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Die Goldmacherin Historischer Roman

Titel: Die Goldmacherin Historischer Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sybille Conrad
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»Ein Vorschuss auf Eure Verdienste, Heliodor.«
    Himmel hilf! Aurelia schloss die Augen und fasste nach der Hand der Prinzessin. Sie drückte sie, heuchelte Inbrunst und seufzte in falscher Leidenschaft. »Ihr besiegt mich«, flüsterte sie. »Mein niedriger Stand verbietet mir …« Wie beschämt senkte sie den Kopf.
    »… nichts, Heliodor. Hier am Schachbrett sind wir nichts als zwei Spieler, nicht wahr?« Die Lippen der Prinzessin streiften ihr Ohr. »Kämpfen wir nicht beide um einen süßen Sieg?«
    Eine Wendung noch, und sie müsste sie küssen. Schon fühlte sie die Wange Margrets an ihrer.
    Drei feste Schläge an der Stubentür retteten Aurelia. Die Prinzessin zuckte zurück und wischte dabei zwei Bauern vom Brett, so dass sich Aurelia rasch danach bückte.
    »Herein!«, rief Margret, nur um sofort die junge Dienerin mit dem schiefen Ohr anzuherrschen: »Du? Was widersetzt du dich meinem Befehl, dass ich nicht gestört werden will?«
    Die Dienerin fiel vor ihr auf die Knie und duckte sich halb zur Seite, als fürchte sie Schläge. »Verzeiht mir, Herrin, aber die
Kaiserin verlangt Euch sofort in der Kapelle zu sehen. Sie duldet keinen Aufschub, das befahl sie mir ausdrücklich Euch auszurichten.«
    Die Kleine Prinzessin schlug mit der flachen Hand auf das Schachbrett, dass die Figuren nur so tanzten. Ein heftiger Laut des Missfallens entfuhr ihr. »So sei’s. – Räume hier auf, dummes Ding.« Sie raffte ihr Kleid und schlüpfte am Spieltisch vorbei.
    Vor der großen Sternkarte drehte sie sich noch einmal um. »Die Partie gilt als unentschieden, Heliodor. Wir setzen sie alsbald fort.«
    Der Saum ihres Kleids raschelte über die Dielen, dann war sie draußen.
    Die Dienerin mit dem schiefen Ohr war einfach auf dem Boden sitzen geblieben und seufzte. »Was kann ich denn dafür, dass die Kaiserin heute schon den ganzen Tag übellaunig ist? Koche ich etwa die Morgensuppe, die sie bläht?«, sagte sie mehr zu sich selbst.
    Aurelia machte sich eiligst davon. Sie wusste sich keinen anderen Rat. Sie musste mit von Rüdesheim sprechen, wie sie der Tändelei der Kaisertochter entkommen konnte, ohne dass sie deren Feindschaft heraufbeschwor.

32
    M itte April wurde es überraschend warm. Nicht nur die Blätter und Blumen in den Hofgärten sprossen, auch Gerüchte schwirrten mehr und mehr herum. Mit jeder Woche länger am Hof begriff Aurelia mehr, dass sie von den Höflingen keinerlei Hilfe erwarten konnte. Denn des Kaisers Unterschrift hatte zwar eine Bestellung in Gang gesetzt, aber wann die Steinmehle geliefert würden, wusste keiner zu sagen.
    Aurelia schritt über die Schwelle des Gesindehauses in den sonnigen Burghof. Im Licht blieb sie stehen und schloss die Augen. Es war ihr gleich, dass die Küchenjungen, die Wasser vom Brunnen hineinschleppten, nun um sie herumgehen mussten. Endlich wärmten sie die Strahlen, endlich keimte mit dem Frühjahr Hoffnung in ihrem Herzen auf, obwohl die großen Herren in den Gängen oder die Schreiber und Hofleute beim Essen im Gesindehaus von nichts anderem mehr redeten als vom Bruderkrieg zwischen dem Kaiser und Herzog Albrecht. Der Streit drehte sich um die Macht in den Erblanden Habsburgs, Niederösterreich und Wien. Die Landstände waren bockig, nur mit Mühe würde der Kaiser seine Herrschaft hier aufrechterhalten können. Das verhieß einen bitteren Krieg zwischen den beiden Brüdern.
    Aurelias Hoffnung gründete sich auf das Geld, das sie nun verdiente. Im Hof in der milden Aprilluft stehend, kreiselten hinter ihren geschlossenen Lidern wunderbare Lichtspiele. Es war so leicht gewesen, einen der gerüsteten Grafen ins Gespräch zu verwickeln und ihm eine Probe Schwertlot, das die Klingen härter machte, für den Schmied zu schenken.
Schon am nächsten Tag war sein Geselle gelaufen gekommen.
    Wie man mit den derben Handwerkersleuten handelte, hatte sie bei Vater und in der Mainzer Nachbarschaft gelernt. Die Schmiede hatten genug Metall, nicht nur Eisen und Kupfer, auch Gold und Silber. Die ewigen Fehden ernährten sie bestens, machten sie fett, weil selbst die Sieger meist nicht die Schmieden zerstörten.
    Aurelia fasste sich an den Geldsack an ihrem Gürtel. Von Tag zu Tag wurde er voller. Eine erste Fuhre der teuren Erdsalze, persischen Schnee und Roterde hatte sie schon auf eigene Faust beim größten Kaufmann zu Neustadt bestellen können.
    Sie wandte sich im Burghof um. Über den Umlauf im ersten Stockwerk schleppten die Weiber Körbe vom Waschhaus zum Palast.

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