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Die Gottessucherin

Die Gottessucherin

Titel: Die Gottessucherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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Angst um einen Mann - um Diogo Mendes, ihren Schwager, den Bruder ihres Gatten und Gatten ihrer Schwester.
    »Du prüfst mein Herz und suchst es heim bei Nacht. Adonai, du kennst meine Torheit, und meine Schuld ist dir nicht verborgen.«
    Monate und Jahre hatte sie ihre Gefühle verleugnet, um nicht in ihnen gefangen zu sein. Sie hatte sogar erwogen, einen Mann zu erhören, für den ihr Herz gar nicht schlug, für den sie statt Liebe nur Freundschaft empfand, um ihre Gefühle für Diogo abzutöten, Gefühle, die doch Verrat an seinem Bruder waren, an ihrem ersten und einzigen Mann, dem sie vor Gott verbunden war und dem sie ewige Treue geschworen hatte, über den Tod hinaus. »Es ist nichts Gesundes an meinem Leibe wegen deines Drohens, und es ist nichts Heiles an meinen Gebeinen wegen meiner Sünde.«
    Jetzt, in der Stunde der Angst, erfasste sie die Wahrheit ihres Herzens mit solcher Macht, dass sie erschauderte. Ja, sie liebte Diogo, liebte ihn mit jeder Faser ihres Leibes ...
    »Denn ich bin arm und elend, und mein Herz ist zerschlagen in mir.«
    Nein, nein, nein - diese Liebe durfte nicht sein! Sie hatte Francisco ewige Treue geschworen, und Diogo war der Mann ihrer Schwester, und als der Herr und König sein Schicksal in ihre Hände legte und sie Diogo vom Richtblock befreite, indem sie ihre Tochter einem Edomiter in die Ehe versprach, da hatte sie die Seele ihrer Tochter für das Wohl ihres Geliebten preisgegeben. Wie konnte sie dieses Verbrechen wiedergutmachen? Es gab nur einen Weg. Wenn Gott sie erhören sollte, um Reyna vor den Edomitern zu retten, musste sie die Wahrheit ihrer Seele vernichten, musste sie sich das Herz aus der Brust reißen und die Liebe zerschlagen, die darin regierte und solche Macht über sie hatte.
    »Lass an mir nicht zuschanden werden, die deiner harren, Herr Zebaoth! Lass an mir nicht schamrot werden, die dich suchen, Gott Israels! Lass deiner sich freuen und fröhlich sein alle, die nach dir fragen. Und die dein Heil lieben, lass alle Wege sagen: Hochgelobt sei Gott!«
    Wie sonst nur zu Jörn Kippur, kniete sie nieder, um mit der Stirn den Boden zu berühren, zum Abschluss des Gebets. Da pochte es am Tor ihres Hauses, so laut, dass sie erschrocken in die Höhe fuhr. Wer würde das sein? Diogo oder die Garde? »Beweise deine wunderbare Güte, Adonai, denen, die dir vertrauen ...«
    Noch während sie ein kurzes Schma zum Himmel sandte, raffte sie ihre Röcke, um die Treppe hinaufzueilen. Sie hatte alle Dienstboten aus dem Haus geschickt - niemandem konnte sie mehr trauen, zu groß war die Gefahr, dass man sie verriete. Wieder klopfte es am Tor, noch lauter als zuvor. Sie blieb stehen und schloss die Augen. So laut klopften nur Soldaten. »Dona Gracia! Wo bleibt Ihr?«
    Als sie die Stimme hörte, war es, als riefe Gott nach ihr. So schnell sie konnte, öffnete sie das Tor.
    » Der Herr sei gelobt, Ihr seid es!« Während Diogo aus der schwarzen Regennacht in die erleuchtete Halle trat, erstarben ihr die Worte auf den Lippen. Sein nasser Wachsmantel, sein Zobel, beide waren rot von Blut. »Um Himmels willen! Was ist passiert?« »Habt keine Angst, alles ist gut.« »Wo ist Reyna?«
    »In Sicherheit. Sie ist mit José auf dem Weg nach Venedig.« »Gott sei Dank!« Während er Mantel und Pelz von den Schultern streifte, nahm Gracia ihren ganzen Mut zusammen. »Aber das Blut?«, fragte sie.
    »Es gab einen Kampf, am Stadttor von Brüssel.« »Wurde jemand getötet? Oder verletzt?«
    »Keiner von uns. Aber drei von ihnen hat es erwischt.« Diogo stieß mit dem Stiefel das Tor zu. »Es ist besser, wenn uns keiner sieht.«
    »Ja, Ihr habt recht«, sagte sie. »Hat man Euch verfolgt?« »Nein, wir haben die Soldaten in eine falsche Richtung gelockt. Wir haben sie von einem Versteck aus beobachtet und gewartet, bis sie nach Süden geritten sind. Erst dann haben José und Reyna sich auf den Weg gemacht.«
    Gracia spürte, wie das Gefühl der Ohnmacht endlich von ihr abfiel. »Dann habt Ihr es also wirklich geschafft?« »Ja«, sagte Diogo mit triumphierendem Grinsen. »Schade nur, dass ich das Gesicht der Regentin und ihres kaiserlichen Bruders nicht sehen kann. Sie werden eine Weile brauchen, bis sie begreifen, was passiert ist. Und wenn sie endlich kapieren und die Meute auf uns hetzen, sind wir längst über alle Berge.« »Was meint Ihr - sollen wir gleich aufbrechen?« »Jetzt, in der Nacht? Bei dem Wetter? Das wird nicht nötig sein. Wir haben mindestens zwei Tage Zeit. Sie suchen im

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