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Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition)

Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Die Goldspinnerin: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerit Bertram
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später verschieben und erst mal mithelfen, die Wagen abzuladen? Hier gibt es nämlich einiges zu tun!« Es war Mathes, der sich vor ihnen aufbaute.
    Baldos Gesicht hatte jenen Ausdruck angenommen, den sie von ihm kannte, wenn er sich nur mühsam beherrschte. Sein Mund wurde zu einem dünnen Strich, und in seinen Augen glitzerte es kalt. Ihr Herz machte einen Satz, als sie sah, wie Baldo sich versteifte und die Arme vor der Brust verschränkte. Doch er schürzte nur die Lippen und verzog das Gesicht zu einem geringschätzigen Grinsen.
    »Soweit es einem Krüppel wie mir möglich ist, gern! Schließlich wollen wir unsere neuen Freunde nicht verärgern, stimmt’s, Schwester?«
    Cristin atmete erleichtert aus und nickte. »Unbill hat ja jeder von euch schon genug, werter Mathes.«
    Der trat noch einen Schritt näher und begutachtete Baldos Augenklappe mit hochgezogenen Brauen. »Wollt ihr zwei mich etwa verarschen?«
    Sie setzte ein harmloses Lächeln auf. »Einen freundlichen und hilfsbereiten Kerl wie dich? Wie kämen wir denn dazu?«
    Der stämmige Mann warf ihnen einen letzten misstrauischen Blick zu, dann drehte er sich auf dem Absatz um und ging zu Urban, Michel und Utz hinüber, die damit beschäftigt waren, den Käfig mit dem Bären vom Wagen zu heben. Cristin und Baldo sahen sich an. Nur mit großer Anstrengung konnten sie sich zurückhalten, nicht laut herauszuplatzen. Sie wunderte sich über sich selbst. Wie lange war es her, seit sie fröhlich gewesen und einen Scherz gemacht hatte? Sie hätte nicht gedacht, dass es ausgerechnet hier in Lübeck für sie möglich war.
    »Dem habt ihr es aber gegeben!« Irmela war unbemerkt neben sie getreten. »Mathes tut immer so, als sei er unser Anführer.«
    Baldo verlagerte sein Gewicht auf das andere Bein. »Das haben wir schon gemerkt.«
    »Lasst euch von dem bloß nichts gefallen«, sagte das zierliche Mädchen und nickte. Sie lächelte Cristin freundlich an. »Kannst du Duretta und mir beim Aufbauen helfen?«
    Cristin folgte der jüngeren zu dem anderen Wagen, in dem sich das Holzgestell mit dem Hanfseil befand, auf dem Irmela in luftiger Höhe ihre Künste zeigte. Von immer mehr Schaulustigen beobachtet, errichteten die drei Frauen das Gestell am Rande des Platzes, während die Männer den Käfig mit dem jungen Bären darin herbeischafften. Lump drängte sich mit eingezogenem Schwanz eng an Cristin heran und beäugte den Bären.
    Bald hatten sie alles für ihre erste Vorstellung aufgebaut, allerdings wussten weder Baldo noch Cristin, was sie am Abend zu tun hatten.
    Baldo wischte sich die staubigen Hände an seiner Hose ab. »Wo werden wir lagern, Michel?«
    »Nahe der Stadtmauer«, erwiderte dieser. »Wird zwar beschwerlich werden mit dem Bären, dafür sind wir sicher vor dem Gesindel.« Er zwinkerte Cristin verschmitzt zu. »Anzügliche Seeleute mag er am wenigsten. Also wirst auch du ruhig schlafen können, meine Hübsche.«
    Sie lächelte freudlos. Als ob sie innerhalb dieser Mauern jemals Ruhe finden könnte. Äußerlich wirkte Baldo gelassen, aber sie kannte ihn besser, und seine Anspannung übertrug sich auch auf sie. Cristin spürte, dass er alles um sich herum beobachtete wie ein wildes Tier, das auf der Lauer lag, um bei nahender Gefahr zuschlagen zu können. Auch er hat Angst, erkannte sie. Angst vor seinem Vater, an den er sich nicht erinnerte.
    »Zeit für eine erste Probe«, meinte Michel und gab den Neuankömmlingen sowie den übrigen Gauklern ein Zeichen, ihm zum Bärenkäfig zu folgen. »Duretta«, wies er die Einäugige an. »Du zeigst Agnes, wie sie sich schminken und kleiden soll, und erklärst ihr alles. Du, Adam, kommst mit Utz und mir, damit ich dich das Trommeln lehren kann.«
    Duretta entnahm einem Korb mehrere Kleidungsstücke und hielt sie Cristin entgegen. Ein aus grober, roter Wolle gefertigtes Gewand verströmte einen scharfen Geruch, weshalb die junge Frau die Nase rümpfte und den Kopf schüttelte. Ein anderes schwarzes Kleid mit bunten, weiten Ärmeln war zwar schon recht fadenscheinig, aber sauber. »Vielleicht dieses?«, fragte Cristin vorsichtig.
    Duretta nickte. Das Gesicht mit dem einen verkümmerten Auge wirkte ein wenig formlos, doch die junge Frau strahlte eine fröhliche Gelassenheit aus, die Cristin anziehend fand. »Ja. Nimm das hier am besten auch noch, du brauchst viel Tand und Geschmeide«, lächelte sie und überreichte ihr einen Haufen glitzernder Ketten und Ohrringe. »Zieh dich hier um, Agnes. Ich passe schon auf,

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