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Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06

Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06

Titel: Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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er dann.
»Er hütet das Bett, das er allem Anschein nach seit
drei Wochen nicht mehr verlassen hat.«
Die Freude in der Miene des Kriegers erlosch. Nachdem er vor kurzem noch selbst lange mit dem Tod gerungen hatte, glaubte er nicht, so rasch danach das Sterben eines anderen ertragen zu können. Axis nickte nur
und hielt dann in der immer noch größer werdenden
Menge nach seinem Leutnant Ausschau.
»Belial!« rief er schließlich, als er ihn Arm in Arm mit
Kassna entdeckte, und wartete ungeduldig, bis die beiden
zu ihm geschlendert waren.
»Kassna«, begann er und zwang sich dazu, sie freundlich anzulächeln, »ich fürchte, ich muß Euch Euren wiedergewonnenen Gemahl gleich wieder fortnehmen.« Enttäuschung breitete sich auf ihren Zügen aus, aber als
tapfere Soldatenfrau zuckte sie ergeben die Schultern.
»Belial, befehlt den Offizieren, mit ihren Einheiten auf
den Wiesen zwischen der Burg und der Stadt Seeblick
das Lager aufzuschlagen. Danach begebt Ihr Euch in Rolands Gemach. Der Fürst liegt im Sterben.«
»Jawohl, Sternenmann.« Der Leutnant küßte Kassna
rasch und verschwand dann, Befehle rufend, im Gewimmel.
Axis nahm Aschures Hand. »Kommt, wir wollen Roland unsere Aufwartung machen.«
    Roland stellte die letzte Verbindung zu Axis’ früherem
Leben dar, das ihm bereits wie eine ferne Erinnerung
vorkam. Der Krieger blieb eine Zeitlang am Bett des
Herzogs stehen und betrachtete ihn. Dann ließ er sich
auf der Bettkante nieder und nahm die Hand des Sterbenden.
    »Endlich«, lächelte Roland, als verstünde er Axis’ Gedanken. »Mir wird die Gnade zuteil, mit der alten Ordnung zu sterben, damit ich nicht beim Aufbau der neuen
nur im Weg stehe.«
    »Ihr steht uns nie im Weg«, widersprach ihm der
Krieger. Aschure sank auf einen Stuhl. Sie hielt immer
noch Caelum in den Armen. Auf dem Weg zur Kammer
hatte Axis seine Liebste gefragt, ob sie es für klug hielte,
den Kleinen mitzunehmen. Aber der Knabe hatte ihm
entgegnet, daß er jeden Tag viel Zeit mit dem alten Mann
verbracht habe. Aschure hatte ihren Gemahl daraufhin
ins Gesicht gesehen: Wir müssen ihn nicht vor dem Erlebnis des Todes abschirmen.
    Rolands Lächeln verblaßte jetzt. Seine Gesicht wirkte
wie das eines Totenschädels, und seine Haut hatte eine
ungesunde Graufärbung angenommen. Dem Krieger war
dieser Anblick nur zu vertraut: Der Körper mochte bereits tot sein, aber der Geist leistete Widerstand und
klammerte sich immer noch an das Leben. »Ihr habt große Schlachten geschlagen, mein Sohn, wie man mir berichtete.«
    Der Krieger zuckte die Achseln: »Ja, einige Schlachten, aber ob sie groß waren, darüber muß die Geschichte
entscheiden. Und noch schwierigere stehen uns bevor.«
    Ein Schatten senkte sich über die Züge des Herzogs.
»Aschure sagte mir, Jorge sei tot.«
Axis nickte. »Er wurde von einem Verräter ermordet.
Von Timozel, dem Sohn der Herrin von Tare.«
Rolands Haut schien noch mehr über den Knochen
einzufallen. »Nein, bitte das nicht. Ich habe den Jungen
immer gemocht.«
»Das haben wir alle«, entgegnete der Krieger, »so wie
wir alle Fehler machen.« Er tippte auf die Klinge an seiner Seite. »Ich trage Jorges Schwert, Roland, derselbe
Stahl, mit dem Timozel ihn durchbohrte, und ich habe
beim Tod dieses Mannes geschworen, diese Klinge eines
Tages in den Leib seines Mörders zu stoßen.«
Der Herzog drehte den Kopf zur Seite. »Vielleicht bin
ich nicht einmal allzu traurig darüber, diese Welt zu verlassen. Denn gewiß erwartet Jorge mich schon im Nachleben, und wenn ich komme, wird er mich ausschelten,
weil ich ihn so lange habe warten lassen.«
Axis traten Tränen in die Augen. »Euren Kindern und
Kindeskindern geht es gut, Herzog, und Euer Herzogtum
Aldeni erwacht gerade aus seinem Todesschlaf.«
Roland nickte, doch nur matt, so als beträfe ihn das
nicht mehr. Seine Gedanken waren allein bei Jorge. Nicht
mehr lange, dann würde er seinen alten Freund wiedersehen.
Aschure erhob sich, beugte sich über den Mann und
küßte ihn auf den Mund. »Wir werden Euch sehr vermissen, Herzog. Euren Humor ebenso wie Eure Weisheit.«
Sie hob Caelum zu ihm, damit er sich von seinem großväterlichen Freund verabschieden konnte.
Die Tür öffnete sich, und Belial trat ein. Er tauschte
einen raschen Blick mit dem General aus und setzte sich
dann auf die andere Seite des Bettes.
Roland sah den Leutnant an. »Die Zauberin behauptet
gerade, ich sei weise. Aber sicher habe ich zu lange gezögert, als ich

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