Die Gottessucherin
erbost«, erwiderte Gracia. »Die Maßnahmen gegen die Firma Mendes verstoßen gegen verbrieftes Recht. Zweihundert Kaufleute aus allen Ländern fordern ihre sofortige Aufhebung. Sie fürchten um ihr Eigentum und ihre Sicherheit in Antwerpen.«
»Die Angst der Kaufleute ist allein Euer Werk! Ihr habt sie aufgestachelt. Wir verlangen die sofortige Beendigung des Aufruhrs. Er bedroht unseren wichtigsten Handelshafen.« »Dann lasst meinen Schwager frei!«
»Diogo Mendes ist kein Gefangener des Kaisers, sondern des Papstes«, entgegnete Cornelius Scheppering. »Außerdem - was berechtigt Euch, Forderungen zu stellen? Ihr steht unter Anklage. Die Firma Mendes missbraucht ihre Handelsniederlassungen, um Abtrünnigen des katholischen Glaubens die Flucht aus Portugal zu ermöglichen.«
»Die Schiffe unserer Firma versorgen die Niederlande mit Gewürzen und allen anderen Handelswaren aus der Neuen Welt, die in diesem Land begehrt werden.«
Die Regentin schüttelte den Kopf. »Eure Schiffe überschwemmen mein Land mit Juden!«
»Aber wir sind entschlossen, Euer Treiben zu beenden«, fügte Cornelius Scheppering hinzu. »Die Verhaftung Eures Schwagers ist nur der erste Schritt. Auch in Portugal wird bereits das Nötige getan, um das Übel an der Wurzel auszureißen. Die meisten Eurer Hintermänner sind bereits identifiziert und verhaftet.« Der lauernde Blick aus seinen wässrigen Augen machte Gracia misstrauisch.
»Welche Hintermänner meint Ihr?«
»Marranische Ketzer, die anderen Ketzern helfen, sich dem Glaubensgericht zu entziehen. Zum Beispiel Euer Vater.« »Mein Vater?«, fragte Gracia entsetzt.
»Er hat einen Agenten Eurer Firma, Samuel Usque, unterstützt, jüdische Apostaten dem Zugriff der Inquisition zu entziehen und ihnen zur Flucht über die Kanareninsel Madeira zu verhelfen. Ein jüdischer Kaufmann in Funchal, der dort eine Handelsstation betreibt, hat alles gestanden. Wir können Euren Vater jederzeit in Lissabon vor Gericht stellen. Ein Brief an den dortigen Großinquisitor genügt.«
Der Vorwurf war so absurd, dass Gracia keine Antwort fand. Die Schiffe über Madeira zu leiten war allein ihre Idee gewesen, genauso wie die Einschaltung der dortigen Handelsstation - ihr Vater hatte von alledem nicht die leiseste Ahnung! Entscheidend aber war jetzt nur eine Frage: Zu welchem Zweck erhob der verfluchte Dominikaner diese absurde Anschuldigung? Um noch mehr Geld zu erpressen? Gracia betete zu Gott, dass es so war. Solange es nur um Geld ging, gab es Hoffnung. »Wie viel verlangt Ihr?«, fragte sie.
»Wollt Ihr Eure Verbrechen gegen den Glauben in Gold aufwiegen? Pfui Teufel! Solche Geschäfte könnt Ihr vielleicht dem Kaiser vorschlagen.« »Worum geht es dann?«
Cornelius Scheppering überließ die Antwort der Regentin. »Es geht um Eure Tochter.«
»Reyna?«, fragte Gracia. »Was hat sie damit zu tun?« Maria rückte ihre weiße Haube zurecht. »Eine Person von Stand hat den Kaiser gebeten, um die Hand Eurer Tochter anhalten zu dürfen. Mein Bruder hat sich sehr erfreut über das Ansinnen gezeigt, und auch der Papst würde sein Einverständnis geben. Die Heirat wäre ein Zeichen, dass die Familie Mendes dem Judentum für immer abgeschworen hat.«
»Nein ...« Gracia begriff. »Meine Tochter - soll einen Christen heiraten?«
Cornelius Scheppering nickte. »Einen braven, glaubensfesten Mann. Er wird Eure Tochter auf den rechten Weg führen.« »Das wird nicht nötig sein«, erwiderte Gracia, nur mühsam beherrscht. »Meine Tochter erfüllt bereits jetzt alle ihre Pflichten. Das Privileg des Kaisers ...«
»Der Kaiser
wünscht
diese Heirat«, schnitt die Regentin ihr das Wort ab. »Das Jawort Eurer Tochter wäre ein öffentliches Bekenntnis zum katholischen Glauben. Ihr Ehebeschluss würde alle bestehenden Widrigkeiten beenden und zugleich ein Band der Freundschaft zwischen dem Haus Mendes und der Kaiserfamilie knüpfen. Und was Euren Schwager betrifft: Im Falle Eurer Zustimmung wäre der Papst bereit, Diogo Mendes freizulassen.«
»Sagt Euren Preis«, entgegnete Gracia. »Die Firma Mendes räumt Euch jeden Kredit ein, der unserem Handelshaus möglich ist. Zinsfrei, mit unbestimmter Frist.«
»Warum müssen juden immer nur ans Geld denken?« Cornelius Scheppering verzog angewidert das Gesicht. »Es geht um das Seelenheil Eurer Tochter. Sie wird an der Seite ihres künftigen Mannes ein gottgefälliges Leben führen. Was zählt im Vergleich dazu Geld?«
Gracia dachte nach. Aber ihr fiel nichts ein.
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