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Die Gottessucherin

Die Gottessucherin

Titel: Die Gottessucherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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Wie glücklich war er gewesen, als Reyna geboren wurde! Er hatte gehofft, das Kind würde ihn mit Gracia verbinden, aber das Gegenteil war der Fall. Reyna hatte sie noch mehr voneinander entfremdet, den Graben zwischen ihm und seiner Frau nur noch vertieft. Und einen Sohn würde es nie geben. Nach der schweren Geburt hatte der Arzt erklärt, dass Gracia keine Kinder mehr bekommen könnte.
    Als würde Dom Jono ahnen, was ihn bewegte, wurde das Gesicht des Königs wieder ernst. Doch der Grund war ein anderer. Abermals wechselte er das Thema.
    »Die Vorfälle von Badajoz machen uns große Sorge. Spanische Marranen, denen wir aus christlicher Nächstenliebe Asyl gewährt haben, sind bei Nacht und Nebel über die Grenze in ihre Heimatstadt zurückgekehrt, um dort ihre Frauen aus den Kerkern der Inquisition zu rauben, in denen sie selbst gefangen waren.« Mit Ekel spürte Francisco, wie das Schweinefleisch ihm aufstieß. Er wusste über den Vorfall Bescheid, besser als Dom Jono. Die Frauen waren inzwischen in Lissabon, versteckt in einem Speicher der Firma Mendes.
    »Das Judenpack hat die ganze Stadt in Angst und Schrecken versetzt«, fuhr der König fort. »Der Inquisitor von Badajoz hat mir geschrieben und drängt mich, den Marranen auch in meinem Land das Handwerk zu legen. Ihr wisst, was das heißt?« Mit zusammengekniffenen Augen fixierte er seinen Gast. Francisco lief es kalt den Rücken hinunter. Er hatte keinen Zweifel, weshalb der König den Vorfall erwähnte. »Muss ich Eure Frage als Drohung verstehen, Majestät?« »Um Himmels willen - nein!«, erwiderte Dom Jono. »Aber was soll ich machen? Jedermann drängt mich, den Papst zu ersuchen, die Einsetzung des Glaubensgerichts voranzutreiben, allen voran mein Schwager, Kaiser Karl. Er wirft mir bereits vor, dass meine persönliche Freundschaft zu Euch mich daran hindere, meine heiligsten Pflichten zu erfüllen.«
    »Und Ihr meint, zweihunderttausend Dukaten könnten den Kaiser milder stimmen?«
    »Ich denke, wir verstehen uns«, sagte Dom Jono, sichtlich zufrieden. »Kann ich also meinem Schwager schreiben, dass Ihr ihm das Geld für seinen Feldzug gegen die Osmanen anweisen werdet?« Als er sah, dass Francisco immer noch zögerte, fügte er mit einem Augenzwinkern hinzu: »Es soll Euer Schaden nicht sein. Als Zeichen unserer Dankbarkeit sind wir bereit, für die Dauer des Darlehens bei allen Importen der Firma Mendes aus Indien auf den Einfuhrzoll zu verzichten. Außerdem garantiere ich Euch die bevorzugte Abfertigung Eurer Schiffe in allen Häfen des portugiesischen Reiches.«
    Hatte Francisco eine Wahl? Wenn er den Vorschlag ablehnte, öffnete er eigenhändig das Tor für die Inquisition. Wenn er den Vorschlag hingegen annahm, dann ... Während der König bereits sein Glas erhob, um den Handel perfekt zu machen, überschlug Francisco im Kopf die Zahlen. Durch den Wegfall der Zölle sparte die Firma Mendes jedes Jahr ein Zehntel der Summe, die sie dem Kaiser zur Verfügung stellte. Nüchtern betrachtet, war der Vorschlag nicht nur ein ganz normales Geschäft, sondern bot langfristig sogar die Aussicht auf einen hübschen Gewinn. Auch er hob sein Glas. »Es wird mir eine Ehre sein, dem Kaiser mit dem gewünschten Darlehen zu dienen.« »Zinsfrei auf fünf Jahre?« »Zinsfrei!«
    Die beiden Männer stießen an, um ihren Pakt zu beschließen. »Eure Tochter wird es Euch einmal danken«, sagte Dom Jono und trank aus. Dann wischte er sich ein letztes Mal über den Mund, zog sein frömmstes Gesicht und faltete die Hände. »Seid Ihr so freundlich, das Gebet zu sprechen?«
    Francisco stellte sein Glas auf den Tisch, und obwohl das Schweinefleisch ihm immer noch aufstieß, schlug er das Kreuzzeichen, wie der katholische Glaube es vorschrieb.
    »Im Namen des Vaters und des Sohnes und des Heiligen Geistes ...«
     

17
     
    »Wer kommt in meine Arme?« »Iiiiiich!«
    So schnell wie ein Blitz kam Reyna angerannt. Gracia fing sie auf und warf sie hoch in die Luft. Das Kind war ihr ganzes Glück, ein quietschendes Bündel Lebensfreude. Während sie mit ihrer Tochter so schnell im Kreis wirbelte, dass ihr fast schwindlig wurde, glaubte sie, in das Gesicht eines Engels zu sehen. Die rötlichen Haare und Sommersprossen hatte Reyna von ihr geerbt, die Lockenpracht von ihrem Vater, auch die hellblauen Augen, die wie zwei Sterne aus ihrem lachenden Gesichtchen strahlten. Ja, Reyna war ein Geschenk des Himmels - der Beweis, dass Gott ihr verziehen, der Herr und König sie wieder in

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