Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06
blühte
und gedieh und sicherstellen, daß die neue Welt tatsächlich gesund und kräftig aus dem Haß und der Trennung
der vergangenen tausend Jahre aufstieg. Die meisten
Tencendorianer hatten die Bürgerkriege gut überstanden.
So waren die Menschen längst wieder dabei, ihre Äcker
zu bestellen und Handel zu treiben. Die Ikarier hatten
ihre ihnen so lange versperrten Städte inmitten der wogenden Wälder der Minarettberge wieder in Besitz genommen. Freierfall, der neue Krallenfürst der Vogelmenschen, herrschte dort schon seit Jahren mit Abendlied an
seiner Seite.
Freierfall, Ho’Demi, Isgriff, Magariz und Belial, die
Prinzen des neuen Reiches, regierten ihre Provinzen weise und gerecht, und Axis mußte nach der Anfangszeit
nicht mehr durch das ganze Land reisen, um überall seine
Oberherrschaft zu befestigen. Zweimal jährlich kamen er
und die Prinzen zu offiziellen Beratungen zusammen,
aber viel häufiger trafen sie sich zu Festen und familiären
Anlässen.
Dem Krieger blieb so Gelegenheit, mehr und mehr
Zeit hinter dem blauen Nebel zu verbringen, der Sigholt
immer noch umgab. Er übte sich in seinen immer noch
wachsenden Kräften, erforschte die Magie, die in ihm
schlummerte, und unterhielt sich gern mit den Sternengöttern, wenn sie vor ihm erschienen. Darüber hinaus
liebten sich seine Gemahlin und er von Tag zu Tag mehr,
und es bereitete ihm die größte Freude, mit seinen Kindern zusammen zu sein.
Gelegentlich kamen Magariz, Rivkah und ihr Sohn
nach Sigholt. Der Fürst hatte in der fruchtbaren Ebene
zwischen den Flüssen Ichtar und Azle seine neue Stadt
errichtet, die stetig wuchs. Sie hatte den Namen Severin
erhalten und galt mittlerweile als bedeutendste Stadt Ichtars. Hsingard lag immer noch in Trümmern. Jervois hatte man zwar wieder aufgebaut, aber es kam der neuen
Hauptstadt nicht gleich. Rivkah und Magariz hatten dort
auf einem Hügel, von dem aus man die ganze Stadt überblicken konnte, ihren Palast errichtet.
Das Unbehagen, das der Sternenmann über Rivkahs
neue Schwangerschaft – einen neuen Bruder für ihn –
empfunden hatte, war weitgehend verflogen. Zared hatte
von seiner Mutter den Witz und den Mut geerbt, und von
seinem Vater das gute Aussehen und die Aufrichtigkeit.
Axis stellte zu seiner Verblüffung fest, daß ihm sein viel
jüngerer Halbbruder immer besser gefiel. Er hoffte inständig, ein angenehmes Verhältnis könne zwischen ihnen entstehen – und nicht eine neue unversöhnliche
Feindschaft wie mit seinen inzwischen verstorbenen
Brüdern.
Aschures Vater hatte sich bislang noch nicht wieder
gezeigt. Niemand wußte, wohin Wolfstern sich nach der
Erfüllung der Prophezeiung gewandt hatte – nicht einmal
seine Tochter ahnte etwas. Aber wenn Axis es recht bedachte, war es ihm durchaus recht, nie wieder etwas von
dem uralten mächtigen Zauberer zu hören. Vielleicht war
der Ikarier ja wieder durch das Sternentor in die Daseinsebene zurückgekehrt, die er eigentlich ja nie hätte verlassen sollen. Vielleicht, vielleicht aber auch nicht. Gut
möglich, daß Wolfstern schon wieder irgendwo saß und
neue Ränke schmiedete.
Doch Wolfstern beschäftigte die Gedanken des Kriegers nur selten. Sollte er tatsächlich eines Tages wieder
auftauchen, würde Axis schon mit ihm fertigwerden.
Der Sternenmann hatte das Regenbogenzepter seit
dem so ereignisreichen Tag in Gorgraels Gemach nie
mehr angerührt. Der Stoffetzen aus Faradays Gewand
bedeckte den edelsteinblitzenden Knauf immer noch, und
die Insignie selbst lagerte in einer geheimen Kammer auf
Burg Sigholt. Irgendwann, nahm Axis sich vor, würde er
den Stab genauer untersuchen – und nach dem tatsächlichen Verbleib der Wächter forschen. Er spürte, daß ihr
Geist immer noch im Zepter steckte, aber auch, daß die
rechte Zeit für eine genauere Beschäftigung damit noch
nicht gekommen war.
Nur ein Schatten lastete auf Axis’ glücklichem und
sonnigen Dasein: Das Wissen darum, seinen jüngsten
Sohn eines Tages den Awaren überlassen zu müssen.
Die Waldläufer waren größtenteils in Awarinheim geblieben. Nur wenige Klans wanderten auf ihren Zügen
auch durch Bardenmeer. Die Awaren hatten ihm erklärt,
sie wollten warten, bis Isfrael zum Jüngling herangereift
war. Dann solle Faradays Sohn bei ihnen seinen Platz als
Magierkönig einnehmen. Und erst dann wollten sie auch
in größerer Anzahl ihren Wald verlassen.
Axis unterhielt sich nun mit seinem jüngsten Sohn
über Sternenströmers bevorstehenden Besuch. Doch je
tiefer sie in den Wald
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