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Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06

Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06

Titel: Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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den Berg verläßt. Niemand kann ihn
verteidigen.«
Rabenhorst führte ihn nun endlich in den Krallenturm.
»Beurlaubt Eure Staffel, damit sie sich erfrischen kann,
und wir beide unterhalten uns.«
»Herr«, drängte der junge Vogelmann, »wir haben die
vergangene Nacht bei den Awaren verbracht und fühlen
uns durchaus noch bei Kräften. Meine Flieger können
dabei Hilfe leisten, die Ikarier von hier fortzuführen. Bei
den Sternen, Fürst!« platzte es dann aus ihm heraus.
»Warum halten sich noch alle im Krallenturm auf?«
»Ihr nehmt Euch Rechte heraus, die Euch nicht zustehen«, entgegnete Rabenhorst ungnädig, richtete sich zur
vollen Größe auf und beäugte den Geschwaderführer
unter den buschigen Augenbrauen.
Aber Dornfeder ließ sich davon nicht einschüchtern.
»Herr, ich nehme mir überhaupt nichts heraus, sondern
frage nur, warum Ihr die Maßnahmen zur Rettung unseres Volkes so nachlässig angeht.«
Alle, die in Hörweite standen, fuhren zusammen, und
Rabenhorst holte tief Luft. »Geschwaderführer, ich werde Euch in Eure Unterkunft bringen. Jetzt. Und was Eure
Staffel angeht, so soll sie Eure, vielmehr meine, Befehle
im Vorzimmer erwarten.«
Dornfeder hörte sehr wohl den warnenden Unterton
heraus, doch die Wichtigkeit seiner Aufgabe verlieh ihm
den Mut, dem Fürsten auch jetzt noch zu widersprechen:
»Herr, ich bin auf Befehl des Sternenmanns und der Zauberin hier erschienen. Die beiden befürchten aus gutem
Grund, daß dem Krallenturm große Gefahr droht. Sie
haben mir aufgetragen, den Auszug der Ikarier nach
Kräften zu beschleunigen.«
Wenn Rabenhorst sich bislang falsche Vorstellungen
über seinen Platz in der neuen Ordnung gemacht haben
sollte, so wurde er durch diese Worte eines Besseren belehrt. »Verstehe, Geschwaderführer«, entgegnete er leise.
»Ich würde es trotzdem vorziehen, wenn wir unsere Unterhaltung in meinem Gemach fortsetzten.«
Dornfeder nickte. »Wie Ihr wünscht, Krallenfürst.
Aber mich erwartet hier allem Anschein nach sehr viel
Arbeit, und da bleibt mir wenig Zeit für einen längeren
Gedankenaustausch.«
Der Ältere starrte ihn einen Moment lang an, kehrte
ihm dann den Rücken zu, marschierte zum nächsten
Schacht und ließ sich dort hinab. Vor Empörung bewegten sich seine Flügel starr und ruckhaft.
    »Herr«, erklärte Dornfeder ihm später versöhnlicher, »es
lag bestimmt nicht in meiner Absicht, Euch zu beleidigen. Aber die Zeit rinnt uns durch die Finger.«
    »Junger Mann«, seufzte der Fürst, »ich bin mir der
Gefahr, die uns droht, durchaus bewußt. Doch leider
stößt unser Auszug auf eine Reihe von Schwierigkeiten.«
    Dornfeder lief ungeduldig auf und ab, aber davon ließ
sich Rabenhorst nicht irre machen. »Ich mußte erst den
Rat der Ältesten einberufen und dann auch noch eine
große Versammlung abhalten.«
    Bei den Himmeln! dachte der junge Ikarier, muß denn
wirklich für alles erst eine Versammlung aller Vogelmenschen stattfinden? Hätte die Dringlichkeit nicht geboten, daß Ihr einfach den Befehl zum Abmarsch erteilt?
»Die Versammlung führte zu keiner eindeutigen Beschlußfassung. Viele Ikarier wollten nicht von hier fort …«
    »Dann ist ihnen der Tod gewiß!« unterbrach ihn Dornfeder und hoffte, den Fürsten durch solche Worte endlich
zur Tat zu bewegen.
    »Ich kann ihnen diese Haltung nicht verübeln!« erwiderte Rabenhorst mit blitzenden violetten Augen. »Seit
über tausend Jahren leben wir hier in Sicherheit und Geborgenheit, und wir wissen nicht, was uns im Süden erwartet.«
    »Das Leben erwartet Euch im Süden!« rief der junge
Mann. »Verdammt noch mal! Wofür hat die Luftarmada
denn gekämpft, wofür ist sie gestorben, wenn nicht für
das Ziel, den Ikariern ihre alte Heimat im Süden zurückzugewinnen! Die alten Städte erwachen wieder zum Leben, die geheiligten Stätten stehen uns wieder offen, und
der Wald breitet sich wieder aus. Das, werter Fürst, erwartet die Ikarier im Süden!«
    Er atmete tief ein, um sich zu beruhigen. Vor Erregung
sah man die Adern an seinem Hals pulsieren. »Wer aber
hierbleibt, den erwartet der Tod. Und er kommt gewiß
über den Krallenturm, sei es in Augenblicken, in Stunden
oder erst in Wochen. Die genaue Angriffszeit vermag
niemand zu nennen, aber das gibt Euch noch lange nicht
das Recht, das Leben unseres Volkes aufs Spiel zu setzen, Fürst!«
    »Er trägt mannigfaltige Verantwortung auf seinen
Schultern«, ertönte eine weibliche Stimme hinter dem
Geschwaderführer, und er

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