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Die Gottessucherin

Die Gottessucherin

Titel: Die Gottessucherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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Antwort zu geben. »Ich bin sicher, der Anblick hat Euch entsetzt. All die levantinischen Gestalten, die sich mit ihren dunklen Tüchern vermummen wie Verbrecher ... Die drangvolle Enge ... Die hohen, schäbigen Gebäude, bar jeglicher Schönheit und Zierde ...«
    Er verstummte, um seine Rede wirken zu lassen. Zufrieden stellte er fest, dass die Worte den erhofften Eindruck nicht verfehlten. Das Mienenspiel in Briandas Gesicht veränderte sich so rasch wie auf den zahllosen Bildern von ihr an den Wänden. Fast tat sie ihm leid.
    War jetzt der Zeitpunkt gekommen, um seinen eigentlichen Angriff vorzutragen?
    »Ja, reden wir von Eurem Prozess«, sagte er. Und ohne jeden Übergang fügte er hinzu: »Wisst Ihr, dass Eure Schwester Euch mit Eurem Mann hintergangen hat?« »Wie ... wie kommt Ihr darauf?« Brianda war verwirrt. »Das Testament, um das Ihr streitet - ist es nicht Beweis genug? Euer Mann hat Eure Schwester zur Erbin seines gesamten Vermögens bestimmt. Welchen Grund sollte er sonst dafür gehabt haben?«
    »Das hat nichts zu bedeuten«, erklärte Brianda. »Meine Schwester arbeitet schon seit Jahren in der Firma und ist mit allen Ge-
    Schäften vertraut. Es ist nur natürlich, dass mein Mann ihr die Verantwortung übertragen hat.«
    »Und warum hat er sie zum Vormund Eurer Tochter bestellt?« »Ihr irrt Euch, wenn Ihr daraus Schlüsse zieht. Meine Schwester hat Dom Diogo nie geliebt. Im Gegenteil! Sie hat sich geweigert, ihn zu heiraten, ja, sie hat mich sogar dazu gezwungen, es an ihrer Stelle zu tun.«
    »Warum sagt Ihr das? Weil Ihr das wirklich glaubt? Oder nur, weil Ihr es glauben wollt?« Cornelius Scheppering unterdrückte seinen Ärger und machte einen Schritt auf sie zu. »Ich weiß, wie sehr Ihr leidet, ich kann in Eurem Herzen lesen. Und tief in Eurem Herzen wisst Ihr, was für eine Teufelin Eure Schwester ist.« Er streckte ihr den Arm entgegen. »Seht Ihr meine Hand? Ich reiche sie Euch, um Euch Hilfe anzubieten. Ich bin Euer Freund und für Euch da, wann immer Ihr meiner Freundschaft bedürft. Nehmt diese Hand und schlagt ein.«
    Doch Brianda rührte sich nicht. »Nein«, sagte sie. »Ich brauche Eure Hilfe nicht, das Gericht wird auch so meine Rechte anerkennen. Und was die Beweggründe meines Mannes betrifft, das Testament so zu verfassen, wie er es getan hat, so waren sie rein geschäftlicher Natur. Wenn Ihr etwas anderes behauptet, müsst Ihr es beweisen.«
    Mit den Zähnen knirschend, zog Cornelius Scheppering seine Hand zurück. Er war sich seiner Sache so sicher gewesen, doch seine schärfste Waffe hatte sich als stumpf erwiesen. Herrgott, was konnte er vorbringen, um Brianda Mendes die Scheuklappen von den Augen zu reißen? Heiliger Zorn wallte in ihm auf. Wenn diese Frau ihm nicht im Guten folgen wollte, dann ... Plötzlich spürte er, wie es in seinen Gedärmen zu grummeln und zu wühlen begann.
    »Da Ihr schweigt«, sagte Brianda, »nehme ich an, Ihr wollt Euch verabschieden.« Um das Gespräch zu beenden, ging sie zur Tür. Cornelius Scheppering glaubte, bersten zu müssen. In seinem Leib war plötzlich die Hölle los, es drängte und trieb in ihm wie ein wütender Dämon, der ausfahren wollte. Es blieb ihm nichts übrig, als vorerst die Waffen zu strecken und einen Abort aufzusuchen.
    Als Brianda die Tür öffnete, schlug draußen die Glocke von San Marcuola. Cornelius Scheppering verharrte auf der Schwelle. Nein, noch durfte er den Kampfplatz nicht verlassen, nicht mit einer solchen Niederlage ... In seiner Not schickte er ein Stoßgebet zum Himmel.
    Ein endloser Augenblick verstrich, ohne dass etwas geschah. »Nun, worauf wartet Ihr?«, fragte Brianda. Da endlich erbarmte der Herr sich seines Glaubensknechts. Wie durch ein Wunder verstummte der Dämon in Cornelius Schepperings Gedärm, und der Heilige Geist sandte ihm eine Idee. »Ihr verlangt einen Beweis?«, fragte er. »Eure Ehe mit Dom Diogo, zu der Eure Schwester Euch gezwungen hat, ist der Beweis, den Ihr verlangt!« Brianda lachte laut auf.
    »Ja, lacht nur. Doch das Lachen wird Euch gleich vergehen. -Wisst Ihr, was eine Brandmauer ist?«
    »Natürlich«, erwiderte sie mit einem Schulterzucken. »Man errichtet sie zwischen zwei Teilen eines Gebäudes, damit bei einem Feuer die Flammen nicht übergreifen. Warum fragt Ihr?« »Das will ich Euch gerne erklären.« Cornelius Scheppering hielt für einen Moment inne. Dann sagte er: »Eure Ehe mit Dom Diogo war nichts anderes als eine solche Brandmauer, die Eure Schwester zu ihrem

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