Die Goldmacherin Historischer Roman
Darunter trugen die Küchenjungen in Ledereimern noch mehr Spülwasser vom Brunnen ins Gesindehaus. Sie strich sich den Bart, wie ein feister Kaufherr es tun würde. Ein wenig den Mann darstellen sollte sie wohl, das durfte sie nicht so oft vergessen.
Seit sie über Silbermünzen verfügte, steckte sie wie die anderen dem Küchenmeister wöchentlich etwas zu und saß deshalb drinnen am ersten Tisch gleich bei der großen Feuerstelle. Da war es nicht nur weniger zugig, dort wurde außerdem auch ein Fleischgang mehr aufgetragen.
Aurelia lief am Brunnenhaus vorbei.
»Heliodor!«
Sie sah nicht gleich, woher der Ruf kam. Das Vordach des Weinhauses und der Mauerwinkel brachen den Schall.
»Heliodor, schaut nach links!«
Die Stimme eines Mannes hatte sie gerufen, das hatte sie gehört, doch sie sah nicht mehr als ein Bein. Ein kräftiges Männerknie steckte in einem eng anliegenden, feinen Lederbeinling, ein Mantel lugte hinter der Mauerkante vor. Pelzbesatz?
Aurelia ging vom Weinhaus den schmalen Gang zum kleinen Turm hin, der den ganz alten Burgteil mit dem neuen Saalhaus verband. Die Mauer führte ein wenig um die Turmwand weiter, dahinter verbarg sich ein Ausguck zur Stadt.
Als sie herumbog, wäre sie fast in den Rufer hineingerannt. Sie schrak zurück und maß den großen Mann mit dem Blick. In vielen Falten spielte der blaue Stoffmantel um den schlanken Leib. Der helle Pelzrand hatte sehr weich ihre Hand gestreift. Ein kurzer brauner Bart, die moosgrünen Augen blickten sie belustigt an. Herrgott! Sie verneigte sich. »Fürst Laszlo, verzeiht, dass ich Euch auf den Fuß getreten bin.«
Der Ungar hatte schon zwei Schritt rückwärts zum Ausguck gemacht und ließ sich auf den Sitzstein bei einer niedrigen Zinne fallen. »Ist der Ausblick nicht herrlich?«
Dabei schaute er frei und glücklich in den blauen Himmel. »Die Luft riecht nach Frühling«, sagte er.
Aurelia beugte sich über die Zinnen. Tatsächlich, auf der Südseite grünte es schon heftig. Das gemahnte sie an den Sud, den sie aus Schwefel kochen musste, um noch mehr Türkenpulver herzustellen, wie es die Prinzessin gestern erneut in der Lehrstunde verlangt hatte. Eures ist besser als jedes andere zuvor. Der Kaiser ist zufrieden. Macht mehr davon aus seinen Vorräten. »Ihr habt Recht, Fürst.« Aurelia versuchte, in Laszlos Gesicht zu lesen. Er hatte sie doch sicher nicht gerufen, damit er mit ihr den Genuss an diesem Ausblick teilen konnte. Wäre sie eine Magd gewesen, der er nachstellte, vielleicht. »Es hieß im Gesindehaus, der ganze Hof sei bei der Jagd?«, fragte sie.
Fürst Laszlo machte eine Handbewegung als würfe er einen abgebissenen Apfel achtlos zur Seite. »Mein Pferd hat sich an einem Flutgraben den Huf vertreten, so bin ich umgekehrt.«
Als ob es hier im Stall kein Ross für einen Fürsten als Ersatz gäbe. Doch Aurelia nickte nur.
»Heliodor, Euer Schwertlot wie Euer Sprengpulver werden
bei den Heeresleuten gerühmt.« Der Fürst schlug ein Bein über das andere und maß sie mit klarem Blick. »Die Alchemistenzunft stehe dem Metall sehr nahe, hat man mir gesagt.«
Seine Stimme klang so deutlich leichthin, dass er also einen tieferen Sinn andeuten wollte. Aber welchen? »Wir beschäftigen uns mit der Natur der Dinge, das ist wahr«, wich sie aus.
»Ihr wisst den Wert der verschiedenen Metalle wohl zu schätzen, nicht wahr?« Seine Augen glitten über sie, als wolle er ihr ein Kleinod schenken. »Euer liebstes, sagt Heliodor, ist von welcher Farbe?«
Mit dem Metall meinte er natürlich Geld. War sie denn so träge im Kopf und dumm von der lauen Luft geworden? »Die Farbe meines Herren ist mir recht.« Sie lehnte sich an die Zinne in ihrem Rücken. Er wollte sie bestechen, so einfach war das. Was würde ein ungarischer Fürst am Hof des Kaisers anderes wollen, als für seine ungarischen Angelegenheiten Zuträger zu finden?
Laszlo lachte, frei und unbeschwert, wie es nur ein Mann von hohem Stand vermochte.
Romuald lacht auch so, raunte es in Aurelia. Ein süßer Schauder lief über sie.
»Heliodor, Ihr gefallt mir.« Fürst Laszlo wies auf den Platz neben sich auf dem Steinsitz. »Ihr seid von klarem Verstand. Ihr mögt am liebsten Gold wie der Kaiser auch. Ihr werdet es ihm schon beschaffen. Sprechen wir also frei.«
Aurelia hielt sich im Schatten der Turmwand, denn die Sonne wärmte schon sehr um die Mittagszeit. Im Sommer würden die falschen Kopfhaare sicher kein Vergnügen sein. »Ein Fürst ist frei, ich bin nur Diener
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