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Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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bisher nur Vermutung gewesen war, hatte sich nun als unumstößliche Tatsache in ihr verfestigt. Lukas war getötet worden.
    Deshalb musste sie zurück in die Stadt, in der sie fast den Tod gefunden hätte, koste es, was es wolle. Nur wenn ich meine Unschuld beweisen kann, werde ich in Frieden leben und Elisabeth zu mir holen können. Cristins Lippen verengten sich zu einem dünnen Strich, und sie warf Baldo einen verstohlenen Blick zu. Noch ahnte er nicht, dass sie jetzt in die Stadt fuhren, in der alle nach ihnen suchten. Am liebsten hätte sie ihrem Retter und Begleiter, der in diesem Moment ihre Hand ergriff, entgegengeschleudert, wie wenig sie seine Zuneigung verdiente. Das Herz wurde ihr schwer. An diesem Abend würde sie ihm alles erzählen müssen.
    Nachdem Cristin sich innerlich wieder gefasst hatte, atmete sie tief durch und betrachtete ihre beiden Mitreisenden näher. Ihr gegenüber saß eine zierliche blonde Frau in einer einfachen weißen Tunika. Bei ihrer Abfahrt hatte sie sich Cristin als Irmela vorgestellt, und sie zählte höchstens siebzehn oder achtzehn Lenze. Neben ihr auf dem Holzbrett hockte Utz, ein junger Mann, nur wenig älter als Baldo. Ein schmaler rötlicher Haarkranz schmückte sein sonst kahles Haupt, und wenn er statt des einfachen grünen Wamses und dem Beinkleid aus grob gewebter hellbrauner Wolle eine dunkle Kutte getragen hätte, wäre sie sicher gewesen, dass es sich bei Utz um einen Mönch handelte. Michel, der junge Mann vom Marktplatz, lenkte den Wagen. Das andere Gespann vor ihnen, auf dem sich allerlei nützliche sowie kuriose Gerätschaften, Decken, Fässer, Töpfe und Körbe befanden, in denen die Gaukler vermutlich ihre Vorräte aufbewahrten, wurde von Mathes kutschiert, einem kräftigen Mann mittleren Alters, dessen dunkles Haar wirr vom Kopf abstand. In diesem Wagen befanden sich außerdem Duretta, eine junge Frau mit dunkelbraunen, zu einem straffen Zopf geflochtenen Haaren, die nur ein Auge besaß, und Urban, ein hochgewachsener Mann mit einem runden Gesicht. Von Zeit zu Zeit schaute er sich nach einem an den Planwagen angehängten Karren um, auf dem sich ein Käfig mit der Attraktion der kleinen Gauklergruppe befand, einem jungen Bären.
    Cristin starrte auf den stämmigen Rücken des Tieres, das sich unruhig in seinem Gefängnis hin und her bewegte. Von Zeit zu Zeit drehte es sich um und wandte ihr den Kopf mit der lang gezogenen Schnauze, den kleinen Augen und den runden, aufgerichteten Ohren zu. Sie schluckte. Der Karren befand sich höchstens fünf Klafter vor ihnen. Hoffentlich hielten die hölzernen Gitterstäbe, dachte sie. Auch Lump hatte das Raubtier längst gewittert und stieß ein ängstliches Fiepen aus, dann zog er den Schwanz ein und legte sich zu ihren Füßen. Jetzt hob er den Kopf. Mit rauer Stimme, die beinahe wie ein Reibeisen klang, sprach sie auf ihn ein, woraufhin das Tier verstummte und sich beruhigte.
    Cristin sah Utz an. »Was habt ihr mit dem Bären vor?«
    »Urban bringt ihm das Tanzen bei«, erklärte der junge Mann leichthin.
    »Das Tanzen?« Sie runzelte ungläubig die Stirn. »Einem wilden Tier?«
    Utz lachte. »Der ist doch nicht wild«, erklärte er. »Urban hat ihn aufgezogen. Der Bär denkt wahrscheinlich, er sei seine Mutter. Außerdem hält er die elenden Wegelagerer ab, die überall lauern.«
    So etwas hatte sie noch nie gehört. Als das Tier ein lautes Brüllen ausstieß, fuhr sie zusammen.
    »Und was macht ihr anderen?«, mischte sich Baldo in das Gespräch ein, ohne ihre Hand loszulassen.
    Utz griff unter die schmale Holzbank und zog einen Beutel darunter hervor. Er griff hinein und entnahm ihm ein schlankes Holzinstrument. »Ich spiele auf der Schalmey und auf der Laute. Michel bläst den Dudelsack und schlägt die Trommel. Irmela und Duretta tanzen auf einem Seil in luftiger Höhe und jonglieren mit Bällen. Und Mathes verschluckt ein Schwert.«
    Cristin fasste sich unwillkürlich an die Kehle. Während die Wagen an einer Mühle vorbeirollten, deren Rad sich knarzend im Wasser eines kleinen Flüsschens drehte, kroch sie nach vorn und tippte Michel auf die Schulter. »Ich möchte mich nochmals bedanken, dass ihr uns mitnehmt«, rief sie, damit er sie trotz des Windes und des Lärms verstehen konnte. »Doch wüsste ich gern, was mein Bruder und ich tun können, um unser täglich Brot zu verdienen.«
    »Ich sagte ja schon, du würdest gut als Wahrsagerin durchgehen. Die Leute lieben es, wenn man ihnen etwas über ihr Leben und

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