Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06
muß ich ein Stück aus Euch herausreißen.
Nun wickelte sie den Streifen um den Kopf des Zepters und trat einen Schritt zurück. »Nehmt das nicht ab,
bis Ihr dem Zerstörer gegenübersteht.«
Axis nickte und wollte etwas sagen, als Grindel ihn
am Ellenbogen faßte.
»Sternenmann, die Awaren haben noch etwas für
Euch.«
Überrascht ließ der Krieger sich von dem Häuptling
durch den Steinkreis auf die Lichtung zurückführen. Viele Klanführer hatten sich bereits versammelt, und Brode
schritt ihm aus ihren Reihen entgegen.
»Sternenmann«, erklärte er, »ich erinnere mich noch
gut daran, daß wir Euch bei einer früheren Gelegenheit,
als Ihr hier im Hain vor uns getreten seid, unsere Unterstützung verweigerten. Damals haben wir uns geirrt, und
vermutlich hätten wir Euch schon früher unterstützen
sollen. Doch wollen wir das jetzt alles nachholen.«
Axis lächelte dankbar über diese Worte, aber er hatte
keine Ahnung, was die Waldläufer noch für ihn zu tun
vermochten. Immerhin besaß er nun das Regenbogenzepter, und mehr bedurfte es doch nicht, um Gorgrael gegenüberzutreten.
»Wir können nicht kämpfen«, fuhr Brode fort, »doch
wir wollen etwas anderes für Euch tun.«
Er legte eine kleine Pause ein, und fuhr dann fort:
»Wir wollen den Zerstörer für Euch finden.«
Dem Krieger stockte der Atem. »Ihr vermögt, Gorgrael aufzuspüren?«
»Axis«, lächelte der Älteste, »Ihr habt doch nicht
ernstlich angenommen, von Awarinheim aus geradewegs
auf den Zerstörer zu stoßen, der bereits auf Euch wartet?
Nein, der Böse haust hoch oben im Norden in seiner Eisfestung.«
»Aber wie finde ich sie? Kennt Ihr sie vielleicht?«
»Nein. Aber Gorgraels Mutter war Awarin. Woraus
immer er sich auch sonst noch zusammensetzen mag, in
seinen Adern fließt awarisches Blut. Wir können ihn daher fühlen – und aufspüren. Fünf von uns«, er zeigte auf
die Gruppe Männer hinter ihm, »werden deshalb mit
Euch in den Norden reisen und Euch zu der Eisfestung
führen.«
»Nein, nein, das wäre viel zu gefährlich für Euch.«
»Wir fürchten uns nicht vor dem Tod, Sternenmann,
und wir sind in der Lage, Gorgrael zu finden. Sein Blut
wird immer nach uns rufen, und selbst seine stärksten
Zauber sind nicht in der Lage, uns mit Schatten oder
Trugbildern zu narren.«
Aber Axis war nicht bereit, die Awaren einer solchen
Gefahr auszusetzen. »Als Gorgraels Bruder bin ich ebenfalls von seinem Blut. Da könnte ich ihn doch genauso
gut selbst aufspüren.«
»Spürt Ihr ihn denn wirklich, Sternenmann? Fühlt Ihr
den Zerstörer so stark, daß Ihr der Fährte folgen könntet?
Nein, glaubt mir, mein Freund, das awarische Blut erweist sich hier stärker als das ikarische. Und aus diesem
Grund werden wir Euch auch begleiten.«
»Ich habe schon jemanden, der mit mir kommt.« Er
nickte in Richtung des Waldrandes, wo der getreue Arne
wartete.
»Ja, wir sehen ihn, und wir kennen ihn. Sternenmann,
laßt uns Euch begleiten, und sei es nur aus dem Grund,
den Stolz unseres Volkes wieder zu stärken.«
»Aber Ihr könntet dabei leicht den Tod finden«, wandte der Krieger ein.
Brode schaute ihn nachdenklich an, sagte jedoch
nichts.
Axis ließ noch einen Augenblick verstreichen. Mochten die Waldläufer doch glauben, daß er noch mit sich
ringe. In Wahrheit konnte er nichts mehr einwenden. Das
wußten die Awaren, und so vermochte er ihnen auch
nichts vorzumachen.
»Also gut«, erklärte der Krieger schließlich bereitwillig. »Begleitet mich, und seid mir auf dieser Reise willkommen.«
Faraday trat nun neben ihn und legte ihm sanft eine
Hand auf den Arm. »Ach übrigens, ich werde auch mit
Euch kommen«, verkündete sie wie selbstverständlich.
»Nein, niemals, vollkommen ausgeschlossen!«
29 D IE
E
ISFESTUNG
»Ihr habt mir versprochen, daß Artor die Hexe daran hindern werde, die letzten Bäume anzupflanzen. Aber jetzt
steht der Wald und hat sich mit dem alten vereint! Außerdem habe ich mein ganzes Heer verloren! Fort, nicht
mehr da, einfach aufgelöst!«
»Aber, aber«, entgegnete der Dunkle, doch Gorgrael
wollte sich nicht beschwichtigen lassen.
»Habt Ihr nicht das wilde Toben ihres Liedes gehört,
als es mein Heer vernichtet hat?« kreischte der Zerstörer.
Lieber Mann zuckte zusammen, sagte aber nichts dazu. Timozel saß am Kamin mit schweren Lidern. Und
starrte vor sich hin.
Gorgrael ging in die Hocke, stützte sich auf die langen
Arme und ließ die Krallen ausfahren. Er knurrte und
wackelte mit dem Kopf hin und
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