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Die Gottessucherin

Die Gottessucherin

Titel: Die Gottessucherin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Prange
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herrscht kein Zweifel! Schließlich haben sie die Wohltat der Taufe empfangen.«
    »Man hat sie an den Haaren zum Taufbecken gezerrt, mit himmelschreiender Gewalt. Von freier Willensbekundung kann keine Rede sein.«
    »O doch!«, rief Carafa. »Es stand ihnen frei, sich mit dem Mute der Makkabäer töten zu lassen, wenn ihnen die Taufe so sehr zuwider war - ergo haben sie sich aus freien Stücken zum Christentum bekannt!«
    »Und die Barmherzigkeit?«, erwiderte der Papst. »Die christliche Nächstenliebe? Die Fabel vom mitleidenden Jesus hat der Kirche unschätzbare Dienste erwiesen. Um sie aufzuwiegen, bedarf es gewichtiger Argumente. Ihr hättet besser daran getan, Euch ein Beispiel an Diogo Mendes zu nehmen.«
    Wieder bleckte er die Zähne. Cornelius Scheppering war angewidert - zu durchsichtig waren die Ausflüchte Seiner Heiligkeit. Der Papst sträubte sich gegen die Inquisition, weil er von beiden Parteien Bestechungsgelder kassieren wollte. Um im Petersdom einen Hochaltar errichten zu lassen. Oder um die geschminkten Huren, die seinen Palast in großer Zahl bevölkerten, mit Gold und Schmuck zu behängen.
    Obwohl Carafa ihm befohlen hatte, nur zu sprechen, wenn er dazu aufgefordert wurde, nahm Cornelius Scheppering seinen ganzen Glaubensmut zusammen, um noch einmal auf die Beweise zurückzukommen.
    »Die Juden fliehen nach Konstantinopel, in die Arme des Antichristen! Sie stärken den Widersacher der heiligen katholischen Kirche! Es heißt, Francisco Mendes löst bereits seine Firma auf, um sein Vermögen in den Dienst der Mohammedaner zu stellen !«
    »Gerüchte, nichts als Gerüchte!« Der Papst nahm ihm die Papiere aus der Hand. »Hatte man die nicht bei der Leiche gefunden? In der Kloake?«
    »Die Wege des Herrn sind unerforschlich.« »Untersteh dich, den Namen des Herrn zu missbrauchen!«, donnerte der Papst. »Wir sind das Schurkenstück leid. Erst verübt man vor unseren Augen einen Mordanschlag auf einen Mann, der in seiner Frömmigkeit fünfzigtausend Dukaten für unseren Altar opfern will, und jetzt verlangt ihr, dass wir wegen dieses mirakulösen Abrakadabras, dieses labyrinthischen Zahlenwirrwarrs« - er schlug mit dem Handrücken auf das Pergamentbündel -, »ganze Völkerschaften verfolgen. Nein, das gefällt uns nicht - überhaupt nicht!«
    Er hob die Seiten vor sein Gesicht, um daran zu schnuppern. »Die Beweise sind gefälscht«, erklärte er dann. »Um Himmels willen!«, rief Cornelius Scheppering. »Seht doch, Heiliger Vater, das Pergament, wie alt es ist.« »Und wenn es hundert Jahre alt wäre! Nie waren diese Blätter den fäkalischen Dünsten einer Kloake ausgesetzt! So wenig wie die Seele der Jungfrau dem Gestank der Sünde!« Wieder schnupperte er an dem Bündel. »Non olet«, konstatierte er mit listigem Blick, »es stinkt nicht!«
     

34
     
    Das Geschrei der Kaufleute und Matrosen tönte so laut vom Kai herauf, dass Gracia trotz der Hitze das Fenster des Hafenkontors schloss. Mit einem neidvollen Blick auf die Möwen, die hoch in den Lüften über den Masten der Großsegler kreisten, frei und fern aller Sorgen, drehte sie sich zu Dom Felipe herum, dem Kapitän der Esmeralda, der mit seinem Dreispitz in der Hand auf ihre Antwort wartete.
    »Ja, Ihr habt richtig verstanden«, sagte sie. »Ihr sollt die ganze Schiffsladung verkaufen! Noch heute! Egal zu welchem Preis!« »Tausend Sack Pfeffer? Für eine Handvoll Diamanten?« »Wir haben keine andere Wahl. Das wissen die Händler. Wir müssen froh sein, wenn sie uns nicht anzeigen.« Francisco hatte sie nach Beiern geschickt. Im Hafen gab es inzwischen mehr Spitzel als Ratten, die nur darauf lauerten, einen marranischen Kaufmann wegen Fluchtvorbereitungen bei den Behörden zu melden, doch einer Frau traute niemand zu, Geschäfte solcher Größenordnung abzuwickeln. Außerdem sollte Gracia mögliche Post aus England abfangen, ein Schiff aus Bristol wurde für heute erwartet, vielleicht war endlich ein Brief von Thomas Cromwell dabei. Sie hatte ihren Neffen José beauftragt, Ausschau zu halten.
    »Die paar Diamanten bedeuten einen Schleuderpreis«, erklärte der Kapitän. »Ich bin für die Ladung um die halbe Welt gesegelt. Mein zweiter Offizier ist bei Kap Hoorn über Bord gegangen, und drei Männer sind an Skorbut krepiert.« »Bitte tut, was ich Euch sage. Es ist der Wunsch meines Mannes.«
    »Ihr macht einen schweren Fehler. Die Ladung ist dreißigtausend Dukaten wert. Vielleicht versuchen wir wenigstens ...« Gracia gelang es

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