klopfte auf den nächsten Ziegel. Und klopfte noch einmal. »Klingt wie ein halber Riss. Hör mal.«
    Aurelia nickte. »Leg ihn lieber weg, sonst müssen wir bald zum Ausbessern aufs Dach.« Sie hatte die Anspielung auf Schwester Mechthild wohl gehört und neigte den Kopf fragend zur Seite. So gut kannte sie Walli schon. Sie war immer für ein bisschen Klatsch aufgelegt.
    Prompt nahm diese den Faden wieder auf. »Im Konvent dürfen ja nur die adeligen Nonnen wählen, wenn eine neue Äbtissin gefunden werden muss. Es ist lange hin- und hergegangen. Wir Dienstleute durften nur Brot durch einen Türspalt reichen und nicht mal zum Auskehren ins Nonnenhaus. Schließlich hat die Enhardis die Wahl gewonnen, mit einer Stimme, heißt es. Rat mal gegen wen.«
    Schwester Mechthild, keine Frage. »Ist es nicht auch eine Sünde, nachtragend zu sein?«
    »Frag hier lieber nicht so laut, was Sünde ist und was nicht.« Walli richtete gleich zwei Ziegel auf dem Sparren. »Du wärst nicht die erste Aspirantin, die gehen

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