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Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06

Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06

Titel: Die Gottin des Sternentanzes - Unter dem Weltenbaum 06 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglass Sara
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bedeuten
können.
    Die Nacht war schon ein gutes Stück fortgeschritten, als
sie ihr Ziel erreichten und die Finsternis wie eine schwere Last auf ihnen lag. Sie blieben am Ufer des Lebenssees stehen, wo das rote Wasser sanft schwappte, und
starrten unruhig auf die Burg von Sigholt.
    »Irgend etwas stimmt nicht«, bemerkte Ogden und
klammerte sich haltsuchend an die Kutte seines Bruders.
»Ja, das ist wahr«, bestätigte der Hagere.
Selbst Zecherach widerstand dem sanften Locken des
Wassers und beäugte ebenfalls mißtrauisch die Burg.
»Ein sonderbares Gefühl schwebt von dort heran …«
begann sie und runzelte angestrengt die Stirn. » … als
würden dort finstere Ränke geschmiedet.«
»Finstere Ränke?« fragte der Schweinehirt, weil er
sich nicht sicher war, ob er richtig verstanden hatte.
Seine Gemahlin rang um Worte. Wie sollte sie das den
anderen verständlich machen, was sie selbst nur vage
empfand? »Als die Herzöge von Ichtar auf der Burg Sigholt saßen, ging von dem Gemäuer auch schon eine Aura
der Ungerechtigkeit aus, aber die hatte nichts … nichts
Leises, nichts Verborgenes an sich, sondern war eindeutig und klar erkennbar … Was heute von der Burg ausgeht … stellt sich ganz anders dar … viel flüchtiger …
unterschwelliger …« Die Wächterin fuhr sich fahrig über
die Lippen. »Irgendwie hinterhältig … im Dunklen bohrend …«
»Kommt das von der Burg, schöne Frau, oder von einem ihrer Bewohner?«
Zecherach fuhr erschrocken herum. Nur ein paar
Schritte hinter ihr stand der Prophet in all seiner silbernen Pracht. Aber er lächelte nicht gütig wie sonst, sondern betrachtete sorgenvoll Sigholt. Verängstigt starrte
die Wächterin ebenfalls wieder dorthin.
»Nein, das entspringt nicht der alten Festung«, antwortete sie, »nein, überhaupt nicht. Die Burg selbst strahlt
wie eh und je Gesundheit und Glück aus. Sie weiß nicht
einmal von der Falschheit in ihr … nimmt sie gar nicht
wahr.«
Der Prophet seufzte und legte seiner getreuen Wächterin eine Hand auf die Schulter. »Also ist einer ihrer Bewohner dafür verantwortlich.«
Zecherach nickte. »Ja.«
Wer mag das sein? fragte sich der Prophet. Er begriff
diese merkwürdige Aura nicht, und das besorgte ihn sehr,
denn wie sollte er dann etwas gegen sie unternehmen?
Vielleicht wenn er sich in die Burg begab und dort alle
Sinne öffnete … Aber er durfte nicht das Wagnis eingehen, von der Brücke lauthals und freudig mit Namen begrüßt zu werden. Die Zeit war noch nicht gekommen, zu
der er seine Tarnung aufgeben durfte.
Caelum!
Der Erbe des Sternenmanns hielt sich in der Festung
auf, erkannte er jetzt, und das erschreckte ihn im ersten
Moment, stand doch zu befürchten, daß der Kleine ihn
ebenfalls wiedererkennen würde. Aber wenn die unbekannte Gefahr sich nun gegen seinen Enkel richtete? Seid
auf der Hut, Caelum.
»Wir sollten uns jetzt nicht damit belasten«, verkündete der Prophet, dessen Hand immer noch auf Zecherachs
Schulter ruhte. »Schließlich sind wir heute nacht hier
zusammengekommen, um Zeuge der letzten Umwandlung zu sein. Morgen werdet Ihr alle wiedervereint sein.«
»Wiedervereint in Krankheit und Verfall«, bemerkte
die Katzenfrau.
»Reut es Euch bereits, Euch freiwillig gemeldet zu haben?« fragte sie der Prophet streng.
»Ich habe mich aus freien Stücken dafür entschieden«,
entgegnete sie und hielt dem Blick des Propheten stand.
Er senkte als erster die Lider. Er hatte nie für möglich
gehalten, daß ihm die Pein seiner Wächter so nahe gehen
könnte. Vor dreitausend Jahren war ihnen das alles wie
ein großes Abenteuer vorgekommen – selbst ihm. Aber
heute …
»Ich leide mit Euch, Yr.« Er hob den Kopf wieder und
sah, wie sie ihn gleichmütig anschaute.
Aber Ihr werdet dadurch weiterleben! flüsterte die
Katzenfrau in seinen Gedanken, und er zuckte zusammen. Doch rasch gewann der Prophet seine Fassung zurück. Er beugte sich über die letzte gesunde Wächterin
und küßte sie auf den Mund.
»Zecherach, Ihr werdet auf ewig für das Opfer verehrt
werden, das Ihr jetzt zu bringen im Begriff steht. Und ein
fester Platz in meinem Herzen soll Euch ebenfalls gewiß
sein. Ich hätte mir keine treuere Wächterin als Euch wünschen können.«
Starke Worte, Prophet.
    Die Wächterin nickte, und ihre Augen füllten sich mit
Tränen: »Wie Yr, Ogden, Veremund und mein geliebter
Jack scheide auch ich mit dem Herzen voller Bedauern.
Doch am meisten hadere ich damit …« Sie mußte erst

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